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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schlimmsten Fall galt es eine kleine Geduldsprobe, welche höchstens die Folge haben konnte, daß ich von dem Herkules ausgelacht wurde.
    Ich legte mich so, daß ich den Kopf unten in das Zelt schieben konnte, und langte mit dem Arm in das Innere desselben. Ich fühlte ein dünnes, aber weiches Lager, welches aus Decken hergerichtet worden war. Sehen konnte ich nichts.
    Nach kurzer Zeit hörte ich, daß der Kapitän dem Mormonen „gute Nacht“ wünschte und nach der Kajüte ging. Der letztere spazierte noch eine Viertelstunde auf und ab und kam dann in das Zelt, um sich niederzulegen. Die eine Voraussetzung, nämlich die, daß das Zelt für ihn bestimmt sei, war also eingetroffen; es galt nun, abzuwarten, ob die andere, daß der Wärter kommen werde, sich ebenso bewahrheitete.
    Es verging eine Stunde und noch eine; es wurde Mitternacht. Das Geplauder der Matrosen hatte längst aufgehört. Es war so still geworden, daß ich den Sog des Schiffes hörte. Einmal erklang die Stimme des Sprietmannes, welcher dem Steuerer eine Meldung zurief. Ich begann Langeweile zu fühlen. Da hörte ich eine Bewegung im Innern des Zeltes, nicht als ob der Schläfer sich umwendete, sondern als ob er sich aufrichtete. Ich schob den Kopf vor, um besser hören zu können. Da vernahm ich das Anstreichen eines Zündholzes, und dann leuchtete das Flämmchen desselben auf. Beim Schein des Hölzchens sah ich, daß der Mormone aufrecht saß und sich eine Zigarre anzündete. Er wartete also und hatte jedenfalls bisher noch nicht geschlafen. Hätte er mir nicht den Rücken zugekehrt, so wäre mein Kopf jedenfalls von ihm gesehen worden.
    Wieder verging eine Weile, bis ich ihn leise fragen hörte:
    „Weller, bist du's?“
    „Ja, Master“, lautete vorn die ebenso leise Antwort in englischer Sprache.
    „Dann rasch herein, damit du nicht gesehen wirst! Ich rücke zu.“
    Der Wärter hieß also Weller. Er folgte der Aufforderung Meltons, indem er sagte:
    „Habt keine Sorge, Master! Es gibt außer dem Steuermann und dem Sprietwächter keinen wachen Menschen auf dem Deck, und diese beiden sind so plaziert, daß sie uns weder sehen noch hören können.“
    Es entstand eine kurze Pause, während welcher der eine Platz machte und der andere sich niedersetzte. Dann meinte der Mormone:
    „Du kannst dir denken, daß ich unendlich neugierig bin. Ich betrat das Schiff mit der größten Spannung, ob du dich an Bord befinden würdest.“
    „Was das betrifft, Master, so ist es mir gar nicht schwer geworden, den Platz als Steward zu bekommen.“
    „Der Kapitän kennt dich doch nicht etwa?“
    „Er hat nicht die Idee einer Spur von mir.“
    „Und auch nicht erfahren, daß du mich kennst?“
    „Werde mich hüten, so etwas auszuplaudern! Leider konnte ich die Heuer nicht für die Herfahrt bekommen; ich habe sie auch für die Rückfahrt nehmen müssen und bin also eigentlich gezwungen, von Lobos wieder mit nach Frisco zu segeln.“
    „Das tut nichts, da es dir nicht schwerfallen wird, in Lobos auszukneifen.“
    „Denke es auch und habe mich darum sowenig mit Sachen und Effekten geschleppt, daß ich augenblicklich an Land gehen könnte, ohne etwas an Bord zurückzulassen.“
    „Recht so, obgleich das nur Nebensache ist. Wie aber steht es mit der Hauptsache? Wann ist dein Alter fort?“
    „Drei Wochen vor mir, und er befindet sich unbedingt am Ziel. Er ist so oft dort gewesen und kennt alle Verhältnisse und Schliche so genau, daß es gar nicht fehlen kann.“
    „Aber werden die Yuma ihm zu Willen sein?“
    „Bin vollständig überzeugt davon. Wenn es sich um eine solche Beute handelt, ist jeder Rote schnell dabei.“
    „Das beruhigt mich. Nur fragt es sich, ob sie auch rasch genug bei der Hand sein werden.“
    „Es ist gewiß, Master, daß sie schon unterwegs sind. Aber hat es denn solche Eile, Master Melton? Es jagt uns kein Mensch. Wir können die Sache in aller Behaglichkeit abmachen.“
    „Das dachte ich auch, bin aber anderer Ansicht geworden.“
    „Warum? Hat sich etwas ereignet?“
    „Ja. Ich habe eine Begegnung gehabt.“
    „Das heißt, Ihr habt jemand getroffen. Das kann doch nicht von so großem Einfluß auf unser Vorhaben sein!“
    „Vom allergrößter sogar.“
    „Dann müßte der Mann, den Ihr meint, von ganz verwunderlicher Wichtigkeit für uns sein.“
    „Ist er auch! Es war eine wirkliche Überraschung für mich, ihn hier unten zu sehen, und wenn du seinen Namen hörst, wirst du gerade ebenso erstaunt sein, wie ich es war, als

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