40 Stunden
Paul hinzu. » Geiger hat sich deine Aussage angesehen und Ben danach gebeten, ein Standbild von dem Gekreuzigten zu machen. Im Moment ist sie gerade dabei, die Presse damit zu füttern.«
» Hm.« Faris rieb sich den Nasenrücken. Es war ein durchaus übliches Vorgehen, in Vermisstenfällen die Öffentlichkeit um Hinweise zu bitten. Dennoch war ihm nicht ganz klar, ob er Geigers Entscheidung, dies auch in diesem Fall zu tun, guthieß oder nicht. Natürlich hatte der Anrufer es nicht explizit verboten, diesen Weg zu beschreiten, aber was wussten sie schon, wie er tickte? Die Gefahr, dass er ausrastete, wenn er das Bild seines Opfers im Internet oder den Zeitungen entdeckte, war nicht von der Hand zu weisen. Doch Faris beruhigte sich selbst. Geiger war zwar in mancher Hinsicht etwas borniert, aber sie war kein Dummkopf. Sie und ihr Stab würden Nutzen und Risiko der Bildveröffentlichung sorgfältig abgewogen haben.
» Wir erhoffen uns Aufschluss über die Identität des Mannes. Gitta sieht die alten Akten des Museumsfalls durch, aber bisher haben wir da nichts.«
» Vielleicht fällt mir was auf.« Faris seufzte tief. » Ich melde mich, sobald mir was einfällt«, murmelte er.
» Gut. Ich rede mit Robert wegen der Dig AA .« Wieder schien Paul sich vom Telefon abzuwenden. » Ich komme«, hörte Faris ihn rufen. » Das Loch in der Firewall haben die Blechköpfe übrigens gestopft«, erzählte er Faris dann.
» Ich weiß. Das haben mir die Kollegen von der 118.schon gesagt.«
» Gut. Wir bleiben in Kontakt«, versprach Paul und legte auf.
Faris stand auf dem Bürgersteig der Kurfürstenstraße und blickte auf das Telefon in seiner Hand. Sein Kopf und seine Schulter schmerzten, und für einen Augenblick fehlte ihm die Energie, den nächsten Schritt zu machen.
» Klingt, als hätten sie dich auf die Straße gesetzt«, bemerkte Hesse.
Faris zuckte die Achseln. » Scheint so.«
Hesse grinste breit. » Immer noch wegen der Sache mit dem Glatzenarsch? Wie hieß er noch gleich?« Er war einer der wenigen Menschen, denen Faris die ganze Geschichte von seiner Schlägerei mit dem Neonazi erzählt hatte.
» Rainer Golzer.«
» Also, wenn du mich fragst, hätten sie dich für die Aktion mit einem Orden belohnen sollen.«
Faris schnaubte nur.
» Scheißglatzen!«, ereiferte sich Hesse weiter. » Denen gehört viel öfter eins aufs Maul gehauen!«
Faris ließ das unkommentiert. » Kannst du mir Zugang zu einem leistungsfähigen Computer verschaffen?«
» Klar. Wenn du mir im Gegenzug ein paar Infos gibst.«
Nach kurzem Überlegen entschied sich Faris, ihm tatsächlich einige wenige Details zu liefern. » Die Bombe in der U-Bahn. Es gab eine Bekennermail«, dehnte er die Wahrheit ein bisschen. » Aber wir können sie nicht zurückverfolgen, weil der Absender irgend so ein beschissener Hacker ist.«
» He!«, protestierte Hesse. » Es gibt keine beschissenen Hacker!«
Faris ging nicht darauf ein. » Er hat es geschafft, so zu tun, als käme die Mail von meinem Privatrechner. Darum hat Geiger nicht mal darüber nachgedacht, mich trotz Suspendierung an dem Fall mitarbeiten zu lassen.«
» Das muss dich ganz schön fuchsen. Aber mal im Ernst: Weiß die Tussi nicht, dass es heutzutage ganz einfach ist, eine Mail von jedem beliebigen Rechner aus zu versenden?« Faris zuckte die Achseln, und Hesse fuhr fort: » Man braucht nur einen Trojaner auf deinen Rechner zu schleusen, und schwupps, verschickt er jede Mail an jeden Absender, den man möchte.«
» Kann man herausfinden, ob auf meinem Computer ein solcher Trojaner ist?«, fragte Faris.
» Klar. Dazu müsste ich nur in deine Wohnung und mir das Ding genauer ansehen.«
Faris war nicht entgangen, dass Hesse von dem allgemein gehaltenen man zu Sätzen mit ich übergegangen war. Ein schwaches Glitzern war in den Augen des Reporters erschienen, ein Anflug von Jagdfieber, das Faris nur allzu gut kannte und das sich jetzt auch wieder in ihm ausbreitete.
» Gut«, entschied er. » Wenn du mir hilfst, das zu beweisen, dann kriegst du von mir Infos über den Fall.«
11. Kapitel
Sie fuhren mit Hesses Motorrad zu Faris’ Wohnung. Als Erstes fiel Faris’ Blick in den Spiegel auf dem Flur. Mit einem Ruck blieb er stehen. Er sah aus wie eines der Opfer vom Einsturz des World Trade Centers, vollständig überzogen mit feinem grauem Staub. Eher ein Gespenst als ein lebendiger Mensch. Während Hesse sich daranmachte, den Computer hochzufahren und ihn auf Spuren eines Trojaners
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