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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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meinem armen Zelt habe. Nun ist es grad so gut, als ob kein einziger Tedetu vorhanden wäre.“
    „So ist es allerdings“, antwortete ich, um ihn in seinem Vertrauen zu bestärken und dadurch von seiner Sorge zu befreien. „Ihr habt von dieser Tibbuschar nichts zu befürchten. Du wirst gleich sehen, wie ich mit diesem Menschen hier umspringen werde, der es gewagt hat, mich zu bedrohen.“
    Es ist kaum glaublich, wie in jenen Gegenden, wo die Nachrichten nur von Mund zu Mund gehen können, die Fama eine ganz gewöhnliche Tat, ein ganz alltägliches Vorkommnis zu vergrößern vermag. Jeder Erzähler fügt etwas hinzu, und da die Fantasie des Beduinen eine außerordentliche ist und er sich überhaupt sehr gern in Überschwenglichkeiten ergeht, so wird aus einer einfachen Begebenheit bald ein großartiges Ereignis und aus diesem Ereignis dann eine ungeheuerliche Heldentat, welcher jedermann Glauben schenkt, obgleich jedes Kind einsehen müßte, daß eine solche Tat rein unmöglich ist. So war aus meinem Repetierstutzen ein Zaubergewehr geworden, aus welchem ich tausendmal hintereinander schießen konnte, ohne laden zu müssen. So lächerlich dies klang, so lieb war es mir, weil mir im Falle einer Gefahr diese Fabel mehr Schutz bot, als die Waffe selbst.
    Der besinnungslos am Boden liegende Tedetu begann sich zu regen; ich knüpfte seine Hüftschnur los und band ihm mit derselben die Arme fest an den Leib. Er kam zu sich, wollte auf und konnte nicht; er starrte eine Weile fassungslos um sich; dann kam ihm die Erinnerung dessen, was geschehen war. Er machte abermals eine Anstrengung, aufzustehen und als auch dies keinen Erfolg hatte, weil er sich seiner Hände nicht bedienen konnte, stieß er einen Fluch aus und fauchte mich katzenraubtierartig an:
    „Was hast du mit mir vor, du Hund? Warum hast du mich gebunden? Gib mich augenblicklich frei, wenn dich Tahaf, unser Anführer, nicht vernichten soll!“
    „Hund?“ antwortete ich, bückte mich nieder, faßte ihn mit der Linken bei der Achsel, hob ihn auf, gab ihm mit der Rechten zwei kräftige Ohrfeigen und ließ ihn wieder niederfallen. „So, Bube, werde ich dir diese Sprache abgewöhnen; merke dir es!“
    Die Wut trieb ihm beinahe die Augen aus dem Kopf; zwischen seinen Lippen erschien roter Schaum; er wollte sprechen, brachte aber kein Wort hervor; es war nur ein unartikuliertes Lallen zu hören. Hätte er gekonnt, so hätte er mich augenblicklich zerrissen.
    „Und nun paß auf, was ich dir sage!“ fuhr ich fort. „Dein Anführer fordert meine Auslieferung; wahrscheinlich will er mich kennenlernen, weil er mich noch nicht kennt. Das kann aber auch ganz gut und leicht geschehen, indem ich hier im Zelt bei meinem Gastfreunde bleibe. Ich werde dich jetzt gehen lassen, damit du diesem Tahaf folgende Antwort bringst: Ich bin der Gast des Scheiks und bleibe hier; ihr habt nicht um Gastfreundschaft gebeten und geht also fort. Ihr habt euch das Recht, hier zu lagern, angemaßt und ich werde euch zeigen, daß ihr es nicht besitzt. Ich befehle euch, dieses Duar augenblicklich zu verlassen.“
    „Zwing uns doch!“ zischte er mich an. „Wir werden dich vernichten und in die Dschehennah schicken!“
    „Ja, ich zwinge euch und wenn jemand von uns in die Dschehennah geht, so werdet ihr es sein.“
    Ich zog ihn wieder empor, deutete zur Zelttür hinaus und erklärte ihm:
    „Siehst du euer größtes Zelt da drüben? Es ist jedenfalls dasjenige, welches Tahaf gehört. An der Querstange sind acht Trinkgefäße aus Kürbisschalen an dünnen Riemen aufgehängt. Ich werde diese Riemen mit meiner Zauberbüchse zerschießen, so daß die Kürbisse herunterfallen. Paß auf, ich tue es!“
    „Das kann kein Mensch!“
    „Ich kann es sogar, ohne daß ich lade.“
    Ich legte den Stutzen an und zielte kurz. Acht Schüsse und es hing kein Kürbis mehr an der Stange.
    „Maschallah! Allah ja 'lam el Geb – Gottes Wunder! Allah kennt das Verborgene!“ rief der Tedetu aus, ganz baff vor Erstaunen. „Wahrhaftig, das ist ein Zaubergewehr, welches nur der Scheïtan (Teufel) für dich angefertigt haben kann. Gott verbrenne dich!“
    „Nicht mich, sondern euch wird er verbrennen. Siehst du, daß eure Männer kommen und das Wunder anstaunen? Geh jetzt zu ihnen und sag Tahaf, daß er fortziehen soll! Ich werde hier in diesem Zelt verborgen sein und aus demselben zu euch hinüberschießen. Um euch Zeit zu geben, die Zelte abzubrechen und die Kamele zu satteln, werde ich euch eine Viertelstunde

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