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41 Rue Loubert: Kriminalroman (German Edition)

41 Rue Loubert: Kriminalroman (German Edition)

Titel: 41 Rue Loubert: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Ferr
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Landgasthof ein, dessen mit Kreide beschmierte Speisekarte am Eingang bestimmt schon bessere Tage gesehen hatte. Die Besitzer waren ein altes Ehepaar, dankbar für den unverhofften Gast, bewirteten ihn übereifrig mit wider Erwarten schmackhafter Hausmannskost und waren nur zu gern bereit, mit ihm ins Gespräch zu kommen und ihm behilflich zu sein. Am Weihnachtsabend würden sie wahrscheinlich ihren Enkelkindern erzählen, wie sie in einem Kriminalfall zu wichtigen Zeugen geworden waren und der Polizei entscheidende Hinweise gegeben hatten, die zur Ergreifung eines Mörders geführt hätten.
    Aber außer, dass alle Mitglieder von Louises Familie schon vor langer Zeit die Gegend verlassen hatten und Mutter und Vater verstorben waren (der Vater am Suff, die Mutter an ihrer achtzehnten oder gar zwanzigsten Geburt?), erfuhr Marcel nichts wesentlich Neues. Nicht einmal an irgendeinen Namen konnten sich die Leute hier erinnern.
    Interessant war nur eine flüchtige Bemerkung der alten Wirtin, die sich abfällig über das gesellschaftliche Leben der kinderreichen Familie äußerte: „ Die blieben gern unter sich. Der Alte hatte seine Sippschaft fest an der Kandare, auch wenn er so gut wie nie nüchtern war.“

Louise
    Pricard kam um die Mittagszeit, als die Bistros überfüllt und die Straßen voll von Menschen waren, die ihre kurze Mittagspause für einen kurzen Imbiss im sonnigen Tageslicht nutzen wollten. Verstohlen näherte er sich dem Tor, blickte gehetzt um sich in der Befürchtung, es könnte ihn jemand erkennen und bei seiner sträflichen Schandtat erwischen.
    Louise stand in ihrer Wohnung beim Videoschirm, beobachtete ihn und hatte den Finger griffbereit auf die Öffnungstaste gelegt, damit er beim streng verbotenen Betreten ihrer lasterhaften Höhle keine wertvolle Sekunde verlor.
    Er hastete über die Treppe zu ihr nach oben, stürmte grußlos in das Gästezimmer, streifte seine Schuhe ab, legte die Füße auf den Tisch (zum letzten Mal, dachte Louise), lockerte seine Krawatte, öffnete den ersten Kragenknopf seines blütenweißen Hemds und blaffte: „Einen Single Malt!“
    Louise drehte gelangweilt Haarlocken um ihren Zeigefinger.
    „Wie bitte?“
    „Du hast mich schon verstanden. Einen Single Malt!“
    „Es tut mir leid, aber ich habe dich nicht verstanden. Du sprichst in der Präfektursprache mit mir und die habe ich nie gelernt – weder zu sprechen noch zu verstehen.“
    „Louise, bitte! Ich habe derzeit anstrengende Tage, nicht zuletzt wegen dir!“
    „Das ist kein Grund, unhöflich zu werden.“
    „Bitte. Einen Single Malt bitte. BITTE.“
    Sie wandte sich schweigend zu ihrem Tischchen mit den erlesenen Weinbränden, schenkte ein Glas voll und freute sich, dass Pricard keine Anzeichen dafür erkennen ließ, das er heute ihre Dienste in Anspruch nehmen würde. Er war zwar wegen ihr ins Schwitzen gekommen, aber leider nicht aus den in ihrem Gewerbe üblichen Gründen, sondern vielmehr aus Angst. Nicht aus Angst um sie, sondern um seine eigene Haut. Kaum hatte er sein Glas abgesetzt, begann er seine Litanei mit um Verständnis heischender Stimme, die freilich mit einer hörbaren Nuance von Hysterie unterlegt war.
    „Sie haben nichts bei dir gefunden. Ich kann mich nicht länger gegen eine DNA-Analyse sträuben, ohne die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Eine exakte Auflistung deiner Telefonate kann ich verhindern, aber sie werden deiner Wohnung mit Staubsaugern und Klebefilmen zu Leibe rücken. Sie werden Haare, Hautpartikel und Reste von Körperflüssigkeiten finden. Marcel ist besessen von dir, wir haben auch keinen anderen Verdächtigen, der ihn ablenken könnte.“
    „Ich sehe kein Problem darin. Lass sie kommen.“
    „Bist du wahnsinnig? Sie werden meine Haare finden, meine DNA analysieren! Meine Daten sind so wie die jedes Polizeibeamten im Computer gespeichert!“
    „Was schlägst du vor?“ Nichts war Louise gleichgültiger, als irgendeine seiner hirnlosen Ideen.
    „Ich kümmere mich um eine Reinigungsfirma und einen Kammerjäger. Sie sollen hier alles ausräuchern und anschließend sterilisieren oder mit Dampf und Desinfektionsmitteln reinigen. Vielleicht haben wir dann noch eine Chance.“
    Kammerjäger? Louise verkniff sich eine bissige Bemerkung und nickte nur zustimmend.
    „Gleich morgen.“ Pricard war von seinem genialen Einfall begeistert.
    „Könntest du das nicht auf Freitag verschieben? Ab dann bin ich wieder in Frankfurt. Du lässt mein Appartement säubern und genehmigst

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