38 - Satan und Ischariot II
Entschädigung zugesprochen. Leben Sie wohl, und seien Sie in Zukunft bescheidener und klüger, als Sie in der Vergangenheit und bis zum gegenwärtigen Augenblick waren!“
Damit war ich mit ihm für immer fertig. Den Deutschen gab ich ihre Verträge zurück, welche von ihnen augenblicklich und mit Genugtuung zerrissen wurden. Dann stiegen wir zu Pferd und brachen auf. Als wir fortritten, standen der Haziendero, der Jurisconsulto, die Polizisten und Don Endimio de Saledo y Coralba bei den Wagen. Der alte Pedrillo rief uns ein lautes Lebewohl nach; seine Mitknechte stimmten ein; die anderen schwiegen. Hoffentlich ist den ersteren ihr Trinkgeld ehrlich in Ures ausgezahlt worden!
Es läßt sich denken, mit welcher Wonne meine weißen Gefährten die Gegend verließen, in welche sie gebracht worden waren, um das Licht des Tages niemals wieder zu erblicken, und auch ich war herzlich froh darüber, daß das erste so gefährlich scheinende Unternehmen einen so glücklichen Ausgang genommen hatte. Zwar durfte ich als sicher annehmen, daß der ‚Große Mund‘ sich feindselig gegen uns, wenigstens gegen mich, verhalten werde, aber es wäre mir nicht eingefallen, ihn nun noch zu fürchten, selbst wenn wir nicht unter dem Schutz der ‚Listigen Schlange‘ gestanden hätten. Daß wir ihn wiedersehen, ihm begegnen würden, war gewiß, doch dachte ich, daß auch der ‚Starke Büffel‘ kommen werde; wann und auf welchem Weg, das war freilich nicht vorauszusagen.
Da wir zunächst nach Chihuahua wollten, so mußten wir erst einen Tag lang durch die Einöde reiten, kamen dann über einen schmalen Landstrich, welcher den Yumas noch gehörte, und dann in ein Gebiet, um welches diese sich mit den Mimbrenjos stritten. Auf letzterem mußten wir Widerwärtigkeiten erwarten, wenn überhaupt solche zu erwarten waren.
Voran ritten die der Gegend kundigsten Leute der Yumas. Ich hielt mich stets zu Winnetou, und meist war auch die ‚Listige Schlange‘ bei uns beiden. Die beiden jungen Söhne des ‚Starken Büffels‘, also der Yumatöter und sein noch namenloser jüngerer Bruder, waren stets in unserer Nähe zu sehen. Melton befand sich, stark gefesselt, unter so guter Aufsicht, daß ihm jeder Gedanke an das Wiedererlangen der Freiheit vergehen mußte. Hinten, nur von einigen Yumas begleitet, ritten Judith und ihr Vater; ich richtete meine Blicke nicht auf sie, und sie hüteten sich gar wohl, sich mir bemerklich zu machen.
Der Vollständigkeit wegen sei noch erwähnt, daß wir vor dem Aufbruch Weller und den Athleten begraben hatten. Sie lagen beide nebeneinander in der Erde, die ihnen nicht gegeben hatte, was sie suchten, Reichtum dem einen und Liebe dem anderen.
Gegen Abend des ersten Tages hatten wir die Einöde, da dieselbe von Almadén aus nach allen Seiten einen Tagesritt breit war, überwunden und lagerten am Rande derselben in einer grasigen Gegend, wo die Pferde die so notwendige Weide fanden. Am nächsten Tag kamen wir durch den erwähnten schmalen Landstreifen, welche die Yumas für sich in Anspruch nahmen, und dann in die umstrittene Gegend, welche sehr bergig war. Die Yumas wollten nach einem weiten Becken, in dessen Mitte ein kleiner See lag, wo wieder gelagert werden sollte. Wir erreichten den Südrand des Beckens, als die Sonne hinter den westlichen Höhen verschwand. Der erste Blick zeigte, daß es hier vor Zeiten eine größere Wasseransammlung gegeben hatte, deren Gestalt eine zwischen Nord und Süd länglich gestreckte gewesen war. Das Becken konnte in dieser Richtung eine halbe Wegstunde sein, während die Breite zwischen Ost und West nicht soviel betrug. Drei Täler mündeten in dasselbe, eines von Nord, eines von Ost und das dritte von Süd. Durch das letztere kamen wir.
Zufälligerweise ritt ich, als wir aus diesem Tal hervorkamen, mit Winnetou bei den Führern an der Spitze des Zuges. Die Yumas hielten ihre Augen nach der Mitte des Beckens gerichtet, welche allerdings einen einladenden Anblick bot, da um den kleinen See dichte Bäume und Sträucher standen, um welche sich ein Ring saftigen Grases zog. Winnetou aber war ebenso wie ich gewöhnt, auf einem solchen Terrain zunächst und vor allen Dingen nach der persönlichen Sicherheit auszuschauen, und darum richteten sich unsere Blicke nach den Mündungen des nördlichen und des östlichen Tales. An der letzteren sah ich einen Reiter, welcher im Begriff stand, hervorzukommen, aber, als er uns erblickte, sofort wieder zurückwich. Um zu wissen, ob Winnetou
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