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40 Stunden

40 Stunden

Titel: 40 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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durch das zerbrochene Fenster ins Innere schauten. Der einzige Raum des kleinen Gebäudes war viel zu winzig.
    Faris und Paul schauten sich an, und dann griff Paul ohne größere Umschweife durch die kaputte Scheibe und öffnete das Fenster. Gleich darauf stiegen erst er, dann Faris und schließlich auch Marc ein.
    » Heilige Scheiße«, murmelte Marc, nachdem er den Lichtschalter gefunden hatte und funzeliges Licht den Raum erhellte. » Was kommt noch?«
    Sie standen direkt vor der Rückwand des winzigen Hauses. Vor ihnen befand sich eine Werkbank und darüber eine dieser Werkzeugwände aus Metall, die mit Hunderten von Löchern versehen waren, in die man Haken und Aufbewahrungsbehälter einhängen konnte. Aber anders als bei einer gewöhnlichen Werkzeugwand hingen hier keine Hämmer und Schraubenschlüssel, sondern wohl ein Dutzend verschiedener Geißeln. Faris sah etliche mehrschwänzige Lederpeitschen, zwei davon mit Metallhaken, die in die feinen Schnüre eingeflochten waren. Eine der Geißeln bestand aus armlangen Hanfseilen mit kleinen Kugeln an den Enden. Dann gab es noch mehrere dicke Ochsenziemer aus geflochtenem Leder sowie ein Gebilde, dessen Stränge nicht aus Leder oder Seilen bestanden, sondern aus einer ganzen Handvoll dünner Ketten. All diese Folterinstrumente hatten eines gemeinsam:
    Sie waren mit Blut besudelt.
    Bei den meisten war dieses Blut bereits älter und hatte eine schwarze Färbung angenommen. Nur eine der Ledergeißeln schien vor Kurzem erst benutzt worden zu sein. Ein Schwarm Fliegen erhob sich in die Höhe, als Paul sich Handschuhe überzog und nach dieser Geißel griff.
    » Der Typ ist ja krank!«, murmelte Marc. Er war ganz grün im Gesicht. Seine Bewegungen, mit denen er versuchte die Fliegen zu verscheuchen, wirkten hektisch. » Ich…« Er schluckte. » Ich gehe mich mal um die Befragung von diesem Dellinghaus kümmern.« Er war sichtbar erleichtert, dem Anblick der Folterinstrumente zu entkommen, und als er durch das offene Fenster wieder nach draußen kletterte, stolperte er beinahe über seine eigenen Füße.
    Paul hatte die Geißel zurück an ihren Haken gehängt und wandte sich jetzt einer Kiste zu, die unter der Werkbank stand. Behutsam zog er sie hervor. Es war eine dieser Metallkisten, die man auf Wüstenexpeditionen mit sich führte und die sich mit massiven Schnappschlössern sichern ließen. Die Ösen, die für die Bügel von Vorhängeschlössern vorgesehen waren, waren leer. Ellwanger hatte es anscheinend nicht für nötig befunden, die Kiste abzuschließen.
    » Soll ich?«, fragte Paul. Seine Stimme klang angespannt.
    Faris schüttelte den Kopf. In seinem Genick breitete sich ein Kribbeln aus. » Besser nicht. Lass erst die Kollegen mit den Hunden herkommen.«
    Erleichtert trat Paul einen Schritt rückwärts. Dabei entdeckte er einen Karton, der offenbar hinter der Kiste gestanden hatte. » Guck mal!« Er bückte sich erneut und zog auch den Karton hervor. Es war ein Umzugskarton einer bekannten Berliner Firma, den jemand nur provisorisch verschlossen hatte. Eine der Papplaschen ragte hoch, sodass Faris einen Blick auf den Inhalt werfen konnte.
    » Kapierst du das?«, brummte Paul.
    Faris schüttelte den Kopf.
    Der Karton war zu zwei Dritteln gefüllt.
    Mit den bedruckten Leuchtstäben des Kirchentages.
    ***
    » Danke schön!« Auf dem Ku’damm nahm Jenny ihr Wechselgeld in Empfang und lächelte der jungen Frau mit dem Bauchladen zu, bei der sie eben ein zweites Knicklicht gekauft hatte.
    » Ich danke Ihnen!«, gab die Frau zurück und wandte sich an den nächsten Kunden. Die schmalen weißen Plastikdinger schienen wegzugehen wie warme Semmeln– auch um diese Zeit noch.
    » Zufrieden jetzt?«, fragte Pia. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und grinste breit.
    Jenny wog das neue Knicklicht in der Hand. Irgendwas war daran anders als an dem, das sie bei ihrer Ankunft gekauft hatte, aber sie hätte nicht sagen können, was es war.
    » Warum nochmal hast du dir das Ding geholt?«, wollte Pia wissen.
    Weil ich es Dennis schenken möchte, dachte Jenny, aber sie hütete sich, es auszusprechen. Nachdem die beiden Mädchen und Dennis ihre Stadtrundfahrt beendet hatten, waren sie zu dritt in ein Burgerrestaurant gegangen und hatten etwas gegessen. Von diesem Moment an hatte Dennis keinen Hehl mehr daraus gemacht, dass er sich lieber mit Jenny als mit Pia unterhielt. Pias Stimmung war zuerst ziemlich frostig geworden, aber dann hatte sie sich einen Ruck gegeben und

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