365 Geile Nacht Geschichten 1 Juni
anderen Ufer waren.
Er fühlte sich ein bisschen unwohl, auch wenn er eigentlich keine Vorurteile hatte. Schwulen Männern beim Kuscheln zuzusehen war halt irgendwie ungewohnt. Aber die Zärtlichkeit, mit der sie ihren Partner ansahen, machte ihn neidisch. So was hätte er auch gern, nur eben mit einer Frau. Von seiner eigenen Angetrauten war er nie so angesehen worden.
Ihre Verbindung war ja auch weniger aus Liebe entstanden. Das war eher ein gelungener Geschäftsabschluss zwischen ihren Vätern gewesen. Dass er vor einem Jahr seinem Vater im Unternehmen den Job vor die Füße geworfen und sich selbständig gemacht hatte, war auch ein Grund für das Zerwürfnis mit seiner Gattin gewesen.
„Und? Hast du dich entschieden?“, fragte der Barkeeper.
„Ja, ich hätte gerne den `Beloved green sea´“, sagte er. Der Barkeeper strahlte ihn an, als hätte er etwas Wichtiges gesagt, dabei war das doch nur eine Getränkebestellung. Seltsam.
„Den Drink hat er für seinen Lebensgefährten kreiert, weil dieser so schöne, grüne Augen hat“, klärte ihn der Mann neben sich auf und lachte. „Man hat dir die Verwirrung eben angesehen. Da dachte ich, du solltest wissen, warum Helge so gestrahlt hat. Das tut er immer, wenn jemand diesen Cocktail bestellt.“
Wow, wie romantisch. Er hatte gar nicht gewusst, dass Homosexuelle so gefühlvoll sein konnten.
„Dann muss er wohl ziemlich verliebt sein, oder?“, fragte er lächelnd.
„Ja, schon seit einem Jahr. Ich bin Marvin und du?“, stellte der Mann sich vor.
„Ich heiße Sebastian. Das ist ein schöner Club hier, gefällt mir gut.“
„Ja, das ist er. Du warst noch nie hier?“
„Nein. Ich … war nicht oft aus in den letzten Jahren“, antwortete er.
„Dann solltest du öfter herkommen. Nur daheim hocken tut nicht gut, da setzt man Spinnweben an“, lachte Marvin.
Ach ja, wem sagst du das. Wenn er den Job nicht hätte, wäre er vielleicht schon völlig vereinsamt und keiner hätte es gemerkt. Scheiße, klang das armselig, aber er hatte keine Eltern mehr und war ein Einzelkind gewesen. Seine Freunde hatten sich in alle Winde zerstreut, teilweise auf andere Kontinente.
„Hey Cedric, was ziehst du denn für ein Gesicht?“, sprach Marvin einen Mann an, der gerade ziemlich bedrückt auf sie zukam.
„Ach Marvin, alles Mist, echt. Marko ist heute schon wieder alleine abgehauen. Das kommt in letzter Zeit ganz schön oft vor. Und er weicht mir ständig aus, obwohl wir zusammenwohnen. Da sollte man doch meinen, dass man irgendwann miteinander spricht“, sagte Cedric ärgerlich und schob sich mit einer Hand die hellbraunen Haare aus dem Gesicht. Schöne, graugrünblaue Augen kamen zum Vorschein. In diesem Licht war die Farbe nicht definierbar, aber schön waren sie, darauf konnte sich Sebastian festlegen.
„Dann bleibst du eben hier. Der hat dich sowieso nicht verdient, wenn du mich fragst. Das hier ist übrigens Sebastian. Dem war daheim auch langweilig“, erwiderte Marvin.
„Hi, ich bin Cedric. Ist dir auch jemand abgehauen?“
„Ja, so könnte man das auch ausdrücken. Ich hatte heute meine Scheidungsunterlagen in der Post“, gab er zu.
„Oh Mann, das tut mir leid“, entgegnete Cedric und sah ihn bedauernd an. Er hatte wirklich schöne Augen.
„Ach, muss es nicht. Das Ganze war von Anfang an ein Fiasko, eher so eine Art Kooperationsvertrag zwischen unseren Vätern. Meine Frau, äh, Ex-Frau, ist eher der kalte Typ. Ich hätte sie gar nicht erst heiraten dürfen.“
„Das kenne ich. Mein Freund wirft mir auch ständig vor, ich sei zu anhänglich. Aber nur Sex ist mir eben einfach zu wenig“, sagte der andere etwas verlegen. Wie gut er ihn doch verstand.
Die Unterhaltung mit Cedric begann Sebastian zu gefallen. Nach einer Stunde hatten sie herausgefunden, dass sie nicht nur das Interesse an Reiseberichten teilten, sondern auch den gleichen Musikgeschmack hatten. Dass er, wie er selbst auch, in der Computerbranche arbeitete. Nach zwei Stunden wusste er, dass es Cedric in seiner Beziehung ähnlich ging wie ihm und es für ihn auch nicht die große Liebe war. Und dass sie in vielen Dingen der gleichen Meinung waren. Nach drei Stunden hatte er völlig vergessen, dass er sich hier sehr angeregt mit einem Schwulen unterhielt und viel Spaß dabei hatte.
Auch Cedric lachte immer wieder herzhaft und schien ihn zu mögen. Jedenfalls leuchteten seine Augen, wenn er ihn ansah, und sein Lächeln war ungeheuer anziehend für einen Mann.
Nach vier Stunden
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