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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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werden«, meinte ich.
    »Er ist es schon«, erwiderte
Peters. »Wir haben den falschen Beruf.«
    Ich hielt meinen Zeigefinger
vor das Rohr. Das Ticken beschleunigte sich.
    »Nicht ganz sauber, was?«
    »Jod«, sagte ich. »Vom
Abfüllen. Ich muß noch mal scheuern.«
    »Würde ich Ihnen auch raten.«
    »Auf Wiedersehen«, sagte ich.
»Schönes Wochenende.«
    »Gleichfalls. Ich gehe in einer
halben Stunde. Wenn noch etwas kommt, nehmen Sie es bitte entgegen.«
    »Ist in Ordnung«, sagte ich.
    Meine Schritte hallten auf dem
Flur.
    Vera hat das Glas genommen,
dachte ich. Er hat nichts. Es kann nicht anders sein. Vera wird durch meine
Hand sterben.
    Unten hockte ich mich in den
Stuhl und starrte vor mich hin.
    Was konnte ich tun?
    Es gab kein Mittel, das
Strontium aus dem Körper herauszubringen. Alles war viel zu spät. Es war längst
resorbiert und befand sich im Kreislauf. Es würde sich in den Knochen ablagern,
jeden Tag, unaufhaltsam, tödlich. Ich überlegte, ob es möglich wäre, daß Peters
doch den richtigen Cocktail erwischt hatte. Vielleicht überschätzte ich die
Stärke der Strahlung. Vielleicht war die Entfernung zu groß, um sie nachweisbar
werden zu lassen. Aber das war Unsinn. Es konnte nicht sein. Schon die geringen
Dosen von aktivem Jod, die wir unseren Patienten zum Schilddrüsentest
einspritzten, genügten, um die Impulszahlen ansteigen zu lassen, wenn das Rohr
lief und der Patient den Raum betrat. Es konnte nicht sein.
    Ich ging zum Telefon und wählte
die Nummer der Kinderklinik. Die Pforte meldete sich.
    »Bitte Fräulein Doktor Ring.
Station drei.«
    Ich wartete. Erst kam eine
Schwester, dann Vera.
    »Tag, Vera«, sagte ich. »Ich
wollte mal anfragen, wie es dir geht. Und mich bedanken für gestern.«
    »Das ist aber nett! Wie fühlst
du dich denn?«
    »Dicke Birne. Bleich und übel.«
    »Du armes Opfer!«
    »Es war wirklich ein schönes
Fest«, sagte ich. »Hast du noch viel zu tun?«
    »Nicht mehr. Nur noch ein paar
Eintragungen.«
    »Wollen wir zusammen
runtergehen?«
    Sie zögerte nicht. Sie war
nicht mit Peters verabredet.
    »Ja, fein. Wann bist du
fertig?«
    »Etwas muß ich noch tun. Kannst
du bei mit vorbeikommen?«
    »Ja. Mach’ ich. So gegen halb
eins.«
    »Wiedersehen, Stephan.«
    »Schön. Ich warte auf dich. Bis
dann.«
    Sie hängte ein.
    Ich wartete bis Viertel nach
zwölf. Dann schob ich das große Stativ mit dem abgeschirmten Zählrohr näher an
den Stuhl heran, der an der linken Seite des Schreibtisches stand. Ich
schwenkte den Bleischirm herum und fuhr ihn herunter, bis er in Höhe der
Sitzfläche war. Es war gar nicht auffällig. Es sah aus, als wäre ein Patient
gemessen und das Stativ noch nicht an seinen alten Platz gerückt worden.
Unordnung herrschte oft bei uns. Vera würde nichts merken. Ich schloß das Kabel
an das Zählrohr an. Den Lautsprecher schaltete ich ab und verband dafür unseren
Kurvenschreiber mit dem Zählwerk. Ein Stift registrierte die Impulszahlen auf
einem Papierband, das langsam weiterwanderte. Alle Schwankungen waren sofort zu
erkennen.
    Ich legte den Schalter herum.
Die Kontrollampen glühten auf. Unhörbar lief die Papierrolle an. Der Stift
zitterte und zog eine feine rote Linie zwischen die schwarzen Querstriche.
    Ich sah mich um. Der rechte
Stuhl war frei. Ich häufte einen Stoß Bücher auf die Sitzfläche. Vera mußte
also den linken nehmen. Dann war nichts mehr zu tun. Ich setzte mich und
wartete.
    Unsäglich langsam schlichen die
Minuten dahin.
    Um halb eins kam Vera. Ich
hörte ihren schnellen Schritt.
    »Tag, Mädchen«, sagte ich. »Bin
sofort fertig. Setz dich einen Moment.«
    Ich führte sie zum linken Stuhl
und beugte mich wieder über eine Anstiegsmessung, die ich vor mich hingelegt
hatte. Vera redete, lachte, neckte mich. Ich verstand nichts. Ich hörte nichts
als das drohende Wispern des Zählers, der zu unheimlichem Leben erwachte. Eine
Hand aus Eis schloß sich um mich. Vera sendete Strahlen aus.
    Vera mußte sterben.
    »Wunderbar war es«, sagte sie.
»Junge, hattest du schnell einen sitzen! Du warst ja eher blau als ich. Aber
dein Cocktail war prima. Ich trinke jetzt nur noch diesen. Claus auch.«
    Ja, mein Cocktail war prima.
Der Zähler knisterte. Mein Cocktail war prima. Ein wunderbares Fest.
    Sie legte ihre Hand auf meinen
Arm.
    »Du warst nett zu Claus. Ich
bin dir so dankbar, Stephan. Ich hatte Angst, es würde nicht gutgehen.«
    Die eisige Hand griff durch
mich hindurch und zu meinem Herzen.
    »Du siehst wirklich

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