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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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willst also sagen, daß –“
    „Sagen?“ fiel ihm Gräßler in das Wort. „Ich will mehr als sagen; ich will eenen logisch richtigen Beweis führen.“
    „Du, Anton?“ fragte Thomas. „Woher beziehst du denn das Ding, welches du Logik schimpfst?“
    „Malträtiere mich nich, Heinrich! Sollte 'mal Schulmeester werden und habe es wirklich wegen Überflusses an Dummheit sogar bis zu einer vierteljährigen Tortur im Proseminar gebracht. Und von dieser selbigen Zeit her schreibt sich meine unübertreffliche Virtuosität im Schlüsseziehen.“
    „Na, so ziehe 'mal!“
    „Gut. Der Obersatz heeßt: Een Baron darf keen Ohrfeigengesicht haben.“
    „Weiter.“
    „Der Baron hat aber een Ohrfeigengesicht.“
    „Folglich, Anton?“
    „Folglich, folglich – ja, zum Teufel, folglich darf een Baron doch keen Ohrfeigengesicht haben.
    Seid doch so gut“, fuhr er, als die beiden anderen über diesen sonderbaren Beweis lachten, fort, „seid doch so gut und macht euch nich über mich lustig. Du hast mich mit deinem ‚weiter‘ und folglich' ganz aus dem Konzept gebracht. Mach's besser, wenn du's kannst. Beim Schlüsseziehen wird man ganz konfus; wenn andere dreinreden!“
    „Du wolltest sagen“, begütigte ihn Winter, „wer ein Ohrfeigengesicht hat, der ist kein Baron; der Säumen hat aber ein solches, folglich –“
    „Ja, folglich is er keen Baron. So wollte ich sagen. Du bist een tüchtiger Kerl, Emil; ich hab's ja immer gewußt! Horch! Was war das?“
    Ein entsetzlicher Krach hatte in diesem Augenblick die Luft erschüttert, so daß die Fenster zitterten und der Boden unter ihren Füßen zu wanken schien. Winter riß die Tür auf und eilte auf die Straße. Die anderen folgten.
    Sie waren es nicht allein, welche die Wißbegierde über den Ort und Grund der Explosion auf die Straße gelockt hatte. Aus allen Türen stürzten die Bewohner der Häuser und forschten nach der Richtung, in welche sie sich zu wenden hatten, um Näheres zu erfahren. Der eine mutmaßte das, der andere jenes; aber keiner wußte etwas Gewisses.
    „Ich möchte nur in aller Welt wissen“, meinte Thomas, „was das für een Schuß gewesen is!“
    „Wenn du an eenen Schuß globst, so kannst du dir off dein Gehör gerade so viel einbilden, wie ich mir off meine Logik. Een Schuß hat keen solches Geprassel und Gepolter im Gefolge. Ich denke vielmehr, daß da draußen in den Felsenbrüchen 'ne Wand eingestürzt sein wird.“
    „I, warum nich gar! So 'ner Wand wird das im ganzen Leben nich einfallen. Die hält ja für zehn ganze Ewigkeeten.“
    „Na, alter Junge, mache nur een paar weniger! Wo alle Wochen drei, viermal gesprengt wird, da is' wirklich keen Wunder, wenn's endlich mal kopfüber und kopfunter geht. Es darf ja nur een Bohrloch falsch getrieben oder die Ladung zu stark abgemessen werden, so purzelt alles zusammen.“
    „Ich glaube auch, daß es eher in den Felsenbrüchen als sonst wo anders gewesen ist“, nahm jetzt auch Winter das Wort. „Zwar weiß ich nicht, ob heute Arbeiter draußen beschäftigt sind, aber es muß doch so sein, und bei der ungewöhnlichen Stärke des Sprengschusses ist der Gedanke an ein mögliches Unglück jedenfalls nicht unbegründet. Ich eile hinaus. Geht ihr mit?“
    „Meinswegen! Gearbeitet wird heut' sowieso nich, und da ist es mir alleweile ganz und gar egal, off welchem Grund und Boden ich mir die Langeweile vertreibe. Loof also nur zu, Emil. Komm mit, Heinrich!“
    Mit langen, raschen Schritten voranschreitend, blickte er nach einer Weile zurück, um zu sehen, ob die beiden anderen ihm auch folgten. Und als er bemerkte, daß sie sich dicht hinter ihm hielten, fuhr er fort:
    „Bin zwar schon 'mal draußen gewesen, heut' morgen; tut aber nichts.“
    „Was hast du denn so bei Zeiten im Freien gewollt, wenn du so spät erst heeme gekommen bist?“
    „Ich bin eenmal een verkehrter Kerl. Geh ich bald zu Bette, so wache ich späte off, un gehe ich spät zu Bette, so wache ich balde off. Und wenn ich eenmal off bin, so leidet mich's ooch nich unter der Decke; ich muß 'raus. Gibt's ooch keene Arbeit im Hause, so gibt's doch draußen immer was zu tun, und wenn's nur wäre, daß mer 'mal nachsieht, wie sich heuer die Erdäpfel anlassen werden.“
    „Ach so, du hast ja dein Feld da droben über den Brüchen.“
    „Ja. Übrigens bin ich nich der eenzige gewesen, der oben rumgekrochen is. Unser Baron scheint ooch een Freund von Morgenkühle zu sein. Er kam aus dem untersten Bruche, als ich den

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