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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sollen.“
    Ich wußte, daß uns da ein schweres Stück Arbeit bevorstand, und es wurde noch weit schwerer, als ich gedacht hatte. Die Ayun fanden die Forderung von hundert Kamelstuten für ein Leben viel, viel zu hoch; sie waren überzeugt, daß wir weit herabgehen würden, daß es uns wirklich Ernst mit demselben sei und der Scheik ihnen erklärte, daß sie noch bis Mitternacht alle sterben müßten, falls sie sich länger weigern sollten.
    Damit keine Zeit verloren würde, wurden zwei Uled Ayar als Boten zu den Uled Ayun geschickt, um diesen mitzuteilen, was geschehen und dann beschlossen worden war. Die beiden Beduinen liefen dabei keine Gefahr. Boten, welche kommen, um die Diyeh zu fordern, gelten bei allen diesen Stämmen für unverletzlich.
    Für Elatheh hatte ich wirklich auch hundert Stuten ausgewirkt. Krüger-Bei versprach, mit seinen Truppen dafür einzustehen, daß alles bezahlt werde. Die Frau konnte also überzeugt sein, daß sie die hundert Stuten oder deren Wert gewiß erhalten werde, und darum kam sie mit ihrem ‚Herrn und Gebieter‘ zu mir, um sich für die Rettung ihres Lebens und für den ihnen bevorstehenden Reichtum zu bedanken.
    Der Mann war allerdings arm. Er besaß nur das Kleid, welches er anhatte, und dieses bestand aus einem ärmellosen Hemd und einem Kopftuch. Dennoch versicherte er mir im Ton eines mächtigen Fürsten:
    „Effendi, du hast mein Weib und Kind vom Tod errettet, und nur durch deine Güte wird Reichtum in mein Zelt einziehen, welches ich jetzt freilich noch nicht besitze. Mein Herz ist voller Dank für dich. Du stehst unter meinem ganz besondern Schutz, solange du dich hier bei uns befindest!“
    Wir waren jetzt Freunde der Ayars und hatten gegen vierhundert Reiter bei uns; es war also nicht wohl zu ersehen, was mir der Schutz des armen Teufels nützen sollte; aber es ist kein Geschöpf Gottes, am allerwenigsten aber kein Mensch so schwach, gering und klein, daß man seine Liebe von sich weisen darf.
    Nun hätten wir wohl Zeit gehabt, nach der Hinterlassenschaft Small Hunters zu suchen, aber es war für heute zu spät dazu. Die Verhandlung mit den vierzehn gefangenen Ayuns hatte so lange gedauert, daß sich jetzt schon die Zeit der Dämmerung nahte. Wir mußten also bis morgen warten.
    Das tat nichts, denn wir hatten Zeit, und die beiden Meltons waren uns sicher. Bei dem Alten hielten stets zwei Kavalleristen Wache, welche von zwei zu zwei Stunden abgelöst wurden, und der Junge befand sich bei den gefangenen Ayuns, welche von den Ayars bewacht wurden.
    Was Thomas Melton betraf, so war sein Schicksal vorauszusehen. Er wurde mit nach Tunis genommen und dort als Verräter hingerichtet. Welcher Art da sein Tod sein werde, das hing von der Bestimmung des Pascha ab. Das Schicksal seines Sohnes war weniger fest bestimmt, doch da er im Komplott mit seinem Vater gewesen und also als dessen Mitschuldiger zu betrachten war, so stand zu erwarten, daß seine Bahn auch nicht mit Rosen bestreut sein werde.
    Ich bedauerte natürlich auf das herzlichste, daß es mir nicht gelungen war, Small Hunter am Leben zu erhalten; aber die beiden Meltons waren nun unschädlich gemacht, und ich durfte überzeugt sein, daß die Angehörigen der Familie Vogel nun sicher zu ihrem Erbe kommen würden. Wenn ich an die Freude der Leute dachte, hielt ich alle Mühe, welche die Angelegenheit mir verursacht hatte, für gering.
    Während wir im Verlauf des Tages in der beschriebenen Weise tätig gewesen waren, hatten die Krieger der Ayars und die Soldaten Vorbereitungen zu dem Fest- und Friedensmahl getroffen, welches am Abend abgehalten werden sollte. Denn daß es ohne ein solches nicht abgehen konnte, das verstand sich nach den dortigen Gebräuchen ganz von selbst.
    Unsere Soldaten hatten einen bedeutenden Vorrat von trockenen Lebensmitteln bei sich. Die Ayars hatten südlich von dem Engpaß eine kleine, für ihre Kriegerschar bestimmte Schlachtherde weiden, welche im Laufe des Tages herbeigetrieben worden war. Es gab also Fleisch, Mehl, Datteln und auch anderes mehr als genug. Wasser war auch da, denn es gab, wie ich noch nicht bemerkt habe, in der Schlucht einen Quell, welcher die Veranlassung gewesen war, daß die Ayars vor unserer Ankunft dort gelagert hatten. Licht wurde zu dem Fest nicht gebraucht, denn der Mond ging bald auf und verbreitete einen so hellen Schein, daß künstliche Beleuchtung ganz unnötig war.
    Die Beschreibung des Mahles kann ich füglich übergehen. Der Beduine ißt äußerst

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