38 - Wiedergeborenes Scorpio
die nun lossprangen, noch immer lautlos, obwohl sie entdeckt worden waren. In ihren Fäusten funkelten Schwerter.
Llodi schickte seinen nächsten Pfeil auf den Weg und schaltete einen der Attentäter mit einem Armschuß vorübergehend aus.
Mein neuer brauner Umhang hatte es mir ermöglicht, mich unter diesen Leuten zu bewegen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Dabei mußte ich das Rapier natürlich verborgen halten. So zog ich nun den Lynxter, den Mevancy mir gegeben hatte, und sprang vor.
Der erste Attentäter zupfte sich bereits an den blutigen Augen herum, Blut rann ihm über die Wange.
Für mich blieben also noch zwei.
Die Angreifer waren nicht bestürzt über ihre Ausfälle. Es handelte sich um echte Profi-Stikitche. Die dunkle Kleidung, die Lautlosigkeit ihres Handelns, der schnelle Angriff – alles deutete darauf hin. Der Mann, der einen Pfeil im Arm stecken hatte, erholte sich und verschwand hinter den beiden Männern vor mir, die meine Aufmerksamkeit erforderten. Ihre Klingen zuckten mir vor den Augen herum.
»Du Onker, Kohlkopf!« kreischte Mevancy. »Halt dich da heraus!«
Sie hatte den Dolch gezogen, den sie zu benutzen verstand. Natürlich! Sie hatte nicht geglaubt, daß ich Hangols Wächter niedergeschlagen hatte, um sie zu retten; sie glaubte, ich sei noch immer schwach wie ein Woflo, eine Täuschung, die ich weiter aufrechterhalten wollte. Aber hier und jetzt, da Mevancy in Lebensgefahr schwebte? Lieber nicht, bei Krun! Keine noch so raffinierte List wog das Leben dieser hochnäsigen kleinen Dame auf, zu der ich große Zuneigung empfand. Sie mußte gerettet werden, da gab es gar keine Widerrede.
Ich unterlief den ersten Hieb und drehte mich und stach zu, und mein Lynxter leuchtete rot.
Mevancy schleuderte ihren Dolch. Die Klinge pfiff mir verdammt dicht am Ohr vorbei und bohrte sich mit dumpfem Geräusch in das Gesicht des zweiten Attentäters, der mich eben in den Kampf ziehen wollte.
Als der Unhold zusammenbrach, sah ich, daß hinter ihm der Mann stand, der zunächst einen Pfeil in den Arm bekommen, hatte; schon aber steckte ihm ein zweiter Pfeil im Hals. Llodi hatte seine Arbeit zu Ende gebracht.
»Also wirklich!« sagte Mevancy mit gereizter Stimme.
»Diese Stikitche sind Profis«, sagte ich. »Allerdings nicht von hoher Qualität ...«
»Weil sie ihr Ziel nicht erreicht haben, Walfger Drajak?« fragte Mishuro.
»Ja, und weil sie keine Masken und keinen Körperschutz trugen.«
»Es gibt die verschiedensten Sorten Meuchelmörder auf Kregen«, sagte Mishuro ein wenig salbungsvoll. »Diese fünf wären für mich gut genug gewesen, vielen Dank.«
Mevancy lachte. »Du hast recht, San.« Sie bemerkte meinen Blick, und ich runzelte die Stirn und machte eine allgemein gebräuchliche fragende Geste. Wer war denn nun das Ziel dieser Männer gewesen – sie oder er? War er die Person, zu deren Schutz die Herren der Sterne uns entsandt hatten? Ich war immer mehr davon überzeugt. Mevancy streckte mir nicht die Zunge heraus; ihr Gesichtsausdruck verriet, daß ich es ihrer Meinung nach verdient hätte.
»Ich glaube, sie hätten mich gleich mit getötet«, sagte Mishuro. »In dieser sündigen Welt ist den Stikitches kaum etwas heilig.«
»Hargon auch nicht«, sagte ich ein wenig hitzig. »Er und Cramph Hangol haben diese Mörder angeworben. Du weißt doch, San, daß es Hangols Männer waren, die in Anwesenheit Hargons Leotes und Dame Mevancy in die Tiefe stießen.«
»Mevancy behauptet das jedenfalls. Sie hat dafür keine Zeugen.« Ich wollte schon mit heftigen Worten reagieren, als er fortfuhr: »Ich glaube ihr. Aber auf legalem Wege läßt sich nichts unternehmen.« Er ließ die Worte ausklingen.
Na schön! Er mochte wie ein alter Buddha aussehen, entrückt, selbstlos, jedem engstirnigen Streben und Verlangen sterblicher Seelen enthoben; dabei wollte er hier etwas erledigt haben. Ich bin nicht umsonst ein erfahrener Leem-Jäger. Ich spürte sofort, daß sich hier die Rädchen von Absichten und Verschwörungen drehten. San Hargon hätte sich wohl gefreut, wenn San Mishuro bei dem Attentäter-Angriff mit ums Leben gekommen wäre; hier sahen wir nun die Kehrseite dieser Medaille, kein Zweifel, bei Krun!
Leute strömten herein, um nachzuschauen, was das Lärmen sollte. Wir überließen es ihnen, die Toten zu beseitigen und den Saal zu säubern. Mishuro verlangte, wir sollten ihn zu seiner Villa begleiten.
Unterwegs sagte Mevancy mit ernster Stimme: »Du hattest Glück, Kohlkopf, daß der
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