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4 - Wächter der Ewigkeit

4 - Wächter der Ewigkeit

Titel: 4 - Wächter der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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bei unbelebten Objekten rein gar nichts. Die ganze Wand kriegte einen leichten magischen Schild, mit dem sie dem MPi-Beschuss fünf Minuten würde standhalten können. Natürlich würden die Angreifer bemerken, dass etwas nicht stimmte. Aber uns blieb keine Möglichkeit mehr, völlig unbemerkt zu verschwinden.
    Ins Zwielicht traten nacheinander die beiden Dunklen. Sie hatten mit dem Rücken zur explodierenden Granate gestanden. Der Höhere wollte sofort etwas durchs Fenster werfen, doch ich packte ihn beim Arm.
    »Was hast du da?«
    Lächelnd bleckte er seine langen schiefen Zähne. Was sollte man dazu sagen?! Immerhin war er doch ein Dunkler, wenn auch ein gewöhnlicher, schwacher Dunkler – und dann so ein Gebiss!
    »Sie werden sich in die Hosen machen. Ein bisschen.«
    »Los«, gestattete ich. »Aber nicht hier, deck deine Seite!«
    Dann trat Timur ins Zwielicht, ihm folgte Alischer, der Murat hinter sich herzog. Nur Nodir rieb sich die Augen und wusste nicht, wie ihm geschah, weil er stärker als die Übrigen erblindet war.
    »Lass uns Afandi holen. Alischer!«, schrie ich.
    Wir traten an den Alten heran, der nach wie vor am Tisch saß und nur daran interessiert war, sich direkt aus einer unangebrochenen Kognakflasche einen hinter die Binde zu kippen.
    »Bei zwei«, sagte ich. »Eins, zwei …«
    Wir sprangen aus dem Zwielicht heraus, packten Afandi unter den Armen und hoben ihn vom Stuhl. Mit der freien Hand gelang es mir noch, mir die Tasche mit meinen Sachen zu schnappen und mir den Riemen über die Schulter zu schieben. In unseren Ohren dröhnten die MPi-Salven, prasselten die vom Schild abprallenden Kugeln, vor den Fenstern züngelte eine glutrote Flamme. Mit einer geschickten Bewegung schaffte es der Alte, einen weiteren Schluck zu trinken – und zwar genau in dem Moment, als wir ihn ins Zwielicht zogen.
    »Heh!«, rief er enttäuscht. Denn die Flasche war in der normalen Welt geblieben, Afandis Hand schloss sich jetzt ums Nichts. »Heh, das Stöffchen verdirbt doch!«
    »Großväterchen, wir sollten uns jetzt nicht um Lebensmittel kümmern«, beschwichtige ihn Alischer mit unvorstellbarer Geduld. »Feinde haben uns angegriffen, wir müssen fliehen!«
    »Den Feinden werden wir nicht weichen!«, rief Afandi munter. »In den Kampf!«
    Schließlich kam auch Nodir ins Zwielicht. Ich betrachtete mein improvisiertes Heer: vier schwache Lichte, zwei schwache Dunkle, der auf den Moskauer Straßen erprobte Alischer und als Ballast Afandi. Hm … es hätte schlimmer kommen können. Selbst wenn sich irgendwo in der Nähe diese Hohen versteckten, die in Schottland gewesen waren, könnten wir ihnen einen ordentlichen Kampf liefern.
    »Weg hier!«, befahl ich. »Alischer, du kümmerst dich um Afandi! Valentina, Timur – ihr geht zuerst! Alle sollen den Schild des Magiers aufstellen!«
    Wir verschwanden direkt durch die Wand. In der zweiten Zwielicht-Schicht hätten wir sie nicht mehr zu entdecken vermocht. In der ersten existierte sie jedoch noch und widersetzte sich sogar der Bewegung. Doch mit Anlauf kann man in dieser Schicht fast jeden materiellen Gegenstand durchbrechen.
    Es gelang uns auch. Nur Afandi blieb mit dem Bein hängen und zappelte lange damit in der Wand herum, bis er unter Zurücklassung eines Turnschuhs dann doch durchkam. Der Schuh würde jetzt in der ersten Zwielicht-Schicht hängen und langsam, im Laufe mehrerer Monate, vermodern. Einige besonders sensible Menschen würden ihn aus den Augenwinkeln heraus sogar bemerken … Natürlich nur, falls das Gebäude nach dem Sturm überhaupt noch stehen würde.
    Auf der Seite, auf der wir herauskamen, war die Umzingelung schwächer. Fünf MPi-Schützen starrten auf die Brandmauer, ganz offensichtlich ohne zu wissen, warum sie hier postiert waren. Zwei waren allerdings mit Zaubern behangen und entdeckten uns. Keine Ahnung, wie wir jetzt aussahen: wie normale Menschen, die durch eine Mauer springen, oder wie gespenstische Schatten. In jedem Fall spiegelte sich auf den Gesichtern der Schützen keine Freude wider, sondern nur Angst und die Bereitschaft zu schießen. Valentina verstand ihr Geschäft wirklich: Ihr Zauber beschwor keinen sichtbaren Effekt herauf, doch die tadellose Kalaschnikow in den Händen des Soldaten verweigerte mit einem Mal den Gehorsam. Timur schoss einen Fireball durchs Zwielicht, mit dem er den Lauf des Gewehrs abfackelte.
    Vergebens!
    Gewiss, diese beiden konnten nicht mehr auf uns schießen. Doch ihre Genossen, die uns selbst nicht

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