38 - Satan und Ischariot II
sicherzugehen:
„Wer führt Euch an?“
„Der ‚Starke Büffel‘.“
„Wohin wollt Ihr?“
„Nach Almadén zu Old Shatterhand und Winnetou.“
Da gab ich ihm den Hals ganz frei und sagte:
„Sprich ganz leise! Schau mir einmal ins Gesicht! Kennst du mich?“
„Uff! Old Shatterhand!“ antwortete er mir, nachdem er sein Gesicht ganz an das meinige gebracht hatte.
„Steh auf und führe mich zu dem ‚Starken Büffel‘! Da hast du dein Messer wieder.“
Er erhob sich, kehrte um und ging neben mir her, ohne ein Wort zu sagen. Als wir in der Nähe des Tales angekommen waren, blieb er stehen und sagte:
„Old Shatterhand ist ein Freund der roten Männer und ein Meister in allem. Er muß nicht denken, daß jeder Krieger es ihm gleichtun kann. Wird er dem Häuptling sagen, daß er mich ergriffen und entwaffnet hat?“
„Ich sollte es tun, denn eure Sicherheit erfordert, daß nur der Fähigste zu solchen Diensten ausgewählt wird.“
„Dann wird man mich zu den Weibern schicken, und ich stoße mir das Messer in das Herz!“
„Dann will ich schweigen. Aber merke dir, daß man sich selbst von dem größten Schreck nicht überraschen lassen darf!“
Als wir ein kleines Stück in das Tal hineingegangen waren, ließ sich das Zirpen einer Grille hören; mein Begleiter antwortete durch ein gleiches Zirpen, wodurch er sich vor dem Posten legitimierte. Bald sah ich trotz der Dunkelheit viele Männer beisammensitzen. Sie hatten natürlich kein Feuer angebrannt. Aus ihrer Mitte erhob sich einer und meinte:
„Zwei kommen! Wer ist der andere?“
„Old Shatterhand“, antwortete mein Begleiter.
„Old Shatterhand, Old Shatterhand!“ hörte ich es weiter und weiter flüstern.
Der Frager war kein anderer als der ‚Starke Büffel‘, der Häuptling der Mimbrenjos. Er gab mir die Hand und sagte im Ton froher Überraschung:
„Mein berühmter weißer Bruder ist's? Das macht mir das Herz leicht, denn ich habe große Sorge um ihn gehabt. Wie aber kommt er in diese Gegend, da wir ihn entweder tot oder in einer anderen Gegend glauben mußten?“
Er hatte sich um mich wohl weniger gesorgt als um seine beiden Knaben, durfte sich aber nicht die Blöße geben, dies zu sagen. Um ihn gleich von vornherein zu beruhigen, antwortete ich:
„Tot? Alle, die sich bei mir befinden, sind wohlauf, und es ist keinem ein Leid geschehen. Die Krieger der Mimbrenjos, welche mich begleiteten, und die beiden Söhne des ‚Starken Büffels‘ haben sich so tapfer gehalten, daß ich ihnen großes Lob zollen muß. Ich werde später von ihnen und ihren Taten erzählen; jetzt muß ich vor allen Dingen hören, wieviel Krieger der ‚Starke Büffel‘ mitgebracht hat.“
„Zweihundert und einige mehr“, antwortete er.
„Er wollte die gefangenen Yumas, unter denen sich auch der Häuptling derselben, der ‚Große Mund‘, befand, zu den Marterpfählen führen. Sind sie mutig gestorben, oder haben sie vor Schmerzen ihre Stimmen erschallen lassen?“
Ich wußte längst, daß sie dem alten, groben, aber sonst ganz wackeren Kerl entkommen waren, sprach die Frage aber dennoch aus, um ihn dafür zu bestrafen, daß er mir zugemutet hatte, ich wolle den ‚Großen Mund‘ absichtlich entfliehen lassen. Er zögerte auch lange mit der Antwort, bis er eingestand:
„Der große Geist hat nicht gewollt, daß wir uns über den Tod dieser Hunde freuen sollten. Es hatte sich einer von ihnen losgemacht und auch die Fesseln der anderen geöffnet; sie entflohen und nahmen viele Pferde mit.“
„Das ist eine große Heldentat von Euch gewesen. Die Yumas werden noch lange darüber lachen. Wie hat der ‚Starke Büffel‘ gezürnt, wenn ich einmal mit dem ‚großen Mund‘ sprach! Nun hat er nicht nur ihn, sondern alle Gefangenen mit ihm laufenlassen!“
„Der große Geist hat es so gewollt. Er ließ einen so tiefen Schlaf über uns kommen, daß wir weder sahen noch hörten.“
„Das ist die Ansicht meines roten Bruders. Ich bin anderer Meinung. Sooft ein Fehler von mir geschehen ist, habe ich niemals dem großen Geist die Schuld gegeben, denn Manitou begeht keinen Fehler. Aber was vergangen ist, soll man als unvermeidlich betrachten und sich die beste Lehre daraus ziehen. Wissen die Krieger der Mimbrenjo, wo der ‚Große Mund‘ sich jetzt befindet?“
„Nein; aber wir nehmen an, daß er auch hinauf nach Almadén ziehen wird. Als er uns entflohen war, habe ich mich beeilt, frische Pferde und Krieger zu holen, um ihn wieder zu fangen; diejenigen,
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