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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ebenso erinnerte der Wind daran, der scharf und kalt aus Westen wehte und uns bald durchfröstelte. Man war einen so sehr frischen Luftzug gar nicht mehr gewöhnt.
    Wäre ich mit Winnetou und Emery allein gewesen, so hätten wir gewiß nicht angehalten, sondern wären die ganze Nacht hindurch geritten, um noch vor Melton das Ziel zu erreichen. Aber Vogel war kein ausdauernder Reiter, und der alte Melton drohte jeden Augenblick vom Pferd zu fallen. Halb mochte das Verstellung sein, halb war es aber auch die Folge der Schmerzen, welche er auszustehen hatte.
    „Halten wir noch vor nachts an?“ fragte Emery.
    „Nicht gern“, antwortete Winnetou.
    „Aber bis früh können wir unmöglich reiten. Da ist es doch besser, wir suchen uns jetzt einen zum Lagern geeigneten Ort, als wenn wir in der Dunkelheit da anhalten müssen, wo wir uns gerade befinden.“
    „Mein Bruder hat recht. Ich kenne einen solchen Ort.“
    „Er müßte uns aber auch Schutz vor dem Wind geben, der einem beinahe bis auf die Knochen geht!“
    „Es ist eine Felswand, die den Wind von uns abhalten wird. In einer Viertelstunde sind wir dort.“
    In der angegebenen Zeit sahen wir eine Erhöhung, einen kleinen Berg, aus der Hochebene aufsteigen, welcher sich nach Westen nur allmählich niedersenkte, im Osten aber sehr steil abfiel und da eine Art Kulisse bildete, in welche der kalte Wind nicht zu dringen vermochte. Da gab es auch mehrere Bäume und viel Gesträuch, also Holzmaterial zu einem Feuer, welches wir bei der Kälte recht wohl gebrauchen konnten.
    Wir stiegen ab und banden den alten Melton los. Er war so steif, daß er nicht stehen und nicht gehen konnte. Wir mußten ihn nach der Einbuchtung der Bergwand, welche ich Kulisse genannt habe, tragen und ihn dort niederlegen. Vielleicht war auch das Verstellung. Jedenfalls galt es, ein wachsames Auge auf ihn zu haben.
    Nachdem wir die Pferde angehobbelt hatten, suchten wir trockenes Holz zusammen und brannten ein Feuer an, dem wir uns so nahe wie möglich legten. Dann wurde gegessen. Melton bekam auch seine Portion Fleisch, die ich klein schnitt und ihm stückweise in den Mund steckte; ich wollte ihm die Hände selbst zum Essen nicht gern freigeben.
    „Wachen wir?“ erkundigte sich Emery.
    „Vielleicht wird es nicht nötig sein“, antwortete Winnetou. „Es gibt keine Feinde hier.“
    „Gut, so schlafen wir alle. Wir können es brauchen.“
    „Und doch ist es wohl besser, wenn wir wachen“, entgegnete ich. „Erstens müssen wir auf Melton achthaben, und zweitens traue ich seinem Sohn nicht. Er ist zwar kein Präriemann, aber auch kein Dummkopf. Alle anderen Ideen und Vermutungen in Ehren, aber er kann doch auch denken, daß wir erfahren haben, wohin er ist; er hat ähnliches schon an uns erlebt. In diesem Fall weiß er, daß wir ihm folgen. Wie nun, wenn er auf den Gedanken kommt, auf uns zu warten?“
    „Hm!“ brummte Emery. „So erfahren ist er wohl nicht!“
    „Nicht erfahren, sondern klug.“
    „Und nicht nur klug, sondern auch kühn würde das sein!“
    „Er ist nicht feig, und daß er kühn werden kann, wo es sich um so viel handelt, das läßt sich doch wohl denken. Wenn ihr schlafen wollt, gut; aber dann wache ich die ganze Nacht.“
    „Unsinn! Wenn du so besorgt bist, so wechseln wir natürlich ab.“
    Es wurde gelost. Die erste Wache traf Winnetou, die zweite Emery, dann kam ich und hinter mir Vogel, jeder anderthalb Stunde lang. Das gab sechs Stunden; dann wollten wir aufbrechen. Jetzt war es ungefähr neun Uhr abends.
    Nach den Ereignissen der letzten Zeit und dem öfteren Wachen während der Nächte schlief ich so fest, daß Emery, als meine Zeit gekommen war, mich zweimal stoßen mußte, ehe ich aufwachte. Er legte sich nieder, und ich warf neues Holz ins Feuer, um die Schläfer zu erwärmen. Es war still rings umher; zu beiden Seiten unserer Schutzwand aber strich der Wind zuweilen pfeifend vorüber. Um mich wach zu halten, stand ich hin und wieder auf und spazierte eine Weile hin und her. So verging meine Wache und ich hatte Vogel zu wecken. Er tat mir leid. Er war die Anstrengungen nicht gewohnt; der Schlaf tat ihm so wohl, und so ließ ich ihn liegen, um seine Wache für ihn zu tun.
    Jetzt ging das gesammelte Holz auf die Neige; darum entfernte ich mich, um neues Ast- und Zweigwerk zu suchen. Da wir die nähere Umgebung des Lagerplatzes schon abgesucht hatten, mußte ich weitergehen und wegen der Dunkelheit war ich auf den Tastsinn angewiesen. So suchte ich, mit den

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