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40 Stunden

40 Stunden

Titel: 40 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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Bezirksgrenze nach Friedrichshain hielt Faris am Straßenrand an und wartete, dass seine Rippen aufhörten zu schmerzen. Sein Körper fühlte sich an, als hätte ihn jemand durch die Mangel gedreht. Tief durchatmend angelte er nach dem Handy und rief Paul an.
    Gleich die ersten Worte seines Partners zeigten ihm, dass Paul und die anderen ganz ähnliche Überlegungen anstellten wie er auch. » Wir sind gerade dabei, nach Leuten zu suchen, die eine Rechnung mit dir offen haben«, erzählte ihm Paul.
    Faris’ Rippen pochten. Er suchte sich eine bequemere Position. Dabei zuckte ein scharfer Schmerz durch seinen gesamten Brustkorb, er zog scharf Luft durch die Zähne.
    Paul entging das Geräusch nicht. » Was hast du?«
    » Nichts.« Er wusste, dass Paul die Lüge ahnte, aber er wusste auch, dass sein Partner nicht nachhaken würde. Kurzzeitig fühlte er sich atemlos.
    In Pauls Stimme schwang hörbar Sorge mit, als er fortfuhr: » Wir überprüfen ein paar mögliche Kandidaten. Rainer Golzer zum Beispiel.«
    Faris schüttelte den Kopf. » Der ist nicht mehr verdächtig.«
    Einen Moment lang war es sehr still in der Leitung. Faris stellte sich vor, wie im Gehirn seines Partners die Gedanken wie Puzzlestückchen an die richtige Stelle fielen und ein Bild ergaben, das ihm überhaupt nicht gefiel. » Nicht mehr verdächtig?«, wiederholte Paul gedehnt.
    Faris schwieg.
    » Wieso bist du dir so sicher?«
    » Ich war eben dort«, sagte Faris ruhig.
    » Spinnst du?«, brüllte sein Kollege. » Du bist doch…«
    Mehr hörte Faris nicht, denn er nahm das Handy vom Ohr, bevor Pauls zornige Stimme ihm das Trommelfell zerriss. » Fertig?«, fragte er, nachdem die Schimpfkanonade aus dem Hörer leiser geworden war.
    » Ich fasse es einfach nicht, Faris!«, stöhnte Paul. Dann seufzte er tief. » Wie schwer bist du verletzt?«
    » Gar nicht. Nur eine kleine Rippenprellung, die bestimmt von der Explosion herrührt.«
    » Du bist so ein Arsch, weißt du das?«
    » Kann sein. Lass zur Sicherheit jemanden Golzer überprüfen, aber ich bin überzeugt, dass er nicht unser Mann ist. Was habt ihr noch?«
    » Wir müssen noch die Frage klären, ob wir es mit einem islamistischen Anschlag zu tun haben oder nicht.«
    » Ich kann es mir nach wie vor nicht vorstellen«, meinte Faris.
    » Wir bleiben dran. Ben ist gerade dabei, das Video noch einmal genauer zu analysieren.«
    Faris beugte sich ein wenig vor, um dem Schmerz zu entgehen. Offenbar machte er dabei ein Geräusch, das Paul erneut alarmierte.
    » Dir geht es echt beschissen, oder?«
    Er leugnete es nicht. » Ich glaube, ich brauche eine kleine Pause. Ich melde mich wieder, wenn mir was einfällt.«
    Paul schwieg, und Faris verspürte einen Anflug von schlechtem Gewissen. Sein Kollege machte sich eindeutig Sorgen um ihn.
    Er bemühte sich um einen heiteren Tonfall. » Bleib cool, Daddy«, versuchte er sich an einem Scherz. » Alles okay!«
    Den Fluch, den Paul daraufhin ausstieß, unterbrach er, indem er auflegte.
    Von nervöser Unruhe getrieben, fuhr Faris danach ziellos umher. Die Minuten verrannen unerbittlich, und er konnte nichts tun, um seinen Kollegen bei ihren Ermittlungen zu helfen. Die Worte des Museumsbombers hallten in seinem Kopf wider.
    Falsche Antwort!
    Dann das schrille Kreischen der Frau in der U-Bahn-Station.
    Was haben Sie getan?
    Und schließlich diese verzerrte, spöttische Stimme des Anrufers.
    Irgendwo dort draußen, Faris, hängt ein Mann an einem Kreuz … Findest du ihn nicht …
    » Findest du ihn nicht…«
    Faris krallte die Hände um den Lenker und wünschte sich, in seinem eigenen Auto zu sitzen. Im CD -Player hatte er eine Scheibe von Metallicas Kill ’em all. Der Titel Seek and Destroy hätte jetzt gut zu seiner Stimmung gepasst.
    Irgendwann bog er in eine schmalere Allee ab. Das Motorrad holperte über das Kopfsteinpflaster. Ahornbäume standen rechts und links am Straßenrand. Eine Kirchturmuhr in der Nähe schlug halb fünf. Er hielt an, legte die Unterarme auf den Lenker und die Stirn darauf. Er hob den Kopf jedoch sofort wieder, als ihm bewusst wurde, wo er sich befand. Ein Auto fuhr vorbei, und die Räder verursachten auf der gepflasterten Straße ein helles, sirrendes Geräusch. Faris’ Blick fiel auf ein Straßenschild, das er von seinem Standort aus hinter den Zweigen eines Baumes gerade noch lesen konnte.
    Ahornstraße stand darauf.
    » Scheiße!«, fluchte er. Er war so versunken gewesen in seinen düsteren Gedanken, dass sein Unterbewusstsein

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