4 Meister-Psychos
Richtung lenken, da wir einmal hier sind. Schließlich
hatten wir in Ivy Cottage allerhand Zeit, darüber nachzudenken.«
Ritchie nickte bedächtig.
»Sowie wir in München sind,
informiere ich auch Kommissar Sandmann in diesem Sinn. Aber uns wäre lieb, wenn
wir jetzt erst mal wieder rüber könnten.«
»Nun«, sagte Ritchie und
betrachtete Tessa mit Wohlgefallen, »ich glaube nicht, daß ich da Bedenken
haben muß. Wir können Sie überall erreichen, wenn wir wollen. Mit Kommissar
Sandmann bleibe ich in Verbindung. Fliegen Sie, und grüßen Sie das Oktoberfest
von mir.«
»Gern«, antwortete ich, »ist ja
bald soweit. Ist ja eigentlich ein Septemberfest.«
Am Montag darauf fuhren wir.
Ivy Cottage blieb leer und zu. Von der Calhoun hatten wir nichts gehört.
Ronalds Bude hatte Tessa ausgeräumt und weitervermietet. Wir nahmen den Aston
mit und fuhren nach Dover und mit der Fähre nach Ostende. Der Kanal war ruhig
in diesen Tagen, sonst hätte Tessa ihre Mahlzeit gleich über Bord werfen
können. Ich trank Grog, um mir wie ein Seemann vorzukommen.
Am Abend badeten wir in Ostende
und übernachteten in einem netten Gasthof in Mariakerke.
Am nächsten Tag fuhren wir früh
ab und in einem Strich nach München. Der Aston konnte laufen wie selten in
England. Wir tranken das erste Bier in einer der Stammkneipen und schließlich in
meiner Wohnung wie in den alten Zeiten, als ich Tessa kennengelernt und sie
langsam an dieses Bett gewöhnt hatte. Jetzt waren wir legalisiert.
Morgens nach dem Frühstück rief
ich Sandmann an. Er war schnell zu erreichen. »Ich wollte mich gehorsamst zurückmelden,
Herr Kommissar.« Ich füllte meine Stimme mit verhaltenem Ernst. »Sie wissen,
was alles passiert ist?«
»Ja.«
»Sie können sich denken, daß
das unsere Freude ziemlich getrübt hat. Wäre es Ihnen möglich, hier
vorbeizukommen? Es erzählt sich vielleicht besser.«
»Ja, das geht. Muß Ihnen ja
gratulieren. Wann?«
»Um sechs nach Dienstschluß?«
»In Ordnung.«
Ich legte auf. Tessa nickte mir
zu. »Was du für ein trauriges Gesicht machen kannst. Wie ein Dackel.«
»Ich habe schließlich allerhand
Verwandtschaft zu beklagen. Liebe Menschen, deren Verlust mich herb getroffen
hat.«
Sandmann kam pünktlich. Er
hatte drei Nelken dabei, und Tessa nahm sie und knickste.
»Für Sie habe ich auch etwas«,
sagte er zu mir. »Kleine Reverenz zur Hochzeit.« Er gab mir einen zusammengefalteten
Bogen. Ich sah das Siegel und eine wuchtige Unterschrift. »Ihr Waffenschein.«
Ich blickte gerührt. »Na, so
was! An den habe ich gar nicht mehr gedacht. Das ist aber nett von Ihnen. Tessa
— besorgst du uns was zu trinken?«
Sie nahm eine Vase mit und ging
hinaus. Ich las das Papier durch. Der Erwerb einer Waffe wurde mir erlaubt.
»Nochmals vielen Dank, Herr Sandmann. Sehr interessant. Besitz ist erlaubt,
soweit ich das Gesetz kenne. Erwerb verboten.«
»Ungefähr so.«
Tessa kam mit großen Gläsern
voll Martini dry zurück. Wir setzten uns hin. Ich erzählte lang und ausführlich
von unseren Erlebnissen in London. Die traurigen Ereignisse. Der einzige
Lichtblick die Heirat. Ich gab die gleiche Vermutung zum besten wie bei
Ritchie, nur auf deutsch. Sandmann trank und hörte zu.
»Der Selbstmord des Vaters hat
uns erst darauf gebracht, daß er hinter allem gesteckt haben könnte. Ist ja
sonst völlig unmotiviert. Der Mann war äußerst munter, als er mich hinauswarf.
Ich hatte auch noch etwas anderes vergessen, Herr Kommissar. Als wir das Paket
geöffnet und uns einigermaßen erholt hatten, klingelte es bei uns. Ein
Engländer, der nicht Deutsch sprach. Fragte dummes Zeug. Nach Leuten, die es im
Haus nicht gibt. Und noch etwas: In der ersten Nacht in Ivy Cottage muß jemand
am Haus und im Park herumgeschlichen sein.«
Tessa sah mich unter halb
hängenden Augenlidern an. Spinn nicht, schien sie zu denken.
Das war das LSD. »Daher habe
ich gedacht, daß man immer noch hinter uns her ist.«
Sandmann nickte in seiner
langsamen Art.
»Hat sich denn hier was Neues
ereignet?« fragte ich. »Bei Inspektor Ritchie war’s mager. Nicht sicher, ob
Ronald wirklich ermordet worden ist.«
»Bei Mara ist er schon sicher«,
antwortete er lächelnd. »Aber noch hat sich nichts Positives ergeben, um jemand
festzusetzen. Wir haben alle Bekannten überprüft. Teilweise haben sie Alibis,
teilweise kein Motiv.«
»Das alte Leiden«, murmelte
ich. Unangenehm. Kein Ersatzmann hatte sich für mich gefunden. Mir wäre lieber
gewesen,
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