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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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noch mal. Danach
wollte Tessa zur Nordsee fahren.
    Jesus, dachte ich. Wird sie
nicht bald müde?
    Ich zog den Kahn aus dem
Bootsschuppen. Wir drehten Kreise zum anderen Ufer hinüber.
    »Die Sonne scheint!« rief
Tessa. »Alles ganz hell!«
    »Ich sehe es auch«, sagte ich.
Ich sah etwas anderes. Wieder den verdammten Schatten auf der anderen Seite am
Ufer. Reglos und finster.
    Ich konnte mich nicht weiter
darum kümmern. Tessa sprang über Bord. Sie schwamm eine Strecke lang unter
Wasser. Ich zog an den Riemen, um sie einzuholen. Sie war eher am Ufer als ich,
und ich sah den Schatten nicht mehr.
    »Das war schön«, sagte Tessa
atemlos. »Ich war bei Poe. Im Strudel des Malstroms.«
    »Manche fliegen, manche
schwimmen«, sagte ich.
    Ich verstaute das Boot. Wir
stolperten den Weg zurück. Ich begann müde zu werden. Das konnte noch
stundenlang dauern mit Tessa. Zum Kotzen.

XIII
     
     
    Das Haus stand mit geöffneter
Tür und hellen Fenstern. Im Schlafzimmer zog ich Tessa aus und rieb sie
trocken. Sie fiel in den Sessel, in dem ich vorher gesessen hatte. Ich nahm
noch einen Whisky und legte mich dann lang auf die Couch. Ich döste. Durch den
Spalt meiner Lider beobachtete ich Tessa. Sie saß wieder ganz still. Kein gutes
Zeichen. Ich konnte ihr Gesicht nicht mehr genau erkennen und wußte nicht, ob
der grausame Ausdruck zurückgekehrt war.
    Plötzlich stand sie auf. Sie
ging hinaus, kerzengerade, schimmernd in ihrer Nacktheit. Ich wartete mit
geschlossenen Augen und hörte ein entferntes Klirren wie von Metall. Dann kamen
verstohlene Schritte zurück, nicht leise genug, als daß ich sie nicht hätte
hören können.
    Ich riß die Augen auf.
    Tessa kam auf mich zu. Sie
hielt rechts ein Messer, größer als das, mit dem ich Mara umgebracht hatte.
    Auch damit war zu rechnen
gewesen.
    Ich faßte zum zweitenmal in
dieser Nacht nach Tessas Handgelenk. Sie hatte einen Zug von wilder Wut in
ihrem Gesicht. Das Messer ritzte mich in der Ellenbeuge, dicht neben der Vene.
Ich hatte keine Lust, mich lange mit dem Unsinn aufzuhalten. Es wurde Zeit, daß
sie schlief. Ich riß Tessas rechte Hand mit dem Messer nach unten und schlug
kurz und hart unter ihr Kinn. Dann hob ich sie hoch, wie ich das in der Küche
schon getan hatte, als das Paket gekommen war. Ich legte sie aufs Bett und
küßte sie auf die Stelle am Kinn, wo morgen der blaue Fleck sein würde. Die
Bettdecke zog ich über sie, holte mir einen Whisky und dachte nach. Es war
nicht alles so, wie es sein sollte. Ihr Doppelbewußtsein war zutage getreten.
Sie liebte mich und haßte mich gleichzeitig. Das LSD hatte den Familiensinn ans
Licht gehoben, mitten in der Nacht. Ich hatte mich an ihren Leuten vergriffen.
Ungeheuer fraglich, ob sie es mir verzeihen würde.
    Ich trank weiter. Tessa schlief
mit nassen Augen. Als ich den letzten Schluck nahm, hatte ich wieder das
verdammte Gefühl, zu dritt auf diesem Grundstück zu sein.
    Es war jemand in der Nähe.
    Nicht viel zu machen. Es war
stockdunkel, und ich kannte die Gegend nicht genau. Meine Pistole hatte ich
nicht dabei. Es empfiehlt sich nicht, nach England eine Schußwaffe mitzunehmen.
Blieb Tessas Messer. Ich hob es auf und ging durchs Haus. Ivy Cottage ist ein
netter Platz bei Tag. Nachts kann er unheimlich werden, und mich überfiel die
Furcht plötzlich, trotz des Whiskys, den ich in mir hatte. Es war nicht das
stille Haus und Tessa, die mich hatte umbringen wollen. Auch nicht unbedingt
der Eindruck, daß jemand herumschlich. Aber an Hand dieses Eindrucks kam das
Gefühl, irgend etwas wäre vielleicht faul an meinem ganzen Plan und hätte nicht
geklappt.
    Ich ging ins untere Stockwerk,
öffnete alle Türen und machte Licht überall. Was hatte ich vorgehabt? Tessa zu
heiraten und an ihr Geld zu kommen ohne lästige Teilhaber. Alles gut bisher.
Tessas Reaktion unter LSD, gut, konnte passieren, auch ohne Rauschgift würde
sie noch manchen Unsinn inszenieren. Aber sie liebte mich, das machte mich
sicher.
    Weiter. Aller Verdacht auf den
Alten. In Ordnung. Als Polizist würde ich ihn verhaften, wenn er nicht tot
wäre. Die richtige Lösung, hundertmal hatte ich es in meinem Schädel hin und
her gewälzt. Wo war der verdammte Fehler? Warum war jemand hier?
    Vielleicht war gar niemand
hier.
    Nur mein überhitztes Gehirn
hatte Schatten gesehen, die nicht da waren. Ich hatte zuviel nachgedacht, und
jetzt gingen die Gedanken mit mir durch.
    Alles war still und leer. Ich
ging in den Keller und hielt das Messer vor mich hin wie ein

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