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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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in den Paß eindrangen? In diesem Fall waren die dazwischen sich befindenden Ayar verloren, da sie doch nicht, um sich zu retten, die steilen Felswände hinauflaufen konnten. Ich sollte aber gleich hören, warum sie sich hier so sicher fühlten.
    Es läßt sich leicht denken, welche Blicke uns von allen Seiten zugeworfen wurden, und noch schlimmer waren die Schimpf- und Hohnrufe, welche wir zu hören bekamen. Es war am besten, gar nicht darauf zu achten.
    Hart an der linken Wand der Schlucht stand ein ungewöhnlich großes Zelt, welches mit einem Halbmond und anderen Zieraten geschmückt war, jedenfalls das Zelt des Scheiks. Nach diesem wurden wir von sechs Reitern, während die anderen zurückblieben, gebracht. Die sechs stiegen, dort angekommen, von den Pferden, banden uns los und forderten uns auf, auch abzusteigen. Vor dem Zelt saß auf einem Teppich ein alter Mann mit langem, grauem Bart, der ihm ein sehr ehrwürdiges Aussehen verlieh. Indem er uns beobachtete, tat ich dasselbe mit ihm. Sein Auge blickte scharf aber offen, und sein Gesicht war dasjenige eines Mannes, dem man Vertrauen schenken, ja den man vielleicht auch lieben kann. Daß er in hohem Ansehen bei den Seinen stand, bewies die respektvolle Scheu seiner Krieger, welche in ehrfurchtsvoller Entfernung standen, um uns zu betrachten. Er hatte eine lange Pfeife in der Hand, aus welcher er rauchte.
    Der Kerl mit dem Affengesicht übergab ihm meine Waffen, auch diejenigen von Emery und Krüger-Bei, welche andere getragen hatten, und schien ihm dann Bericht zu erstatten, denn sie sprachen längere Zeit halblaut miteinander. Während dieser Pause standen wir wartend da. Als dieselbe zu Ende war, entfernte sich der Berichterstatter mit den fünf anderen Beduinen; sie nahmen die Pferde mit. Nun wollte Krüger-Bei nicht länger stehen und trat auf den Scheik zu, indem er sagte:
    „Wir beide kennen uns. Du bist Mubir Ben Safa, der oberste Scheik der Uled Ayar. Ich grüße dich!“
    Der Scheik antwortete:
    „Ja, ich kenne dich, aber ich grüße dich nicht. Wer sind die beiden anderen?“
    „Das ist Kara Ben Nemsi aus dem Belad el Alman, und dieser ist der Behluwan-Bei aus dem Belad el Inkelis.“
    „Du hast noch so einen Fremden bei dir gehabt aus dem Belad el Amierika?“
    „Ja. Woher weißt du das?“ fragte der Oberst erstaunt.
    „Ich weiß alles, aber woher, das geht dich nichts an. Wo ist dieser Amierikani?“
    „Bei meinen Leuten.“
    „Das ist schade! Es ist jemand hier, der ihn sehr gerne sehen wollte.“
    Damit war natürlich Melton gemeint, welcher sich, wie ich vermutete, hinten bei den gefangenen Soldaten befand. Aber die Vermutung war falsch, denn soeben kam mit schnellen Schritten ein langer, hagerer Beduine daher, dem der Scheik entgegenrief:
    „Ist er begraben?“
    „Noch nicht ganz“, antwortete der andere. „Das Loch ist noch zuzuschütten; ich bin so früh davongelaufen, weil ich hörte, daß der Streich, den ich dir vorgeschlagen habe, geglückt ist. Wo ist der Fremde aus dem Lande Amierika?“
    „Er ist nicht mit dabei.“
    Jetzt trat der Mann heran. Kaum erblickte ihn Krüger-Bei, so rief er in höchster Überraschung aus:
    „Kalaf Ben Urik, mein Kolarasi! Du bist gefangen?“
    „Nicht gefangen, sondern frei!“ meinte der andere stolz.
    „Frei? Dann werde auch ich sofort frei sein, denn ich vermute, daß –“
    „Schweig!“ fiel ihm der Verräter in die Rede. „Erwarte keine Hilfe von mir! Mit dir habe ich nichts mehr zu schaffen, denn –“
    Er hielt mitten in der Rede inne und fuhr einige Schritte zurück. Sein Auge war auf mein Gesicht gefallen. Er erkannte mich, so wie ich ihn erkannt hatte, aber er traute seinen Augen nicht, sondern fragte den Scheik fast atemlos:
    „Hat dieser Gefangene dir seinen Namen gesagt?“
    „Ja. Er heißt Ben Nemsi aus dem Belad el Alman.“
    Da platzte er in englischer Sprache los:
    „All devils! So habe ich doch richtig gesehen, obgleich es geradezu unglaublich ist! Old Shatterhand! Ihr seid Old Shatterhand?“
    Ich lächelte ihm ruhig entgegen und antwortete zunächst nicht. Er fuhr fort:
    „Old Shatterhand! Ist so etwas zu glauben? Und doch! Man sprach ja schon damals davon, daß Shatterhand auch in der Sahara gewesen sei. Mann, wenn ich euch nicht für einen Feigling halten soll, so redet! Seid Ihr der Mann, dessen dreimal verfluchten Namen ich soeben genannt habe?“
    Er legte mir dabei die Hand auf die Achsel. Ich schüttelte sie ab und antwortete:
    „Thomas Melton, mäßigt

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