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4 - Wächter der Ewigkeit

4 - Wächter der Ewigkeit

Titel: 4 - Wächter der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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retten wollte, hat er vermutlich wirklich etwas Gutes gewollt. Nicht aus ganzer Seele, denn er hat keine Seele. Aber sein Verstand und sein Herz wollten sich nicht mit Kostjas Tod abfinden. Genauso wie er sich jetzt nicht mit der Situation abfinden wollte. Und der dunkle Weg schien so kurz und nah …
    Lange konnte er eine Grenze entlangbalancieren – falls ein Vampir diese Grenze überhaupt noch kennt. Indem er nicht mordete. Indem er sich bemühte, ein ehrliches und gutes Leben zu führen. Was ihm sogar glückte. Und Kostja hatte er fast zu einem Menschen erziehen können.
    Doch die kurzen Wege unterscheiden sich eben dadurch von den langen, dass für die Benutzung eine Gebühr zu entrichten ist. Bei dunklen Wegen wird der Preis jedoch gern erst am Ende des Weges genannt.
    »Stellt dich seine Erklärung zufrieden?«, fragte ich.
    »Ich bin enttäuscht«, erwiderte Edgar. »Aber ändern kann man das jetzt nicht mehr.«
    »Es gibt Dinge, die kann man nicht ändern«, stimmte ich ihm zu.
    In Gedanken fügte ich noch hinzu: Aber es gibt auch solche, die sich ändern lassen. Hinter dem Zwielicht-Schalter der Zollkontrolle in Edinburgh stand niemand. Es lagen einige Blankoformulare und sogar ein
    Suchamulett aus, das in einem gleichmäßigen trüben weißen Licht leuchtete: Als Letzter war hier ein Lichter durchgegangen. Angestellte gab es nicht. Oder kamen sie mit nur einem Angestellten aus? Schließlich dürfte hier kaum viel Arbeit anfallen.
    Edgar zog mich ins Zwielicht. Nach wie vor konnte ich keine Magie anwenden, da meinen Hals immer noch Schrödingers Katze umgürtete, wobei das verfluchte Ding ab und an seine Krallen in mich grub. Kurz sah ich zu Gennadi hinüber -wandte mich jedoch sofort ab. Ein reizender Anblick! Was hatte Sebulon von den Menschenkindern gesagt, die so gern Vampir spielten? Man müsste ihnen einmal zeigen, wie ein echter Vampir aussieht. Die Wangen von Geschwüren zerfressen, erdiggraue Haut, trübe, leere und fahle Augen, die an gepellte, hart gekochte Eier erinnern.
    Wir passierten den Schalter und bogen in einen der Gänge ein, die dem Personal vorbehalten waren, indem wir durch eine in der realen Welt geschlossene Tür traten. Auf diese Weise gelangten wir in einen kleinen Raum, der entweder völlig trist möbliert war oder bei dem es sich um ein Lager für ausgedientes, aber offiziell noch nicht ausgemustertes Gerümpel handelte: Stühle mit verbogenen Rückenlehnen und kaputten Beinen, Regale mit staubigen Schachteln und Gläsern, Teppichballen in gedeckter Farbe.
    Edgar packte mich an der Schulter, um mich in die reale Welt zu ziehen. Ich nieste. Garantiert sammelte man hier alten Kram. Ich blinzelte, um mich an das schummrige Licht zu gewöhnen, denn vor den Fenstern waren die Jalousien heruntergelassen. Und schmunzelte. Alles klar, ich hatte richtig gelegen.
    In dem Stuhl, der noch am besten erhalten war, saß eine schöne schwarzhaarige Frau. Die schlichte Alltagskleidung -Hose und Bluse – wirkte völlig unangemessen an ihr. Ein langes Kleid, das ihre Weiblichkeit unterstrich, etwas Luftiges, Weißes, Halbtransparentes oder gar nichts – das wäre passend gewesen.
    Obwohl … sie konnte anziehen, was sie wollte, sie sähe immer gut aus. Sogar in der Kluft einer Pennerin.
    Sofort war ich wieder von ihr hingerissen. Wie beim ersten Mal, als sich unsere Wege gekreuzt hatten.
    »Guten Tag, Arina«, begrüßte ich sie.
    »Guten Tag, Zauberkundiger.« Sie streckte mir die Hand hin, deren Innenfläche ich mit den Lippen berührte.
    Obwohl ich sie bereits in der Zwielicht-Gestalt gesehen hatte.
    Obwohl ich wusste, dass dieser prachtvolle, lebensprühende und gesunde Körper nur in der Menschenwelt existierte.
    »Du wunderst dich ja gar nicht«, bemerkte Arina.
    »Kein bisschen«, bestätigte ich kopfschüttelnd.
    »Er hat es gewusst«, mischte sich Edgar ein. Seinem Tonfall entnahm ich sofort, dass er in diesem Trio nicht das Sagen hatte. Vielleicht hatte er die ganze Sache eingerührt. Zudem dürfte er die Ewige Wache mit Kampfmagie ausgestattet haben. Doch der Chef war Edgar nicht.
    »Hat Swetlana es erraten?«, wollte Arina wissen.
    »Wir sind zusammen darauf gekommen«, erklärte ich. »Du bist jetzt eine Lichte, oder? Entschuldige, ich will mir deine Aura lieber nicht ansehen … auf meinen Schultern schlummert ein kleines Kätzchen.«
    »Ja«, erwiderte Arina gelassen. »Das wusstest du auch schon, oder? Dass Große die Farbe wechseln können?«
    »Merlin hat sie auch

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