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3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)

3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)

Titel: 3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kamps
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gut miteinander auskommen, wie wir zuerst gedacht hatten. Irgendwie sind wir wie Hund und Katze und geraten immer wieder aneinander. Auch unter Pilgern ist nicht immer alles harmonisch.
     
     
     
    Fazit des Tages: Natalie ist ein Sonnenmilch-Junkie!
     
     
     

Mittwoch, 23. Juli, 72. Tag:
     
     
     
Sauvelade - Aroue (Maison Bellevue), 32 km
     
     
     
    An unserem drittletzten Tag in Frankreich kommen wir durch die hübsche Stadt Navarrenx, die eine sehenswerte Festungsanlage hat und an dem Fluß Gave d’Oloron liegt, der uns nach Überquerung der Brücke wieder eine willkommene Abkühlung bietet. Es geht einige Kilometer durch Wälder, immer wieder unterbrochen von Lichtungen mit herrlichem Blick auf die immer näher rückenden Pyrenäen.
     
    Am Rande einer Lichtung sehe ich einen in einer Baumkrone versteckten, ungewöhnlich hohen Hochsitz, der mich neugierig macht. Obwohl er ca. 20 - 30 Meter hoch gelegen ist, muss ich ihn mir aus der Nähe ansehen und steige die Leiter hoch, die einen stabilen Eindruck macht, der sich zum Glück bestätigt. Die kleine Hütte auf dem Hochsitz ist groß genug für drei bis vier Personen und hätten wir nicht gerade erst ein paar Kilometer zurückgelegt, wäre das wohl ein günstiges Zimmer in luftiger Höhe mit toller Aussicht auf die Pyrenäen gewesen.
     
    Wir durchqueren ein Flusstal und den Fluss Le Saison und erreichen das Baskenland. Ab hier gibt es wieder eine ganz besondere Sprache, Architektur und Küche. Übrigens ist die baskische Sprache neben dem Finno-Ugrischen die einzige lebendige, nicht indogermanische Sprache Europas. Es ist wieder unerbittlich heiß und den größten Teil der Strecke laufen Jean Marie und ich alleine.
     
    Wir erreichen das traumhaft schön gelegene Maison Bellevue, das aber leider schon bis auf das letzte Bett belegt ist. Man sagt uns, dass auch alle Herbergen in Aroue und Umgebung schon belegt seien. Obwohl er eigentlich kein Bett mehr frei hat, erklärt sich der nette Hausherr kurzerhand bereit, für uns und drei andere Pilger sein Wohnzimmer zu einem Matratzenlager umzufunktionieren und wir können doch in der Herberge bleiben.
     
    Franziska und Natalie schaffen es übrigens nicht bis hierher und übernachten in einer anderen Herberge.
     
    Zur Gite gehört ein toller Swimmingpool, von dem man sogar, wenn denn die Sicht gut wäre, einen tollen Blick auf die Pyrenäen hätte. Zu unserer großen Freude treffen Jean Marie und ich eine alte Bekannte wieder, die wir schon seit einigen Tagen nicht mehr gesehen haben: Zoe!
     
    Es wird ein schöner l auwarmer Sommerabend und es gibt Diskussionen mit dem Gastgeber über die ETA, die ja bekanntlich mit ihrem Terror versucht, die Unabhängigkeit des Baskenlandes zu erzwingen.
     
     
     
    Frage des Tages: Ist Terror wirklich die Macht der Ohnmacht?
     
     
     

Donnerstag, 24. Juli, 73. Tag:
     
     
     
Maison Bellevue - Uhart Mixe, 20 km
     
     
     
    Auch in dieser schönen Herberge könnte man es noch einen Tag aushalten, aber wir können es langsam nicht mehr abwarten, endlich in St. Jean Pied de Port anzukommen. Nach einem guten Frühstück bei unseren tollen Gastgebern warten wir noch auf Franziska und Natalie, bevor wir zu unserer vorletzten Etappe in Frankreich aufbrechen.
     
    A uf einer Anhöhe erreichen wir den Stein von Gibraltar, an dem sich die drei Jakobswege aus Paris, Vezelay und eben Le Puy vereinen. Über eine weitere Anhöhe erreichen wir unser heutiges Etappenziel Uhart Mixe, wo wir in einer lustig bemalten Mischung aus Imbiss-, Bau- und Wohnwagen, in dem genau vier Feldbetten stehen, übernachten können.
     
    Nachdem wir uns eingerichtet und geduscht haben, waschen Jean Marie und ich, wie fast jeden Abend, wenn es keine Waschmaschine gibt, unsere Wäsche per Hand. Es gibt zwei Waschbecken, also waschen wir gleichzeitig, und als ich zu Jean Marie hinüberschaue, fällt mir ein T-Shirt auf, das ich in all den Tagen, die wir jetzt schon zusammen unterwegs sind, noch nicht einmal gesehen habe. Jedenfalls kommt es mir so vor. Ich frage ihn ungläubig und mit einem leicht spöttischen Unterton: “Sag mal, Jean Marie, wie viele T-Shirts hast du eigentlich dabei?” Darauf er: “Fünf!”
     
    Ein wenig aus Belustigung, aber auch weil es meiner Meinung nach wirklich zu viel ist, immerhin wiegt jedes T-Shirt knappe 200 Gramm und ich komme seit zweieinhalb Monaten mit zwei T-Shirts aus, kann ich mir die nächste noch spöttischere Frage nicht verkneifen: “Bist Du irre?” Jean

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