38 - Wiedergeborenes Scorpio
Verlust nicht ausgleichen. Er bemerkte meinen Gesichtsausdruck. »Meine vier Töchter bauen die Bögen. Sie sind auch die besten Pfeilschnitzer, die ich kenne. Ihre Mutter ist bei Tsung-Tan, dessen Name gelobt sei, im Gilium. Während ich darauf warte, ihr ins Paradies zu folgen, stellen unsere Töchter die besten Waffen in ganz Makilorn her.«
Ich leerte den Becher, dankte ihm und brachte die Sprache auf den Preis.
Er gab mir Auskunft.
»Ich wußte, daß Bögen viel kosten«, sagte ich. »Leider wußte ich nicht, wie teuer sie wirklich sind.« Ich breitete den Rest meiner Barschaft, die ich von Mevancy erhalten hatte, auf dem Tisch aus. »Nimmst du dies als Anzahlung an und hebst den Bogen für mich auf, bis ich zurückkehre?«
»Du willst nicht handeln?«
»Nicht für einen Bogen, der soviel wert ist wie dieser.«
»Verstehe. Ich bewahre den Bogen für dich auf, Walfger ...«
»Chaadur«, sagte ich und benutzte damit einen Namen, der mir nicht völlig fremd war.
»Womöglich Chaadur der Horkandur?«
»Nein, Walfger Twang. Das überlasse ich meinem Gefährten.«
Als ich ging, hatte ich keinen Bogen bei mir. Aber der kleine Mann hatte mich aufgemuntert; er war nicht mehr geeignet für den Beruf, der ihm vielleicht von seinem Großvater vererbt worden war; aber er hatte aus dem Schutt seines Lebens wieder etwas gemacht.
Nicht nur auf den Schlachtfeldern Kregens oder der Erde finden mutige Taten statt. Nein, bei Opaz!
Ich hatte wieder mein schlichtes Gesicht aufgesetzt, während ich, solchen Gedanken nachhängend, zur prächtigen Villa San Tuong Mishuros zurückkehrte.
Ein gewisser schwerfälliger Nebel, der mir den Kopf seit dem Feuer und der Lähmung eingehüllt hatte, schien sich zu verziehen. Ich hatte den Eindruck, plötzlich mit viel größerer Klarheit sehen und denken zu können.
Das war auch wirklich nötig – bei Krun! –, wenn ich bedachte, was vor mir lag!
17
»Aber Kohlkopf, was hast du nur mit dem schrecklichen Mann angestellt?«
Sie legte den Säugling wieder in die Wiege. Ich hatte gewartet, bis seine Mutter ihn zu Ende gestillt hatte, ehe ich durch das Fenster ins Haus einstieg. Es hatte mir keine Mühe gemacht, in die Villa zurückzukehren, und jetzt wollte ich mich mit Mevancy mal gründlich aussprechen.
»Ich habe ihm gesagt, er soll uns in Ruhe lassen. Offenbar hat er die Warnung in den Wind geschlagen.«
»Ach du! Hast du damit gerechnet, daß er auf dich hört?«
Ich trug wieder mein eigenes Gesicht zur Schau und sprach in einem passenden entschuldigenden Tonfall, der einige meiner temperamentvolleren Freunde überaus belustigt hätte.
»Also, ich hatte gehofft ...«
Sie seufzte. »Was soll ich nur mit dir anfangen? Überhaupt« – ihre Stimme wurde schärfer –, »glaube ich nicht, daß du die Kraft hast.«
»Wie ich sehe, hat man das gesuchte Kind gefunden.«
»Ja, ja. Leotes ist wirklich ein kleiner süßer ...«
»Leotes? Du gibst dem Kind diesen Namen – dem Sohn eines Fischers ...?«
Sie schaute mich an und seufzte erneut. Sie trug ein langes lavendelblaues Gewand, das sich an Hüften und Brüsten aufreizend anschmiegte. Ihre Arme waren wie üblich bedeckt, und ich fragte mich, wie weit die Regenerierung ihrer Bündel gediehen sein mochte. »Wahrscheinlich mußt du es früher oder später doch erfahren. Die Everoinye müssen einen Grund gehabt haben, dich mir zu schicken.«
»Wie immer der aussehen mag.«
»Sie entziehen sich jeder Kritik, Kohlkopf! Also, ich werd's dir sagen: Vielleicht hilft uns das, die Person zu finden, die wir schützen sollen. Ich gebe zu, daß ich noch immer im dunkeln tappe.«
»Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß es Mishuro ist. Aber erzähl mir nur alles.«
Es hätte ihr ähnlich gesehen, sich wieder aufzuregen; aber sie warf mir nur einen funkelnden Blick zu und sagte: »Der Junge ist Leotes.«
»Nun ja, wenn ihr ihn so nennen wollt ...«
»Ach du! Du begreifst einfach gar nichts. Er ist Leotes!«
Eine Ahnung um die Dinge, die sich hier vor meinen Augen abgespielt hatten, ließ mich wohl erkennen, daß Mevancys Worte stimmten. Wenigstens für jene, die Tsung-Tan anbeteten. Mir fehlte noch eine Erklärung für die Verfluchten, ebenso für Paol-ur-bliem. Aber ich war erfahren genug, um zu begreifen, was hier geschah. Ich fragte: »Warum ist der Säugling hier, und nicht in Leotes' Villa?«
»Die Mutter mußte sich um ihn kümmern, und Mishuro hat Rechte, bis die Sonnen untergehen.«
»Dann aber zieht er in
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