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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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genug für uns getan, mein guter Vater. Was nun kommt, das ist zu gefährlich. Es kann als ein Verbrechen gelten; seid so gut, nach Manresa zu reiten und dort auf mich zu warten!“
    „Señor, ich bleibe bei Euch!“ sagte der Pater.
    „Ich gebe dies nicht zu!“
    „Nun, so will ich Euch sagen, daß dieser Graf Alfonzo und dieser Cortejo auch meine Todfeinde sind. Sie mögen mich zeihen, wessen sie wollen, ich fürchte sie nicht. Reitet nur zu. Señor.“
    „Steht es so, so sollt Ihr Euren Willen haben.“
    Sie ritten durch das Dorf. In der Venta erblickte man noch ein Licht. Sternau drängte sein Pferd an das kleine Fenster, durch welches es schimmerte, und klopfte. Nach einiger Zeit wurde es sehr vorsichtig geöffnet, und ein mit einer großen Nachtmütze bewaffneter Kopf ließ sich bei dem Schein der Lampe erkennen.
    „Was gibt es?“ fragte der Mann. Es war der Wirt.
    Der Arzt neigte sein Gesicht vom Pferd bis zu dem Fenster nieder und fragte:
    „Blickt einmal her! Kennt Ihr mich?“
    „O Gott. Señor Sternau!“ rief der Besitzer der Venta. „Ist dies möglich?“
    „Ja, ich bin es. Wollt Ihr mir einen Gefallen tun?“
    „Gern! Welchen?“
    „Geht einmal zum Alkalden und sagt ihm, er soll mit den Dorfältesten nach dem Schloß kommen.“
    „Was sollen sie dort?“
    „Das werden sie erfahren.“
    Sie eilten weiter, und der Wirt sah ihnen kopfschüttelnd nach.
    „Der Señor Doktor!“ brummte er. „Woher kommt er? Was hatte er auf dem Pferd? Das sah aus – gerade wie eine menschliche Gestalt! Und der andere war ein Mönch. Fast möchte ich behaupten, daß es ganz derselbe sei, der damals in meiner Venta einkehrte!“
    Als die beiden Reiter das Schloß erreichten, stiegen sie vom Pferd. Man sah kein einziges Fenster erleuchtet, und nur aus der Portiersloge schimmerte ein halber Lichtschein. Sternau klopfte, und gleich darauf trat der Portier an das Gitter.
    „Wer ist draußen?“ fragte er. „Es wird zur Nachtzeit nicht geöffnet!“
    „Und dennoch wirst du öffnen, Henrico!“ sagte Sternau. „Ich hoffe, daß du mich noch kennst?“
    Der Portier war beim Klang dieser Stimme freudig erstaunt zurückgefahren.
    „Señor Sternau! Mein Gott! Ja, ja, ich öffne sogleich!“
    Er beeilte sich, das Gitter aufzuschließen, und Sternau trat ein, die Wahnsinnige auf dem Arm. Der Portier sah es und erkannte sie. Fast hätte er das Licht fallen lassen.
    „Heilige Madonna!“ rief er. „Das ist ja die Contezza!“
    „Allerdings. Weißt du nicht, ob sich ihre Zimmer noch in der alten Ordnung befinden?“
    „Es ist gar nichts daran geändert worden. Ich habe die Schlüssel hier, denn es ist noch kein Kastellan wieder angestellt worden.“
    „So nimm den Schlüssel und leuchte uns voran.“
    „Soll ich nicht den Grafen wecken?“
    „Wecken werden wir erst später. Komm!“
    „Oder doch die Dienerin der Contezza?“
    „Ist diese noch da?“
    „Ja. Sie hat die Schwester Clarissa zu bedienen, wenn diese zu Besuch nach Rodriganda kommt.“
    „So wecke sie. Aber das soll alles in der Stille geschehen.“
    Es war dem Arzt jetzt vor allen Dingen darum zu tun, den Eindruck zu beobachten, welchen die bekannte Wohnung auf die Kranke machen werde. Die Zimmer wurden aufgeschlossen, Sternau trug Rosa hinein und ließ sie auf den Diwan nieder. Sofort aber glitt sie zu Boden, um mit gefalteten Händen zu beten. Sie bemerkte es gar nicht, daß sie den kalten Friedhof mit ihrer früheren Wohnung vertauscht hatte. Sternau ließ sich gar nicht merken, was er fühlte; übrigens trat jetzt das Mädchen herein. Dieses war ganz außer sich vor Freude, ihre Herrin zu sehen, und Sternau befahl ihr, die Gräfin zu einer weiten Reise an- und umzukleiden. Sodann gab er dem Portier die Order, sämtliche Diener im Speisesaal zu versammeln. Er selbst schritt nach der Wohnung des Grafen Alfonzo. Im Vorzimmer schlief ein Diener, der sich sehr erstaunt aufrichtete, als er Sternau erkannte. Der Doktor wies ihn hinaus und trat bei Alfonzo ein.
    Dieser lag im Bett und schlief. Eine Ampel erleuchtete das Gemach zur Genüge. Ohne nur einen Augenblick zu zaudern, erhob Sternau die Faust und schlug sie dem Schläfer vor die Stirn.
    „So“, meinte er lächelnd, „tot ist er nicht, aber besinnungslos. Ich werde ihn nun fesseln.“
    Er fand einige Tücher, die als Fesseln und Knebel verwendet wurden; dann verließ er das Zimmer, schloß es hinter sich zu und steckte den Schlüssel ein. Sein Weg führte ihn nun zu der Wohnung des Advokaten.

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