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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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fragte er. „Sie ist – wahnsinnig?“
    „Ja.“
    „Wahnsinnig!“
    Dieses Wort sagte er nicht, nein, er rief, er brüllte es förmlich in die stille, lautlose Nacht hinaus. Dann hielt er plötzlich sein Pferd an.
    „Wo ist sie?“ fragte er in höchster Angst.
    „Im Stift der heiligen Veronika zu Larissa.“
    „Dessen Oberin die Schwester Clarissa ist?“
    „Ja.“
    „Ah, ich errate!“ knirschte er. „Die sogenannte Leiche des Grafen Emanuel ist begraben?“
    „Ja.“
    „Graf Alfonzo ist Nachfolger?“
    „Ja.“
    „Gasparino Cortejo ist bei ihm?“
    „Ja.“
    „Wo ist Schwester Clarissa?“
    „Jetzt in ihrem Stift.“
    „Und der Kastellan?“
    „Wohnt in Manresa. Er wurde fortgejagt; er gab mir Geld, diese zwei Tiere zu kaufen; er wird Euch noch mehr Geld geben, soviel Ihr zur Flucht braucht, Señor.“
    „Und Ihr? Wer seid Ihr? Warum interessiert Ihr Euch für mich?“
    „Das werdet Ihr später erfahren.“
    „Nein. Ich muß es jetzt wissen. In diesem Augenblick entscheidet es sich, was ich zu tun haben werde.“
    „Nun wohl, Señor; ich befreie Euch, damit Ihr mir helfen sollt, den Lieutenant Lautreville aufzusuchen.“
    „Kennt Ihr ihn?“
    „Ja; er ist der Graf Alfonzo de Rodriganda.“
    „Ah! Also ganz wie ich es ahnte! Ihr werdet mir mehr sagen, jetzt aber kein Wort weiter; ich weiß genug. Aber, frommer Vater, habt Ihr einmal einen Mann gesehen?“
    „Einen Mann?“ fragte der Pater verwundert.
    „Ja. Wenn Ihr noch keinen gesehen habt, so sollt Ihr heute einen kennenlernen. Vorwärts!“
    Er setzte sein Pferd wieder in Bewegung, und sie flogen durch die Nacht mit einer Schnelligkeit, daß sie von einem Sturmwind kaum hätten erreicht werden können. Es waren noch nicht zwei Stunden vergangen, so sahen sie Manresa vor sich liegen.
    „Wir lassen die Pferde hier vor der Stadt im Gasthaus“, sagte Sternau. „Es ist besser, wenn uns niemand sieht.“
    Sie stiegen ab, banden die dampfenden und vor Anstrengung zitternden Tiere im Stall an und schlichen nach der Wohnung des Kastellans, welche sie unbemerkt erreichten.
    Alimpo saß in seinem Stübchen und unterhielt sich mit seiner Elvira. Sie hatten einander ihre Weihnachtsgaben beschert und gedachten derer, welche heute wohl kein Weihnachtsfest feiern konnten. Da ging die Tür auf, und Sternau trat herein, gefolgt von dem Pater, der hinter sich sogleich die Tür verriegelte.
    „Señor Sternau!“ rief der Kastellan, indem er emporsprang.
    „Señor Sternau!“ rief auch die Kastellanin.
    Im nächsten Augenblick hatten sie beide seine Hände ergriffen, welche sie mit Küssen bedeckten.
    „Oh, nun ist alles, alles gut!“ frohlockte Frau Elvira unter Freudentränen. „Nun wird auch unsere liebe, gute Contezza wieder frei sein!“
    „Ja, sie soll frei sein!“ gelobte Sternau. „Frei und gesund. Und wehe diesen Giftmischern, wenn ich finden sollte, daß sie nicht zu heilen ist. Ich zermalme sie! Wir haben nicht viel Zeit, Señor Alimpo, aber erzählt mir dennoch, was geschehen ist, doch schnell, sehr schnell!“
    Der Kastellan folgte dieser Aufforderung. Als er geendet hatte, sagte Sternau nachdenklich:
    „Die Contezza ist in der Gewalt dieser Menschen, gegen die ich nicht öffentlich auftreten kann, solange ich mich in Spanien befinde. Ich bin aus dem Gefängnis entflohen; ich will die Gräfin aus dem Stift entführen; ich muß nach Rodriganda, um mir einiges zu holen, was ich brauche; ich bin also von jetzt an ein dreifacher Verbrecher; ich muß noch heute mit der Contezza über die Grenze. Alimpo, gebt mir Geld, Ihr sollt es bald wiederhaben!“
    „Alles, alles sollt Ihr haben, Señor Sternau!“ lautete die Antwort.
    Da trat Elvira vor und fragte:
    „Ihr werdet die Gräfin befreien?“
    „Ja, noch in dieser Nacht.“
    „Und wohin geht Ihr mit ihr?“
    „Über die Grenze nach Frankreich und noch weiter dann bis nach Deutschland, in mein Vaterland.“
    „Señor, ich gehe mit! Nicht wahr, mein lieber Alimpo?“
    „Ja, wir gehen mit!“
    Diese Worte wurden mit einer solchen Entschiedenheit ausgesprochen, daß man hörte, es sei den guten Leuten wirklich ernst damit. Sternau antwortete:
    „Das geht nicht. Ich freue mich über Eure Treue; auch brauche ich sehr notwendig eine Bedienung für unsere kranke Gräfin, aber Ihr könnt nicht so schnell fort von hier. Ihr habt Eigentum und Sachen.“
    „Señor, wir gehen dennoch mit!“ sagte Alimpo. „Ich schwöre es, daß wir Euch und unsere liebe Gräfin nicht verlassen. Dieses

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