40 Stunden
jedoch nickte interessiert. » Und? Lohnt es sich?«
Jenny schluckte, als er sie nun so direkt und geradeheraus ansah. Seine Augen waren dunkelbraun, das hatte sie schon am Vortag festgestellt, aber nun bemerkte sie den honigfarbenen Rand, der seine Pupillen umgab. Schöne Augen. » Ja«, sagte sie, und gleichzeitig meinte Pia: » Nein!«
» Aha!« Dennis lachte. » Wie gut, dass ihr euch so einig seid!«
Jenny warf Pia einen bösen Blick zu. » Die Rosa-Luxemburg-Ausstellung ist gut!«
» Stimmt«, gab Pia zu. » Aber wie wäre es, wenn wir heute zusammen Berlin unsicher machen? Wir wollten eine Stadtrundfahrt machen. Brandenburger Tor, Checkpoint Charlie, der ganze Touristenkram.«
» Klingt verlockend.« Dennis sah nicht Pia an, als er das sagte, sondern Jenny. » Was meinst du dazu?«
» Wozu?« Jennys Kopf kreiste. Mit einem Mal war ihr so furchtbar warm! Und dann diese Frage! Dämlicher ging es ja wohl kaum!
» Na dazu, ob ich mich euch anschließen soll. Du hast dich bis jetzt noch gar nicht geäußert, und ich will niemandem zur Last fallen.«
» Tust du nicht.« Jenny biss sich auf die Lippe. Warum zeigte sie nicht ein bisschen mehr Begeisterung? Schließlich war Dennis wirklich süß, und sie würde sich wahnsinnig freuen, wenn er den Tag mit ihnen verbrächte.
» Ehrlich?« So intensiv sah er ihr in die Augen, dass ihr die Luft wegblieb.
» Ehrlich!« Mit einem Ruck stand sie auf. Sie musste hier weg, sonst würde sie bestimmt noch ohnmächtig werden. » Es wäre schön, wenn du mitkommen würdest.« Mit diesen Worten verließ sie fluchtartig den Speisesaal. Das Letzte, was sie hörte, war Dennis’ verwunderte Stimme.
» Was hat sie denn?«
12. Kapitel
Der Berliner Mittagsverkehr war wie immer verheerend, und so entschied Faris, dass es das Beste sein würde, nicht mit dem Wagen zu fahren, sondern sich stattdessen von Hesse auf dem Motorrad mit zu ihm nach Hause nehmen zu lassen.
Seit der Rückkehr des Reporters nach Berlin hatten Faris und er sich noch nicht bei Hesse zu Hause getroffen, sondern stets in Kneipen oder Restaurants. Und so fiel Faris erst jetzt, als sie in halsbrecherischen Schlangenlinien zwischen den dicht gedrängten Autos hindurchfuhren, auf, dass er gar nicht wusste, wo Hesse momentan wohnte.
Er lehnte sich etwas zur Seite, um Hesse die entsprechende Frage zuzurufen. Der Fahrtwind orgelte in seinen Ohren. Wie schon eben, hatte Hesse darauf bestanden, ihm seinen Helm zu geben, und das Ding drückte unangenehm auf die Platzwunde an seiner Stirn.
Kurz nur wandte Hesse den Kopf und grinste Faris an, bevor er sich wieder auf den Verkehr konzentrierte. » Warte es ab. Du wirst staunen!«
Und Faris staunte tatsächlich.
Hesse verließ den Stadtring und bog auf den Tempelhofer Damm ein. Er fuhr am Denkmal der Luftbrücke vorbei und den Columbiadamm entlang bis zu einem ehemaligen Tor des alten Tempelhofer Flughafens.
» Sag nicht, du wohnst jetzt in diesem riesigen Kasten?«, rutschte es Faris heraus, nachdem Hesse sein Motorrad abgestellt hatte.
Der Reporter grinste noch immer.
Er führte Faris auf das alte Flughafengelände, vorbei an Gebäuden, die stumm im Korsett ihrer wuchtigen Naziarchitektur dastanden. Tempelhof war seit etlichen Jahren nicht mehr in Betrieb. Zunächst hatte es in der Stadt heftige Diskussionen darüber gegeben, was mit den geschichtsträchtigen Bauten und dem weitläufigen Rollfeld passieren sollte. Die Berliner der umliegenden Bezirke hatten sich die Landebahnen längst als neuen Stadtpark erobert, aber die Frage, was mit den Hunderte von Metern langen Bauwerken geschehen sollte, war bis jetzt unbeantwortet. Nachdem irgendwann einmal auf dem Gelände eine Campusparty stattgefunden hatte, bei der sich Programmierer, Blogger und Tüftler aus sechsundsechzig Ländern getroffen hatten, war eine Handvoll von ihnen hier hängen geblieben. Wie die Hausbesetzer Mitte der Achtziger hatten sie den Flughafen in Beschlag genommen und darin mehrere Jahre gelebt.
Soweit Faris wusste, hatten die Kollegen vor gar nicht so langer Zeit Befehl bekommen, die illegale Kommune in dem Flughafengebäude aufzulösen.
Nun folgte er Hesse durch eine abseits liegende doppelflügelige Tür, einen kurzen Gang entlang und ein schmales Treppenhaus hinauf. Nachdem sie eine weitere Tür hinter sich gelassen hatten, standen sie gleich darauf mitten in der verlassenen Abfertigungshalle des Flughafens.
Mit einem Ruck blieb Faris stehen. » Wow!«
Eine seiner frühesten
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