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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Seitensteg noffging.“
    „Was muß denn der da drin zu tun haben?“
    „Weeß es nich. Erst dachte ich, er hätte een Bohreisen in der Hand, aber es wird wohl der Spazierstock gewesen sein. Und off dem Heemwege begegnete mir deine Königin, Emil. Se machte mir eenen freundlichen Knicks und fragte mich, ob der Altan schon besetzt sei.“
    „Der Altan droben über dem obersten Bruch?“ fragte Winter erschrocken.
    „Ja. Du weeßt wohl noch nich, daß se da droben der schönen Aussicht wegen ihren Stammplatz hat?“
    „Lauft schnell, um Gottes willen, lauft schnell!“ rief der Essenkehrer jetzt und stürmte mit fliegender Hast den anderen voran.
    „Na, na, na, na, alter Junge. Derwegen braucht dir die schöne Aussicht nich so in die Beene zu fahren. Wenn se noch droben ist, so treffen wir se jedenfalls, ooch wenn wir uns nich so ganz und gar außer Atem loofen.“
    „Kommt nur, kommt! Es handelt sich ja gar nicht um das Antreffen, sondern um das Unglück, welches hier geschehen sein kann.“
    „Ach so. Alle Wetter, du hast recht. Wenn der Knall in den Brüchen losgegangen is, so kann – na, wenn ihr meine Weisheet alleweile nich anhören wollt, so looft meinswegen immer zu!“
    Der Weg hob vor der Stadt steil an und führte durch eine Reihe von Steinbrüchen, deren oberster seit langer Zeit nicht mehr bearbeitet wurde und den Zielpunkt vieler Spaziergänger bildete.
    Seine senkrecht und turmhoch emporstarrenden Wände waren von zahlreichen Sprüngen zerrissen und zerklüftet. Die hölzerne Schutzwehr, welche seinen steil abfallenden Rand umgab, war verfault und vermodert und existierte fast nur dem Namen nach: trotzdem aber gab es Leute, welche den gefährlichen Ort gern besuchten, weil man von ihm aus einen weiten Fernblick in das rundum und weit hinaus liegende Land tun konnte.
    Am häufigsten war die wilde Polin hier zu sehen. Ihrem ungewöhnlichen Charakter behagte der Ort gerade der Gefahr wegen, und aus ebendemselben Grund faßte sie gewöhnlich an derjenigen Stelle Posto, welche von den anderen am sorgfältigsten vermieden wurde.
    Es war das der sogenannte ‚Altan‘, ein weit hinausgehender Felsenvorsprung, welcher fast jeden Haltes entbehrte und zu der Verwunderung darüber berechtigte, daß er nicht längst schon in die gähnende Tiefe hinabgestürzt sei. Zwar war der Zugang zu dem Ort streng verboten; aber Wanda kannte keinen Grund, dieses Verbot zu respektieren, und freute sich, ein Plätzchen gefunden zu haben, auf dessen Alleinbesitz die Kühnheit ihr ein unbestrittenes Monopol gab.
    Als die drei Freunde in den untersten der Brüche einbogen, bemerkten sie eine Schar Städter, welche die gleiche Vermutung aus der Stadt getrieben hatte. Aber ohne das Herannahen dieser Leute abzuwarten, eilten sie vorwärts, zumal sie aus dem ungewöhnlichen Staubgehalt der Luft die Überzeugung nahmen, daß Gräßler sich nicht getäuscht habe.
    „Seht ihr's?“ rief Winter, als er um die letzte Ecke gesprungen war und das Chaos von Felsenstücken überblickte, welches vor ihm lag. „Der Altan ist heruntergestürzt und hat alles zerschmettert, was in seinem Weg lag. Wenn die Polin sich wirklich auf ihm befunden hat, so ist sie tot!“
    „Droben is se ganz sicher gewesen. Und nur für kurze Zeit hat se gewiß nich noff gewollt; denn sie hatte ihre Zeichenmappe unter dem Arme. Wir müssen suchen.“
    Sofort und mit Eifer gingen sie an das Werk, und besonders war es Emil, welcher von Felsen zu Felsen flog und mit Riesenkraft die Steine auseinanderriß, um eine Spur der Gesuchten zu entdecken. Er war von einer Seelenangst erfüllt, wie er sie im Leben noch nie empfunden hatte. Er bemerkte nicht, daß ihm die Hände bluteten und die Kleidung von dem scharfkantigen Gestein zerrissen und zerfetzt wurde; finden, nur finden wollte er; einen anderen Gedanken gab es für ihn nicht. Und selbst als die übrigen ankamen und noch andere nachströmten, hatte er für sie weder Blicke noch Worte und ruhte nicht, bis auch das letzte Trümmerstück davongewälzt und damit die Überzeugung gefunden worden war, daß Wanda hier nicht zu finden sei.
    „Laß es itzt gut sein, Emil“, mahnte Thomas. „Se kann nich droben gewesen sein, sonst hätten wir wenigstens etwas von ihr bemerkt.“
    „Aber se is ooch nich derheeme“, antwortete der hinzutretende Schmied. „Ihr Wirt is da; der weeß es ganz gewiß, daß se off dem Altan hat zeechnen wollen.“
    „Se kann doch ooch wo anders hingegangen sein.“
    „Wir müssen Klarheit

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