4 Meister-Psychos
nachdenklich
da. Die Geschichte war verfahren. Mit dem Kaffee konnte ich es nicht noch
einmal versuchen. Das konnte zu leicht auffallen. Und Peters hatte den neuen
Zähler im Zimmer. Es war zu gefährlich.
Alles wäre in Ordnung, wenn
Jordan nicht dazwischengekommen wäre. Neue Möglichkeiten beschäftigten mich.
Ich erwog sie, verwarf sie wieder, noch als ich längst zu Hause war und zu
schlafen versuchte.
Den ganzen Tag grübelte ich.
Ich fühlte mich matt und Erschlagen, konnte mich auf keine Arbeit konzentrieren
Und war froh, als der Dienst vorüber war.
Ich war eine Viertelstunde zu
Hause, als es läutete. Ich öffnete.
Vera stand auf der Schwelle.
Nie war sie mir so lieblich erschienen. Trotzdem konnte ich mich nicht freuen.
»Na, du machst ein so trauriges
Gesicht!«
»Guten Abend, Vera«, sagte ich.
Wir setzten uns ins Zimmer.
»Hör zu, Stephan. Wir sprachen
doch von einem Fest. Ich möchte eins geben. Bei mir. Ich — ich möchte euch
beide einladen. Bei dieser Gelegenheit sprechen wir uns aus. Dann ist alles
klar. Es gibt keine Heimlichkeiten mehr. Kommst du?«
Mit ihm ein Fest feiern!
Offizielle Mitteilung: Vera
gehört mir, Herr Butterweis. Wünschen Sie mir nicht Glück? Wollen wir einen
darauf trinken?
Trinken? Sagten Sie trinken,
Herr Peters?
Doch, ich wollte etwas mit ihm
trinken! Mit Vergnügen!
»Wann soll es sein?« fragte
ich.
»Freitag in acht Tagen! Du, es
wird bestimmt nett. Wenn du nicht mitmachst, bin ich ganz traurig.«
»Ich komme«, sagte ich.
Sie umarmte mich.
»Das ist nett, Stephan. Ich
sorge schon dafür, daß ihr euch vertragt. Kommst du mit ihm aus? Hat es irgend
etwas gegeben?«
Ich dachte an gestern.
»Nichts. Geht alles gut.«
»Na, siehst du! So ist es doch
viel besser.«
»Natürlich«, sagte ich.
»Verlobt ihr euch bald?«
Ein Schatten überflog ihr
frisches Gesicht.
»So eilig ist es nicht.«
»Wem ist es nicht so eilig?«
Sie antwortete nicht. Bald
darauf ging sie.
Ich blieb am Fenster stehen und
blickte ihr nach. Freitag in acht Tagen.
Das Schicksal entschädigte mich
für den gestrigen Tag.
XI
Am Mittwoch vor Veras Fest fand
ich die Gelegenheit, neues Strontium abzufüllen. Die Flasche und die Büchse
hatte ich noch. Peters war früh gegangen. Am Mittwoch ging er immer früh, wie
ein praktischer Arzt.
Ich hantierte im Labor II in
gespenstischer Stille. Wieder nahm ich sechs Kubik ab. Jetzt war nicht mehr zu
übersehen, daß etwas fehlte. Ich überlegte, ob ich die Flasche mit dem Rest
wegwerfen und so tun sollte, als wäre sie nie dagewesen.
Dann aber kam mir eine bessere
Idee.
Ich füllte zwölf Kubik
destilliertes Wasser auf. Der Rest des Strontiums strahlte noch stark genug, um
die volle Aktivität vorzutäuschen. Peters müßte sehr genau nachmessen, wenn er
dahinterkommen wollte. Und es war fraglich, ob er jemals mit dem Strontium
arbeiten würde. Und außerdem — eine Reserve blieb mir noch.
Aber diesmal würde es keinen
Versager geben. Ich würde der Sieger sein. Auf Veras Fest. Während des Triumphes.
Am Freitagmittag kam Peters
herunter. Er setzte sich und sah mich an.
»Tja«, sagte er nach einer
Weile, »ich glaube, wir sind heute abend eingeladen.«
Ich nickte leichthin.
»Ich glaube auch.«
»Ja.« Er fuhr sich durchs Haar.
Zum erstenmal sah ich ihn mir gegenüber verlegen.
»Sie — wissen keinen Anlaß?«
Ich dachte an meine Abmachung
mit Vera.
»Ich weiß keinen Anlaß. Aber
auch ohne Anlaß feiere ich gern.«
Er stand auf. Irgend etwas war
ihm unbehaglich. Ich konnte mir denken, was es war.
»Na, dann sehen wir uns heute
abend.«
»Bestimmt«, sagte ich
freundlich. »Ich bin schon früher da. Muß mithelfen.«
»Aha, so. Ja. Ich bin da nicht
so geeignet. Also — bis dahin.«
»Bis dahin«, antwortete ich.
Um sieben war ich bei Vera.
Ich trug den Anzug, den ich an
meinem Geburtstag getragen hatte, an dem Tag, als sie von mir fortging.
Ich hatte Blumen. In meiner
Aktenmappe war eine Flasche Rum. Und die Bleibüchse mit dem Strontium.
Vera trug eine Schürze und
hielt ein Messer in der Hand, als sie mir öffnete. In der Küche sah es aus wie
in einem Verpflegungslager.
»Zieh dich aus, Herzchen«, rief
sie. »Kümmere dich um die Bowle. Angesetzt habe ich sie schon. Mit Kognak. Ist
das richtig?«
»Man kann es so machen«, sagte
ich. »Die Folgen sind entsprechend. Ich habe eine Rumflasche mit und werde
einen Aperitif machen, wie damals bei mir.«
»Wunderbar.«
»Sollen wir das alles
Weitere Kostenlose Bücher