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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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irgendeiner Unvorsichtigkeit hinreißen lassen. Und dieser Augenblick kam endlich auch. Alle Glieder der Bande wurden gefangen und verurteilt, selbst der schlaue Lithograph, und nur der Edelmann entging dem Arm, der sich nach ihm ausstreckte, und war trotz der eifrigsten Nachforschungen auch nicht wieder aufzufinden.
    Nach einiger Zeit nun verbreitete sich das Gerücht, der Lithograph sei aus dem Bicêtre, wo er inhaftiert war, entsprungen. Es wurde aller Orten nach ihm gefahndet und sogar ein Preis auf seine Attrapierung gesetzt, doch vergebens. Es war das zu der Zeit, in welcher ich meine Stellung antrat. Wie alle neuen Bürger des heiligen Polizeistaates war ich von dem Willen, alles zu wissen und alles zu können, erfüllt und warf mich mit einem wahren Heißhunger auf in- und ausländische Novitäten der Sünde und des Verbrechens.
    Der angegebene Fall erregte, da er sich auf zwei Deutsche bezog, mein lebhaftes Interesse, und als mir gar auf irgendeine Weise die Photographie des Lithographen zu Gesicht kam, träumte ich fast Tag und Nacht von den Mitteln, welche man anwenden müsse, um seiner habhaft zu werden. Freilich blieb es bei dem bloßen Traum; du kennst ja meine Stellung. Selbst wenn uns die Sache näher gelegen hätte, wäre ich nicht derjenige gewesen, den man mit der Lösung einer solchen Aufgabe betraut hätte.
    Da kam vor einigen Wochen der Professor in die Residenz, um seine aeronautischen Künste zu produzieren. Natürlich gab es da für uns viel zu tun, und es konnte nicht anders sein, als daß der Mann auch mir einmal zu Gesicht kommen mußte. Bei seinem Anblick nun war es mir sofort, als habe ich ihn irgendwo schon einmal unter ungünstigen Umständen gesehen. Ich sann nach und kam endlich zu der Überzeugung, daß er kein anderer als der Lithograph sei.
    Diese Meinung teilte ich natürlich meinem Vorgesetzten, dem Cousin eures Polizeirates mit, wurde aber einfach von ihm ausgelacht. Die Papiere dieses Mannes befanden sich ja in unserer Hand, und es war nicht das geringste an ihnen auszusetzen. Seine Aussprache des Deutschen, welche ich zur Begründung meiner Behauptung anführen konnte, lernte ich erst später kennen, und so fußte mein Verdacht nur auf einer Ähnlichkeit, die noch dazu nur in meinem Gedächtnis vorhanden war; denn die alte Photographie war nicht mehr zu haben, und eines unmotivierten Verdachtes wegen nach Paris zu berichten, das hätte uns die schönste Blamage zuziehen können.
    Und doch war ich fest überzeugt, mich nicht geirrt zu haben. Es blieb mir also nichts übrig, als auf eigene Faust zu handeln, und das tat ich denn auch. Ich beobachtete ihn unausgesetzt, ohne ihm freilich Gelegenheit zu geben, mich einmal zu erblicken; denn ich konnte ja nicht wissen, ob ich ihm nicht noch als Unbekannter gegenübertreten müsse. Aber alle meine Aufmerksamkeit war umsonst. Schließlich wurde es gar bekannt, daß er bald die Hauptstadt verlasse, um hierher zu gehen, und so war ich schon bereit, meine Hoffnung aufzugeben.
    Da kam dein Brief und munterte mich wieder auf. Zwar brachte er keine Bemerkung über den Professor; denn der war euch ja vollständig unbekannt; aber er bestimmte mich doch, hierher zu reisen, und es war mir somit Gelegenheit geboten, meine bisherigen Beobachtungen wenigstens noch eine kurze Zeit fortzusetzen; zugleich erregten deine Mitteilungen, daß der Baron in Paris einst falsche Banknoten ausgegeben habe, in mir den Gedanken an die Möglichkeit, daß dieser Baron jener Edelmann sein könne; denn die Zeitangaben stimmten überraschend zusammen.
    Ich ließ mir also wegen meiner angegriffenen Gesundheit einen Urlaub von einigen Wochen geben und reiste ab. Da wirft der Zufall oder das Glück, oder wie ich es nennen soll, den Professor in mein Coupé. Ich beschließe sofort, den Umstand zu benutzen, schlage auf den Busch, gebe mich für einen seiner ehemaligen Mitgefangenen aus, mache sein französisches Deutsch lächerlich und bringe ihn auch glücklich zum Geständnis.
    Mit allem Recht nun könnte ich den Mann jetzt festnehmen lassen; aber das Zusammentreffen mit dem Baron veranlaßt mich, noch zu warten. Meine vorhin gemachten Beobachtungen haben mich vollständig überzeugt, daß der letztere kein anderer ist als jener Falschmünzer, und ich habe die Absicht, durch Ansammlung des nötigen Materials oder durch Überraschung ihn zu überführen und so zwei Fliegen mit einem Schlag zu treffen.
    Dem Baron ist die Gegenwart des Professors jedenfalls recht

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