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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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doch was sehr
Feines«, sagte Peters.
    Der Rum brannte auf meiner
Zunge und lief heiß in deinen Magen. Ich kam zu mir. Vera hielt mir die leeren
Gläser hin.
    »Sei so gut, bring sie wieder
raus, ja? Gibt’s nachher noch einen?«
    »Nachher gibt’s noch einen«,
sagte ich abwesend.
    Ich nahm die Gläser aus Veras
Hand. Das kalte Wasser lief über meine Hände, als ich sie draußen spülte, und
mir wurde besser. Ich ging ins Bad und wusch mich. Mein Gesicht war bleich und
feucht vor Schweiß. Ich rieb mir Kölnisch Wasser auf die Haut, bis sie sich
rötete.
    Was war ich nun?
    Ein kleiner, mickriger, feiger
Mörder.
    Was hätte ich tun sollen?
    Ich hätte rufen können: »Wenn
ihr tauscht, tausche ich auch!«
    Ich hätte Veras Glas genommen,
ihr meins gegeben, gehustet, den Inhalt verschüttet, irgend etwas getan.
    Ein anderer hätte das getan.
    Ich nicht. Ich blieb
unabänderlich der, der ich immer war. Ich stand hilflos da und sah, wie sie
trank.
    Es blieb nur eine Hoffnung:
Wenn ein Funken Gerechtigkeit in der Welt war, mußte Peters das tödliche Glas
ergriffen haben.
    Lieber Gott, dachte ich, gib,
daß es so ist! Vera kann nichts dafür! Gib, daß es so ist!
    Ich ging wieder zurück ins
Zimmer. Wir aßen.
    Nie werde ich diesen Abend
vergessen, solange ich lebe nicht. Mein Kummer, als Vera mir von ihrer Liebe zu
Peters erzählte, mein Schreck, als der alte Wilhelm mir im Keller der Apotheke
gegenüberstand, meine Bestürzung, als die Neumann hinter mir die Tür öffnete,
mein Entsetzen, als Jordan den Monitor aufstellte — alles war nichts gegen die
Höllenqual, lustig tun zu müssen, lustig tun, mit der marternden Ungewißheit
und der brennenden Furcht im Herzen, daß ich Vera gemordet hatte, die ich über
alles liebte, statt Peters, den ich mehr haßte als je zuvor.
    Stephan Butterweis, der
Amateurmörder.

XII
     
     
    Ich war früher im Institut als
sonst. Geschlafen hatte ich nicht. Eines war mir völlig klar: Wenn Peters das
Zeug im Körper hatte, mußten die Monitoren wild werden. Es konnte kaum viel
Zeit vergehen, bis es ihm auffallen würde. Dann wußte ich, woran ich war. Er
vielleicht auch.
    Ich schaltete meinen Zähler
ein. Als die Zahlen begannen, mit leisem Klicken vorwärts zu springen, hielt
ich die Kuppen meines rechten Zeigefingers und Daumens vor das Glimmerfenster
des Zählrohrs. Das Werk fing an zu schnurren. Gestern hatte ich keine Zeit
gehabt, meine Finger zu schützen, als ich die’Flasche anfaßte. Spuren des
Strontiums haftete auf meiner Haut.
    Ich drehte an den Wasserhähnen
des Beckens und scheuerte meine Finger mit der Bürste, Zentimeter um
Zentimeter.
    Ich dachte an Vera. Sie
arbeitete, sorglos und glücklich. Sie dachte an Peters, hatte vielleicht den
Tod im Leib und wußte es nicht. Ich trocknete mich ab. Dann schrieb ich auf der
Maschine einige Briefe, Schlußberichte über entlassene Patienten. Als ich
fertig war, begann ich zu rauchen.
    Ich hätte unten Messungen mit
dem neuen Zähler machen sollen. Ich war nicht aufgelegt.
    Mit Beschämung und hilfloser
Wut fühlte ich, daß ich nicht der Mann war, das alles durchzustehen. Es war
zuviel für mich.
    Ich saß und wartete. Die hellen
Rechtecke des Sonnenlichts auf der Schreibtischplatte wanderten langsam weiter.
Hinter mit tickte das Zählwerk, als wollte es mich jede Sekunde an mein
Verbrechen erinnern. Peters kam nicht. Er rief auch nicht an. Es wurde elf Uhr.
Ich nahm die Briefe mit und ging hinauf.
    Er saß wie gewöhnlich auf
seinem Platz am Fenster. Die Tasse stand vor ihm. Er wandte sich mir zu, lachte
und begrüßte mich. Ich sah an ihm vorbei auf den neuen Monitor. Er war
eingeschaltet. Er tickte leise, im Leerlauf, ohne Hast. Keine Spur von
Strahlung war im Raum.
    Ich trat näher und legte die
Briefe vor Peters hin.
    »Guten Morgen. Nur gegenzeichnen.«
    Peters’ Blicke musterten mich.
    »Na? Bißchen blaß heute.
Schlecht geschlafen?«
    »Habe zuviel getrunken für mein
Gewicht«, sagte ich mühsam lächelnd. »Wie geht’s Ihnen?«
    »Oh, ich kann nicht klagen.«
    Er las die Briefe flüchtig und
unterschrieb.
    »Gut. Haben wir noch etwas?«
    »Nichts«, sagte ich. Ich sah
unverwandt auf den Apparat.
    Peters saß einen halben Meter
vom Zählrohr entfernt. Es hätte rasen müssen bei dieser Dosis.
    Nichts. Seine Augen folgten
meinem Blick.
    »Geht er gut?« fragte ich.
    »Ausgezeichnet.«
    »Freut mich.«
    »Ich nehme noch mehr davon. Die
alten tauschen wir nach und nach um.«
    »Herr Jordan wird noch
Millionär

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