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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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da gibt's also doch noch was Neues für Euch. Werdet aber nicht ohne Lehrmeister sein; das ‚Blitzmädel‘ weiß die Dämme zu säubern.“
    Es war das erste Mal, daß er ein deutsches Wort zu mir sprach. Ellen hatte ihn also auf meine Nationalität aufmerksam gemacht. Auch Winnetou grüßte mich mit einem in seiner Art freundlichen „Howgh!“ und machte dann Ellen sein indianisches Kompliment:
    „Die Tochter Ribannas ist schön wie das errötende Gebirge und stark wie die Krieger vom Ufer des Gila. Ihr Auge wird viele Biber sehen und ihre Hand nicht tragen können die große Zahl der Felle.“ Und den Blick bemerkend, welchen ich, nach Swallow suchend, über das Tal warf, meinte er beruhigend: „Mein guter Bruder kann gehen, sein Freund wird sorgen für das Roß, welches auch besitzt die Liebe des Apachen.“
    Nachdem wir durch die Kluft gegangen waren, wandten wir uns, der Richtung, aus welcher wir gestern kamen, entgegengesetzt, nach links und schritten den Lauf des Wassers abwärts, bis wir an die Stelle gelangten, an welcher es sich in den Mankizila ergoß.
    Dichtes, fast undurchdringliches Gestrüpp bestand die Ufer des Flusses, und die Ranken des wilden Weins kletterten an den engstehenden Stämmen empor, liefen von Zweig zu Zweig, ließen sich, fest ineinander geschlungen, von oben hernieder, stiegen am nächsten Baum wieder in die Höhe und bildeten so ein Wirrwarr, in welches man sich nur mit Hilfe des Messers Eingang zu verschaffen vermochte.
    Sam, der Kleine war immer vor uns hergegangen, und seine vollbepackte Gestalt erinnerte mich lebhaft an die slowakischen Mausefallenhändler, welche sich drüben in meinem freundlichen Heimatstädtchen von Zeit zu Zeit sehen ließen. Trotzdem in der Nähe kein feindliches Wesen zu vermuten war, vermied sein großbeschuhter Fuß mit bewundernswerter Behendigkeit jeden Punkt, welcher eine Spur seines leisen Trittes zurückbehalten konnte, und die kleinen Äuglein streiften mit ununterbrochener Beweglichkeit bald rechts, bald links über die reiche Vegetation, welche trotz der späten Jahreszeit mit der Üppigkeit zu wetteifern vermochte, welche die jungfräulichen Bottoms des Mississippitales hervorbringen.
    Jetzt hob er einige Ranken in die Höhe und kroch, sich bückend, unter ihnen hindurch.
    „Kommt, Sir“, forderte Ellen, ihm folgend, mich auf. „Hier zweigt unser Biberpfad ab.“
    Wirklich zog sich hinter dem grünen Vorhange eine schmale, offene Linie durch das Dickicht, und wir schlüpften, immer parallel mit dem Fluß, eine ansehnliche Weile zwischen dem Baum- und Strauchgewirr hindurch, bis Sam bei einem halb knurrenden, halb pfeifenden Laut, welcher vom Wasser her vernehmlich wurde, innehielt und, sich zu uns wendend, die Hand an den Mund legte.
    „Wir sind da“, flüsterte Ellen, „und die Wache hat Verdacht geschöpft.“
    Nach einer Weile, während welcher die tiefste Stille in der Umgebung herrschte, schlichen wir wieder vorwärts und gelangten an eine Biegung des Flusses, welche uns Gelegenheit bot, eine ansehnliche Biberkolonie zu beobachten.
    Ein breiter, für einen vorsichtigen menschlichen Fuß gangbarer Damm war weit in das Wasser hineingebaut, und die vierfüßigen Bewohner desselben waren eifrig beschäftigt, ihn zu befestigen und zu vergrößern. Drüben am anderen Ufer sah ich eine Anzahl der fleißigen Tiere bemüht, vermittelst ihrer scharfen Zähne schlanke Stämmchen so zu durchnagen, daß sie in das Wasser fallen mußten; andere waren mit dem Transport dieser Bäume beschäftigt, die sie schwimmend vor sich herschoben, und noch andere beklebten den Bau mit fettem Erdreich, welches sie vom Ufer herbeibrachten und vermittelst der Füße und des breiten als Kelle gebrauchten Schwanzes an das Holz- und Strauchwerk befestigten.
    Mit regem Interesse betrachtete ich das Treiben des regsamen Völkchens und hatte ganz besonders meine Aufmerksamkeit auf ein ungewöhnlich großes Exemplar gerichtet, welches in wachsamer Haltung auf dem Damm saß und allem Anschein nach als Sicherheitsposten fungierte. Da plötzlich spitzte der dicke Kerl die Ohren, machte eine halbe Drehung um seine eigene Achse, stieß den schon erwähnten Warnungsruf aus und war im nächsten Augenblick unter dem Wasser verschwunden.
    Im Nu folgten die anderen nach, und es war höchst possierlich zu sehen, wie sie beim Untertauchen den Hinterkörper in die Höhe warfen und der Wasserfläche mit dem platten Schwanz einen Schlag versetzten, daß es weithin schallte und das

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