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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Winnetou hatte zwei Schnüre aufgelöst und die Leinwand soweit emporgehoben, daß er hatte ins Zelt kriechen können. Ich kam auf dieselbe Weise hinaus und band die Schnüre wieder fest. Ich war frei, ohne daß mein Wächter eine Ahnung davon hatte.
    Nun, eigentlich frei war ich allerdings noch nicht, denn ich hatte erst noch einen großen Teil des Lagers zu durchschleichen; aber ich wußte doch, daß es niemanden gelingen würde, mich zu fangen.
    Der junge Mond stand am Himmel, obgleich ich ihn hier in der tiefen Schlucht nicht sehen konnte. Es war ziemlich hell, doch sah ich keinen Menschen, der noch wach und munter war. Die Schläfer lagen in Gruppen, welche leicht zu vermeiden waren, beisammen. Ich kroch schlangengleich auf der Erde hin und hatte schon nach einer Viertelstunde die letzten Uled Ayar hinter mir. Da stand ich auf und lief.
    Die Beduinen fühlten sich wirklich vollständig sicher. Sie hatten nicht einmal am Ausgang des Passes einen Wachtposten aufgestellt. Nun tausend Schritte nordwärts. Schon nach achthundert Schritten sah ich das Pferd, denn hier im Freien war es bedeutend heller, als drin in dem tiefen Engpaß. Ich stieg auf und ritt davon, indem ich mich erst jetzt vollständig sicher fühlen konnte, da ich ein Pferd und Winnetous vortreffliche Waffen hatte.
    Nun ging es im Galopp immer weiter nach Norden. Der Mond stand im Anfang des ersten Viertels, schien aber so hell, daß ich eine ziemlich weite Aussicht hatte. Nach einer Stunde erreichte ich die ersten Felsblöcke, welche den Beginn des Warr bedeuteten. Es galt, unser Lager zu finden, was hier zwischen den Felsen weit schwerer war, als auf der offenen Steppe. Ich nahm die Silberbüchse des Apachen und gab einen Schuß ab, nach einer kleinen Weile einen zweiten. Als ich nun horchte, hörte ich nach vielleicht einer halben Minute zwei Schüsse als Antwort; sie fielen westlich von mir. Ich schlug diese Richtung ein und traf bald auf mehrere Soldaten. Als man im Lager meine Schüsse gehört hatte, war man der Ansicht gewesen, daß Winnetou zurückkehre. Man hatte auch zweimal geschossen, um ihm die Richtung anzudeuten, und außerdem noch Leute ausgesandt, ihm entgegenzugehen. Sie erstaunten, an seiner Stelle mich zu sehen, doch unterließ ich es, ihnen Auskunft zu geben, denn meine Zeit war kostbarer, als daß ich sie damit hätte vergeuden mögen.
    Im Lager wurde ich jubelnd empfangen. Ich fragte sofort nach dem Führer; er wurde gerufen und zeigte, als er kam, nicht eine Spur von Angst oder auch nur Verlegenheit.
    „Du weißt, wie wir gefangengenommen worden sind?“ fragte ich ihn.
    „Ja, o Herr. Ich war ja dabei.“
    „Was mag wohl der Grund gewesen sein, daß gerade nur du entkamst?“
    „Daß ich auf dem Pferd sitzen geblieben war. Es trug mich schnell davon.“
    „Hm, ja! Was tatest du dann?“
    „Ich meldete eure Gefangennahme.“
    „Und dann?“
    „Suchten wir euch im Warr.“
    „Warum denn da?“
    „Es war anzunehmen, daß die Uled Ayar sich mit euch in demselben verstecken würden.“
    „Und ihrer Spur folgtet ihr nicht?“
    „Das wäre überflüssig gewesen, weil dein Freund, welcher Ben Asra heißt, dies schon tat.“
    „Ah, darum hieltet ihr es für überflüssig! Wenn einer ein gutes Werk tut, dürfen andere dasselbe nicht auch tun, weil es überflüssig ist. Du hast sonderbare Gründe. Aber der eigentliche Grund ist ein anderer. Wo hatten die Uled Ayar wohl gesteckt, als sie uns überfielen?“
    „Hinter den Felsen.“
    „Dort hatten sie auf uns gewartet. Sie mußten also wissen, daß wir kommen würden. Sie erfuhren es von einem, der es gewußt hat, daß du uns an das Wasser führen würdest. Wer hat es noch gewußt?“
    „Niemand!“
    „Ja, niemand außer dir. Folglich bist du es gewesen.“
    „Ich? Allah, Allah! Welch ein Gedanke! Habe ich nicht bewiesen, daß ich treu bin? Bin ich nicht nach Tunis geritten, um Hilfe zu holen?“
    „Du willst sagen, um den Uled Ayar noch mehr Soldaten in die Arme zu treiben! Wer war der Reiter, mit dem du gestern um Mitternacht in der Nähe unsers Lagers gesprochen hast?“
    Diese Frage hatte er nicht erwartet. Er blieb vor Schreck stumm.
    „Antworte!“ befahl ich ihm.
    „Herr, auf – auf eine – auf eine solche Frage – kann ich nicht antworten“, stotterte er.
    „Du kannst antworten! Wer war es?“
    „Ich habe mit niemandem gesprochen. Ich habe das Lager nicht verlassen.“
    „Lüge nicht! Du hast mit dem Kolarasi Kalaf Ben Urik gesprochen und mit ihm

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