40 - Im fernen Westen
es Ihnen beweisen? Ich habe meinem roten Freund freies Geleit versprochen, und ich werde es ihm geben. Vorher erlauben Sie mir, an Ihrer Beratung mit teilzunehmen. ‚Tötendes Feuer‘ spricht nicht gut Englisch, und Sie verstehen die Dialekte der Sioux nicht genug; ein Dolmetscher ist notwendig. Beginnen wir also! Ob mit den Waffen oder mit der friedlichen Unterhandlung, das steht in Ihrem Belieben!“
Mancher wird in meinem Verhalten ein großes Wagnis erblicken, aber es war keins. Ich kannte meine Leute. Ein deutscher Major oder Oberstwachtmeister hätte mich ganz einfach ad acta heften lassen, die guten Yankees aber hatten vor meinem Trappernamen einen solchen Respekt, daß die Unterhandlung von neuem begonnen wurde, und dank der Mühe, welche ich mir gab, verzichtete der Häuptling auf die Sühne, welche er vor meiner Ankunft verlangt hatte; er hatte das Leben von achtzehn Weißen beansprucht, ein Weißer für jeden gefallenen Tetong; ich brachte es dahin, daß er achtzehn Karabiner verlangte, und sie wurden ihm – ganz gegen das Gesetz – bewilligt.
Nun gab ich auch den Eingang wieder frei. Es hatte kein Mensch eintreten können, weil die beiden Pferde ihre Position mit den Hinterhufen verteidigten. Als wir die Halle verließen, ertönte aus der vorderen Reihe der Neugierigen eine Stimme:
„Warum schlägt man diese Rothaut nicht tot? Was will sie hier unter Gentlemen? Teert und federt sie!“
Der Sprecher war kein andrer als der Fallensteller, welcher mich zum Schießen hatte zwingen wollen.
„Ja, teeren, federn!“ brüllten seine Gesellen.
Handelten diese Leute in irgendeinem Auftrag, oder wollten sie aus eigenem Antrieb einen Skandal anstiften, um dabei im trüben fischen zu können, ich weiß es nicht, aber es streckten sich sofort zehn und zwanzig Arme nach dem Indianer aus. Wie auf Verabredung drängte sich ein breiter Keil von Menschen im Nu zwischen uns beide, so daß ich von ihm getrennt wurde. Ich sah sein Schlachtbeil blitzen. Ein vielstimmiger Schrei der Wut erscholl.
„Major, ich mache Sie verantwortlich!“ rief ich dem Offiziere zu, welcher erschrocken in meiner Nähe stand.
Ich ließ den Rappen, den ich noch gefaßt hielt, los und sprang auf meinen Mustang. Es fielen bereits Revolverschüsse. Ich nahm das Pferd hoch und gab ihm beide Sporen; es schnellte mit einem weiten Satze mitten in den Menschenknäuel hinein, und nun gebrauchte ich den Kolben meiner Büchse ebenso kräftig wie die Hufe meines braven Tieres.
Der Indianer hatte sich verteidigt, war aber von der Menge in seinen Bewegungen gehemmt, gedrückt und niedergerissen worden. Er wehrte sich noch am Boden mit aller Kaltblütigkeit eines Indsman. Meine Hiebe machten ihm Luft. Er schnellte empor, mit der Büchse wieder in der Hand, die ihm entfallen war; ihr Kolben krachte auf die Köpfe der Angreifer nieder. Alles schrie und brüllte durcheinander; Messerklingen blitzten, Revolverschüsse knatterten; ich blieb unversehrt und rief dem Häuptling zu:
„To-ok kava – spring aufs Pferd!“
Er verstand mich trotz des Geheules rund umher und flog zu seinem Rappen, welcher, scheu geworden, mit allen vieren um sich schlug. Mit einem Satze schwang er sich auf.
„Usta nai – komm, mir nach!“
Mit diesen Worten trieb ich mein Pferd zum Sprung an; er tat dasselbe durch den einfachen Schenkeldruck, da er die herabhängenden Zügel noch nicht hatte fassen können. Er stieß den gellenden Triumphschrei der Sioux aus und dann schossen wir davon, über den Platz hinweg und auf das Tor zu. Es war verschlossen, aber seitwärts waren die Planken niedriger.
„Hi – ho – hü“ rief er und flog hinüber, ich ihm nach.
Ein vielstimmiger Schrei des Erstaunens erscholl, dann rasten unsre Tiere die Anhöhe hinab und in die Ebene hinein. Niemand folgte uns, und so ließen wir die Pferde bald langsamer gehen, obgleich es keine Schande ist, unter solchen Umständen lieber die Flucht zu ergreifen, als sich niederschießen zu lassen.
Der rote Olbers
Und wieder saß ich eines Abends beim Lagerfeuer, doch nicht allein, denn mein Pferd weidete ganz in meiner Nähe. Es ist immer eine Beruhigung, ein gutes Tier bei sich zu haben, da dasselbe oft schärfere Sinne hat als selbst der geübteste Jäger. Ein Mustang wittert die Annäherung eines jeden feindseligen Wesens und tut dies dem Besitzer durch ängstliches Schnauben kund.
Ich hatte die Gegend von Fort Cast verlassen und befand mich jetzt am östlichen Arm des Bighorn, um von da
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