37 - Satan und Ischariot I
Meine Force liegt in meinen Fäusten, und die will ich Ihnen gern und gut zur Verfügung stellen.“
„Gut; ich werde sie gebrauchen können. Denken will ich für Sie; aber wenn es dann zum Handeln kommt, so rechne ich auf Sie!“
„Zählen Sie bestimmt auf mich! Was soll ich jetzt tun?“
„Zunächst gar nichts.“
„Nichts? Aber den Kameraden soll ich sagen, was sie zu erwarten haben?“
„Nein. Was ich Ihnen mitgeteilt habe, muß Geheimnis bleiben. Würde es verraten, so gäbe der Mormone seinem Plan eine solche Änderung, daß alle Vorteile, welche ich bisher errungen habe, verlorengingen. Jetzt glaubt er mich fort und fühlt sich sicher. Aber eines können Sie tun, nämlich auf alles achten, was hier geschieht, selbst auf das Geringste. Alles, was Ihnen mit unserer Angelegenheit zusammenzuhängen scheint, teilen Sie mir mit.“
„Wann denn und wo? Sie wollen sich doch nicht sehen lassen!“
„Kommen Sie des Abends, so bis gegen Mitternacht, täglich einige Male hier an den Bach; ich werde hier sein, wenn ich mit Ihnen reden will.“
„Wenn Sie aber erst nach Mitternacht kommen können? Wir schlafen dort in den Gesindehäusern, so eine Art Massenquartier; da können Sie nicht hinein, ohne daß sie diesem oder jenem die Füße abtreten und dann erwischt werden. Ich werde also einen Grund, im Freien zu schlafen, zu entdecken suchen; die Stelle weiß ich freilich noch nicht, aber ich will dafür sorgen, daß Sie mich leicht finden werden.“
„Schön! Also schweigen Sie jetzt noch! Wenn die Zeit da ist, sollen Ihre Landsleute benachrichtigt werden, aber eher nicht. Wir müssen vorsichtig sein.“
„So seien auch Sie vorsichtig, und stehlen Sie nicht wieder Pferde! Man könnte sonst auf den Gedanken kommen, daß Sie sich noch in der Gegend herumtreiben. Ich finde überhaupt jede Mauserei, also auch den Pferdediebstahl, im höchsten Grad unmoralisch.“
Er lachte dabei leise vor sich hin. Ich antwortete ebenso launig:
„Dann tut es mir leid, Ihnen sagen zu müssen, daß Ihre Immoralität nicht geringer als die meinige ist. Sie stehlen auch.“
„Nie!“
„So will ich sagen: Sie werden Fleisch stehlen und heute abend noch.“
„Ah, ich verstehe! Für wen?“
„Für mich und meinen Indianerknaben. Sie sehen ein, daß ich meine Zeit nicht auf die Jagd verwenden kann und mich durch Schüsse leicht verraten würde. Essen muß ich aber, das liegt nicht nur in meinen, sondern noch vielmehr auch in Ihrem Interesse. Hier ist heute geschlachtet worden; ich sehe das Fleisch an den Schnüren hängen. Wenn Sie –“
„Ein verständiger Kerl sind, so stehlen Sie für mich“, fiel er mir in die Rede. „Nicht wahr, so wollten Sie doch sagen?“
„Allerdings. Ich muß die Indianer beobachten und mich stets in ihrer Nähe aufhalten. Proviant ist mir also sehr nötig. Sehen Sie, ob Sie unbemerkt zu soviel Fleisch kommen können, wie zwei Mann, die mäßig sind, für einige Tage brauchen!“
Er stand auf und ging langsam und in der Haltung eines Spaziergängers fort, um die dunkelste Stelle des Hofes aufzusuchen, wo Fleisch hing. Obgleich ich ihn beobachtete, sah ich doch nicht, was er tat, doch als er zurückkam, ließ er einige große Muskelstücke vor mir aufs Ufer fallen und entfernte sich, ohne ein Wort zu sagen, wieder, um sich nach der hintersten Ecke zu begeben. Bald darauf sah ich ihn wieder erscheinen; diesmal brachte er aber einige Stück Schokolade mit.
Da wir nichts Wesentliches mehr zu besprechen hatten, verabschiedete ich mich und kroch hinaus ins Freie. Ich hatte nun in Summa gegen zwanzig Pfund Proviant zu tragen; das reichte gewiß für vier Tage aus, und wir konnten also so lange Zeit ununterbrochen auf der Lauer liegen. Es lag mir sehr daran, noch vor Anbruch des Morgens wieder in der Nähe des Indianerlagers zu sein. Darum verweilten wir uns nicht beim See und brachen jetzt auf, um auf unserem herwärts eingeschlagenen Weg in das oft erwähnte Nebental zurückzukehren.
Als wir dort anlangten, graute der Morgen. Wir suchten zunächst ein besseres Versteck für unsere Pferde; es mußte größer sein als das gestrige, damit den Tieren reichlich Nahrung geboten war. Wir fanden eine Stelle im Wald, welche gar nicht besser geeignet sein konnte, und banden da die Pferde fest. Der Mimbrenjo blieb bei ihnen; er sollte schlafen, während ich mich nach unserem gestrigen Beobachtungsposten begab, auf welchem ich bis nach Mittag blieb, ohne etwas Besonderes gesehen zu haben, als daß
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