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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hierher war beim Schein des Mondes alles recht gut vonstatten gegangen; aber er hatte seinen Lauf schon tief gesenkt und mußte in einer halben Stunde verschwinden. Das schadete jedoch nichts, denn wenn wir nichts sahen, wo wurden auch wir nicht gesehen.
    Ich legte beide Hände hohl an den Mund und ließ dreimal hintereinander den Schrei des Geiers hören. Er drang in die Schlucht hinein, und ich war überzeugt, daß Winnetou ihn vernommen hatte.
    Nun galt es, bis zum Morgen zu warten. Ich hatte einige Posten in die Schlucht vorgeschoben; die anderen lagerten draußen vor derselben. Meiner Weisung gemäß verhielten sie sich vollständig ruhig. Es war nichts als nur zuweilen das Schnauben eines Pferdes zu hören.
    Die Zeit verging; der Mond war längst verschwunden, und die Sterne verloren ihren Glanz. Dann färbte sich der Osten mit einem leisen Schein.
    „Herr, sollen wir beten?“ fragte mich der Kolarasi.
    „Ja, aber natürlich ganz leise.“
    Sie knieten alle nieder und verrichteten die vorgeschriebene Andacht. Darüber wurde der Schein heller und heller, bis er sich gelb färbte. Das konnte man im Innern der Schlucht nicht sehen; dennoch drang jetzt aus derselben der laute, wohltönende Ruf:
    „Hai alas Sallan, hai alai felah; es Sallan cher min en nohm – auf zum Gebete, auf zum Heile; das Gebet ist besser als der Schlaf!“
    Es war so hell geworden, daß wir sehen konnten. Ich huschte rasch in die Schlucht hinein und ging so weit, als ich gehen konnte, ohne befürchten zu müssen, bemerkt zu werden. Schon gestern hatte ich gesehen, daß der Paß keine Krümmung machte, sondern fast schnurgerade verlief; ich konnte sie nahezu völlig überblicken.
    Gar nicht weit von mir befanden sich die Pferde, eine große Menge. Hinter denselben lagen die gefangenen Soldaten; sie waren nicht gefesselt und wurden von ungefähr zwanzig bewaffneten Uled Ayar bewacht. Dann kam ein freier Raum, hinter welchem das eigentliche Lager begann. Alle Menschen, welche ich dort erblickte, knieten betend an der Erde, die Gefangenen mit ihren Wächtern auch. Ich eilte zurück und holte mir dreißig Mann.
    „Seid ganz still“, gebot ich ihnen. „Sagt kein Wort. Je weniger Lärm wir machen, desto größer ist die Überraschung und desto eher werden wir fertig sein. Es sind zwanzig Wächter da. Schießt nicht, sondern haut sie mit den Kolben nieder! Dann geht es schnell wieder zurück.“
    Es ging mit raschen Schritten in die Schlucht hinein. Die Stimme des Vorbeters wechselte mit dem Chor der Nachbetenden ab. Da kamen wir zu den Pferden. Wir rannten um dieselben herum und zwischen ihnen hindurch und warfen uns mit hochgeschwungenen Kolben auf die Wächter. Sie waren vor Schreck ohne Bewegung. Hieb fiel auf Hieb. Zwei oder drei rafften sich doch auf und rannten schreiend davon; die anderen wurden niedergeschlagen.
    „Auf, ihr Männer!“ rief ich den Gefangenen zu. „Ihr seid frei. Eilt zu den Pferden; nehmt deren so viele ihr könnt bei den Zügeln und kommt mit ihnen hinaus, wo eure Befreier warten!“
    Sie folgten diesem Ruf. Sie sprangen auf und zu den Pferden. Jeder warf sich auf den Rücken eines derselben und nahm ein anderes oder gar zwei bei den Zügeln; ein kurzes Drängen durcheinander, und dann trieb alles dem hintern Ausgang zu. Vom Lager her aber erschollen Rufe des Zornes, des Schreckens; es fiel keinem ein, weiter zu beten. Jeder ergriff seine Waffen und kam schreiend nach hinten gerannt. Aber die Befreiten waren mit den so schnell annektierten Pferden schon hinaus ins Freie; sie hatten keine Waffen und mußten also zunächst zurück. Mit den anderen ging ich vor. Wir füllten in vielen Gliedern hintereinander die ganze Breite des Passes und gaben eine blinde Salve. Da wichen die Heranstürmenden zurück, oder sie blieben wenigstens stehen und schrien einander unter den lebhaftesten Gestikulationen an. Ihr Schreck war so groß, daß sie zunächst nicht wußten, was sie tun sollten. Dann ertönte die Stimme der Scheiks. Er brachte Ordnung in das Gewirr, wenigstens notdürftig, und dann sahen wir, daß sich die Uled Ayar vorn nach dem Eingang drängten. Da krachten ihnen auch Schüsse entgegen, und von beiden Seiten oben herab blitzte es auch. Ein einziges großes Wut- oder Wehgeheul der Ayar erfüllte den Engpaß; sie gingen auch da vorn zurück und drängten sich in der Mitte der Schlucht zusammen. Da sandte ich einen Leutnant zu ihnen. Er war schon vorher instruiert und schwang ein Tuch zum Zeichen, daß er als

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