4 - Wächter der Ewigkeit
Registrierungsmarke abgenommen?«
»Beruhige dich, Anton«, erwiderte Edgar friedfertig. »Als Gena die Lichten auf dem Boulevard angegriffen hat, hat er sich lediglich verteidigt. In Edinburgh … nun, das ist eine unschöne Geschichte. Aber in gewisser Weise kann selbst das als Notwehr betrachtet werden. Außerdem hat Gena keinen Tropfen von dem Jungen getrunken, es wäre ihm sogar unangenehm gewesen, bei einem Freund von Kostja. Deshalb hat er das ganze Blut verströmen lassen …«
»Und wie ist er dann zu einem Hohen geworden?«, wollte ich mit einem Blick auf Gennadi wissen.
Der Vampir öffnete kaum merklich den Mund, um seine Eckzähne zu entblößen. Und schüttelte den Kopf.
»In den Aufzeichnungen seines Sohnes hat er das Rezept für den Sauschkin-Cocktail entdeckt«, erklärte Edgar unerschütterlich. »Sicher, Genas Aufstieg war gesetzwidrig. Aber er musste dafür keine Menschen umbringen …«
»Bist du da sicher?«, fragte ich, während ich Gennadi im Auge behielt. Seine Eckzähne wuchsen weiter und weiter heraus. Wie wohl Schrödingers Katze reagieren würde, wenn man versuchte, mich durch ihren plüschigen Körper hindurch zu beißen?
»Ist es etwa nicht so gewesen?« Edgar streckte die Hand aus und langte mit festem Griff nach Gennadis Schulter. »Gibt es etwas, das ich über meinen Partner wissen müsste?«
»Er lügt«, behauptete Gennadi. »Er versucht, uns zu entzweien.«
»Das glaube ich nicht.« Nach wie vor hielt Edgar den Vampir bei der Schulter gepackt. Und anscheinend durchaus nicht locker. »Du bist ja so nervös, Gena. Beruhige dich doch.«
»Ich bin völlig ruhig«, presste der Vampir hervor.
»Hast du Menschen umgebracht?«, fragte Edgar gelassen. »Hat dir dein Sohn das Rezept vielleicht gar nicht gemailt?«
»Ich habe getötet«, gestand Gennadi. Erneut griff er nach der Flasche und schüttelte sie. »Aber das Rezept habe ich! Hier ist er drin, der Sauschkin-Cocktail. Die Mails habe ich erst nicht durchgesehen, danach stand mir wahrlich nicht der Sinn! Im Frühling habe ich dann den Brief gelesen, nur nutzte es mir da schon nichts mehr … Also, was willst du von mir?«
»In seiner Wohnung wurden fünfzig leer getrunkene Körper gefunden«, klärte ich Edgar auf. »Was meinst du, warum die Wachen heute alles mobilisiert haben? Selbst die Vampire sind bereit, Gena in der Luft zu zerreißen, denn sie kriegen fünf Jahre lang keine Lizenz mehr.«
»Geser ist mal wieder sehr moderat«, kommentierte Edgar. »Ich an seiner Stelle hätte zehn Jahre gefordert. Das ist eine Schande. Ich habe schon etwas in die Richtung geahnt. Was für eine Schande! So geht das nicht, Gennadi! Wir sitzen schließlich im selben Boot!«
»Auch weiterhin?«, wollte Gennadi wissen.
»Ja«, antwortete Edgar seufzend. »Was geschehen ist, ist geschehen … Weshalb hast du das getan?«
»Woher hätte ich wissen sollen, dass ihr euch mit mir zusammentut?«, antwortete der Vampir mit einer Frage. »Ich wollte mich an Anton rächen. Wie kann sich ein schwacher Vampir an einem Hohen rächen? Ich musste mich hocharbeiten. Er ist doch selbst schuld!«
Diese Rechtfertigung, so ging es mir durch den Kopf, würde wohl nie aus der Mode kommen. Und zwar nicht nur bei den Kräften des Dunkels, sondern auch beim ganz normalen Menschenpack.
Er ist doch selbst schuld! Er besitzt eine Wohnung, ein Auto und ein teures Handy, während ich mit bloß drei Rubeln, chronischem Alkoholismus und einem tüchtigen Kater am Morgen dastehe. Deshalb habe ich mit dem Ziegelstein im Tordurchgang auf ihn gelauert, den Bürger Chef … Sie hat lange Beine, ist siebzehn Jahre und mit einem attraktiven Mann liiert, während ich impotent bin, ein Pornoheft unterm Kopfkissen verstecke und wie ein Gorilla aussehe. Da musste ich mich doch im Eingang auf sie stürzen, als sie nach Hause kam, singend, die Lippen heiß von Küssen … Er hat eine interessante Arbeit, macht Geschäftsreisen in alle Welt und genießt einen guten
Ruf, während ich auf ein gekauftes Diplom zurückblicke, unter seiner Leitung eine niedere Tätigkeit ausübe und chronisch faul bin. Nur deshalb habe ich es so gedeichselt, dass er der Veruntreuung angeklagt und aus der Firma rausgeschmissen wird.
Sie sind doch alle gleich, Menschen und Andere, die nach Ruhm, Geld und Blut gieren und entdeckt haben, dass der kürzeste Weg immer ein dunkler Weg ist.
Immer stört sie jemand, immer ist jemand an etwas schuld.
Als Gennadi Sauschkin seinen kleinen sterbenden Sohn
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