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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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seiner
linken Brust war rot und feucht durchtränkt, und nahe der vorderen Kante des
Schreibtisches lag ein großer Trommelrevolver, das schien das russische Ding zu
sein. Natürlich! Ein kleiner, fünfzackiger Stern war zwischen Trommel und Griff
eingraviert und daneben CCCP 1939. Seine Visitenkarte mußte er auch noch
dalassen, das sah ihm ähnlich.
    Sie merkte gar nicht mehr, daß
sie sich ganz in seine Lage hineinversetzte. Was sollte sie tun? Wenn man sie
hier fand, saß sie selbst in der Klemme. Und Peter? Sie würden ihn eines Tages
doch finden. Wenn sie nur mit ihm sprechen könnte. Aber jetzt mußte sie so
schnell wie möglich fort, das war das wichtigste. Eigentlich sollte sie ja die
Polizei rufen und so lange bei dem Toten bleiben. Aber wie sollte sie ihre
Anwesenheit erklären? Sie sah sich um, ob sie keine Spuren hinterlassen hatte.
Der Revolver! Mit schnellem Entschluß faßte sie ihn und wandte sich zur Tür.
    Diesmal erschrak sie wirklich —
weit mehr als beim Anblick des Toten — und hob unwillkürlich den Arm mit der
Waffe. Im Türrahmen lehnte ein Mann von rund 40 Jahren in einem etwas knappen
Anzug, die Hände in den Hostentaschen, unbeweglich und fast teilnahmslos, aber
trotz seines offenen Gesichtes ging eine stumme Drohung von ihm aus.
    »Wollen Sie mich auch noch
erschießen?« fragte er ruhig. »Mein Stellvertreter wird sich freuen, meinen
Posten zu kriegen.«

III
     
     
    Julia ließ den Revolver sinken.
»Wer sind Sie?«
    »Ich bin ein alter Patient von
Dr. Randolph«, sagte der Mann höflich. »Ich wollte gerade mal sehen, wie es ihm
geht — und er sollte nachsehen, wie es mir geht.«
    Julia wollte antworten, als das
Telefon rasselte — laut und dringlich, als wollte es den Toten aufwecken. Der
Fremde kam langsam auf den Schreibtisch zu und griff zum Hörer.
    »Praxis Dr. Randolph«, sagte er
ohne eine Spur von Erregung in der Stimme. »Gnädige Frau? Ja — Nogees — nein —
im Kino? Ja, kommen Sie bitte gleich, gnädige Frau. Ich erwarte Sie — ich
erkläre es Ihnen nachher. — Bitte. Bis gleich.«
    Er legte den Hörer auf und sah
Julia stumm an. Dann nahm er ihn wieder ab und wählte. Eine hastige Stimme
meldete sich.
    »Hallo? Nogees, Abteilung
sechs, bitte.« Wieder meldete sich eine Stimme nach kurzer Pause. »Steinmann?
Nogees. Einsatz — ja — Gisela neunundzwanzig. Dr. Randolph. Ja. Gut. Ende.«
    Er legte auf und betrachtete
den Toten eingehend. Dann trat er auf Julia zu und zog sein Taschentuch hervor.
»Sie erlauben?« Er faßte den Revolver, betrachtete ihn wie vorher die Leiche
mit einem interessierten Blick, und Julia wurde von wachsender Unruhe erfüllt.
    »Möchten Sie mir erklären, was
das zu bedeuten hat!«
    Er legte den Revolver auf den
Schreibtisch zurück und sah Julia mit melancholischem Lächeln an.
    »Ich glaubte einen freien Abend
zu haben«, sagte er. »Sie werden es nicht für möglich halten — ich bin
Kommissar Daniel Nogees und der Leiter der hiesigen Mordkommissaion. Ich bin
noch niemals so pünktlich gewesen. Fast hätte ich den Mord noch miterlebt.«
    Julia mußte sich setzen. Sie
befeuchtete ihre trockenen Lippen mit der Zunge. Jetzt sah sie, daß sie eine
riesengroße Dummheit begangen hatte. Und ausgerechnet der Leiter...
    »Ich habe ihn nicht
erschossen«, sagte sie leise. »Ich wollte ihn sprechen und fand ihn so. Das ist
die Wahrheit.«
    Er ging nicht darauf ein.
»Kennen Sie Frau Randolph?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Sie rief eben an. Sie war im
Kino. Sie wird gleich hier erscheinen.«
    »Die Arme«, sagte Julia.
    »Bedauern Sie sie?«
    »Ja.«
    »Geben Sie mir Ihren Ausweis!«
sagte er nach einer Pause.
    Julia kramte in ihrer Tasche.
Er las das Papier aufmerksam durch und steckte es dann zu sich. Julia
protestierte nicht, es war ihr alles gleichgültig.
    Er faßte sie am Arm und führte
sie ins Nebenzimmer. Sie folgte willenlos. »Warten Sie hier!« befahl er. »Ich
werde Frau Randolph allein in Empfang nehmen.«
    Sie warf ihm einen dankbaren
Blick zu, denn sie hatte das tröstliche Gefühl, daß er sie nicht für die
Mörderin hielt. Aber das konnte man bei solchen Leuten nie wissen. Dann hörte
sie den Schlag der Wohnungstür und die Stimme des Kommissars auf dem Korridor,
ruhig und begütend.
    Jetzt klangen Schritte im
Nebenzimmer, und Julia vernahm einen erstickten Aufschrei. Es verging geraume Zeit,
in der nur ein leises, schluchzendes Weinen die Stille erfüllte.
    Dann kam der Kommissar herein.
Er winkte ihr mit einer

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