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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mäßig, kann aber bei solchen Veranlassungen eine ganz erstaunliche Menge von Lebensmitteln zu sich nehmen. Gespart wurde nicht, denn es wußte jeder, daß die Uled Ayun bald ganze Herden bringen würden.
    Das Leben, welches in den beiden Lagern herrschte, ermüdete erst nach Mitternacht. Die mehr als gesättigten Esser legten sich in Gruppen zueinander schlafen. Bald herrschte dann Ruhe. Ich hatte ein Zelt angewiesen bekommen, welches ich mit Winnetou teilte. Bevor ich mich niederlegte, machte ich einen Rundgang, um nach den beiden Meltons zu sehen. Sie befanden sich in der Obhut ihrer Wächter, und es schien keine Veranlassung zur Sorge da zu sein. Als ich dann zum Zelt kam, saß vor demselben ein Beduine, in welchem ich den Mann von Elatheh erkannte.
    „Was tust du hier?“ fragte ich.
    „Wachen, Effendi“, antwortete er.
    „Das ist nicht nötig. Leg dich getrost auch nieder!“
    „Effendi, wenn ich am Tag schlafe, kann ich des Nachts wachen. Du stehst ja unter meinem Schutz.“
    „Ich bedarf desselben aber nicht!“
    „Weißt du das? Nur Allah kann es wissen! Ich habe dir soviel zu verdanken und bin so arm, daß ich dir nichts dafür geben kann. Erfreue mich also durch die Erlaubnis, hier bleiben zu dürfen. Meine Wachsamkeit ist das einzige, was ich dir bringen kann!“
    „Nun wohl! So will ich dich nicht dadurch betrüben, daß ich dich fortschicke. Allah sei mit dir, mein Hüter und mein Freund!“
    Ich gab ihm die Hand und trat dann in das Zelt. Daß ich ihn Freund genannt hatte, war ein Vorzug, der ihn jedenfalls stolz und glücklich machte.
    Winnetou war auch ermüdet, da er in voriger Nacht ebensowenig geschlafen hatte wie ich: wir schliefen bald ein. Ungefähr gegen drei Uhr nach Mitternacht, also nach gar nicht langer Zeit, wurde ich geweckt durch einen Ruf, welcher draußen erscholl:
    „Wer da! Zurück!“
    Ich horchte. Auch Winnetou richtete sich auf.
    „Zurück!“ rief es draußen noch einmal.
    Wir gingen hinaus. Mein Freund und Hüter saß nicht mehr am Eingang des Zeltes; er war aufgestanden und stand lauschend an der Seite desselben. Der Mond war untergegangen.
    „Was gab es?“ fragte ich.
    „Ich saß an der Tür und wachte“, antwortete der Mann. „Da sah ich einen Menschen gekrochen kommen und rief ihn an. Er verschwand darauf schnell. Ich erhob mich von der Erde und ging um das Zelt. Da sah ich einen zweiten davonspringen und rief ihm nach.“
    „Vielleicht sind's zwei Tiere gewesen?“
    „Was für welche sollten es sein? Es waren Menschen, die es auf dich abgesehen hatten!“
    „Das glaube ich nicht. Wir befinden uns ja unter lauter Freunden!“
    „Weißt du das? Allah allein kann es wissen! Doch geh hinein, und leg dich getrost wieder schlafen; ich wache für dich!“
    Ich ging hinein, vollständig überzeugt, daß der Mann sich getäuscht hatte. Winnetou war derselben Ansicht. Wie gut aber wäre es gewesen, wenn wir dem Beduinen geglaubt hätten!
    Wir schliefen bald wieder ein, wurden aber nach vielleicht einer Stunde durch einen Heidenlärm, welcher draußen erscholl, wieder aufgeweckt. Wir griffen nach unseren Waffen und eilten hinaus. Eben stieg der erste Schein des Tages im Osten auf; man konnte leidlich sehen. Der erste Mensch, auf welchen mein Auge fiel, war Krüger-Bei, welcher nach unserem Zelt gelaufen kam. Er rief mir atemlos zu, und zwar vor Aufregung in deutscher Sprache:
    „Die Gefangenen sind fort mit drei Kamelen!“
    „Welche denn? Wir haben verschiedene Gefangene, die beiden Meltons und die vierzehn Ayuns. Welche meinen Sie?“
    „Die Ayuns nicht.“
    „Also die Meltons? Alle Wetter! Das wäre ein Streich! Dann müssen wir sofort nach! Aber da laufen Ihre Leute nach allen Richtungen hin und her und verderben mir die Spuren. Geben Sie den Befehl, daß jeder sofort an dem Platz zu bleiben hat, an welchem er sich jetzt befindet!“
    Er rief mit einer wahren Donnerstimme diese Weisung über die beiden Lager hin, und sofort trat Ruhe ein. Der Scheik und Emery kamen auch herbei, und nun berichtete Krüger-Bei:
    „Als jetzt vor zehn Minuten zwei neue Wächter zu dem Kolarasi Melton kamen, um die früheren abzulösen, war er fort. Seine Fesseln lagen da und daneben der eine Wächter mit dem Messer im Herzen.“
    „Liegt der Tote noch dort?“ fragte ich.
    „Ja.“
    „Kommt hin!“
    Ja, da lag er, der arme Teufel! Die Klinge war ihm bis an das Herz gestoßen worden. Er hatte jedenfalls nicht ein Wort sagen, nicht einen Ruf ausstoßen können. Das

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