42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers
Fahren Sie nur so weiter fort, Männchen!“
„Vielleicht gebe ich Ihnen heute auch eine Lehre!“
„Soll mich freuen! Ob ich sie aber befolgen werde, das wird sich doch erst noch zeigen müssen.“
„Ich bin bereits überzeugt, daß Sie sie befolgen werden. Erlauben Sie mir zunächst die Frage, ob Sie mich heute wirklich mit Hunden vom Schloß forthetzen lassen werden?“
„Ja, ganz sicher, wenn Sie sich nicht legitimieren können!“
„Ich habe für eine genügende Legitimation gesorgt. Hier, wollen Sie dieselbe lesen!“
Er zog ein Papier hervor, welches er dem Hauptmann zusammengeschlagen hinreichte.
„Ah, ich bin Ihr Diener nicht, Männchen. Machen Sie das Ding gefälligst selber auf.“
Der Polizist öffnete, und nun las der Oberförster den Inhalt.
„Schön“, sagte er dann. „Das gilt; das ist vom Staatsanwalt. Er bittet mich darin, Ihnen Auskunft zu geben und allen Vorschub zu leisten.“
„Sie werden das tun?“
„Ja, allen Vorschub, aber keinen Vorspann, allenfalls aber einige Nachhilfe. Was wollen Sie?“
„Ist Doktor Sternau hier?“
„Ja.“
„Wann ist er gekommen?“
„Gestern. Sie haben ihn ja gesehen.“
„Hat er irgendwelche Personen mitgebracht?“
„Ja.“
„Wen?“
„Hm, einen gewissen Alimpo.“
„Wen noch?“
„Eine gewisse Elvira.“
„Wen noch?“
„Eine gewisse Rosa oder Rosaura oder Rosetta, ich weiß den Namen nicht genau.“
„Ist eine Gräfin mit dabei?“
„Eine Gräfin? Alle Wetter, wäre denn diese Elvira eine Gräfin? Dazu ist sie mir zu dick!“
„Sie müssen das ja wissen!“
„Eigentlich, ja. Oder sollte dieser Alimpo eine Gräfin sein? Sie sprachen von einer Räuberbande, da ist es sehr leicht möglich, daß dieser Alimpo eine verkleidete Gräfin ist, die darauf ausgeht, mich zu heiraten und dann ganz gehörig auszurauben. Das wäre ja gräßlich! Donnerwetter!“
„Herr Oberförster, ich will nicht erwarten, daß Sie Ihren Scherz mit mir treiben wollen“, sagte der Polizist mit strenger Miene. „Ich müßte mir das unbedingt verbitten.“
„Keine Sorge, Männchen. Seit ich weiß, wer Sie sind, ist es mir wegen dieser verdammten Räuberbande ganz ernsthaft zumute.“
„Hatten sie viele Effekten mit?“
„Ja.“
„Was alles?“
„Der Tausend, ich bin ihre Kammerzofe nicht, daß ich mich um solchen Krimskrams bekümmere. Übrigens steht zwar hier, daß ich Ihnen Vorschub leisten soll, aber daß ich mir ein Verhör gefallen zu lassen habe, davon lese ich nichts. Ich werde mir da anders helfen – Ludewig!“
Auf diesen Ruf trat der Jäger ein, der einen höchst unliebenswürdigen Blick auf den Kommissar warf.
„Bitte einmal den Herrn Doktor Sternau zu mir. Sage ihm, daß ein Polizeier hier sei, der mit ihm zu reden habe. Aber schnell!“
„Zu Befehl, Herr Hauptmann!“
Als der Jäger verschwunden war, meinte der Kommissar in strengem Ton:
„Herr Oberförster, ich muß sehr bitten, die Höflichkeit nicht aus dem Auge zu lassen!“
„Inwiefern tue ich dies denn?“
„Sie nennen mich einen Polizeier, ich bin jedoch Polizeikommissarius!“
„Pah. Sie sind alle Polizeier, vom Polizeiminister an bis herab zum Nachtwächter und Schootenhüter. Zu welcher Sorte Sie gehören, das geht mich ganz und gar nichts an.“
„Sie sagen immer ‚Männchen‘ zu mir.“
„Das ist eine gutmeinende Zärtlichkeitsform. Oder soll ich Sie lieber ‚Weibchen‘ nennen, he? Ich sage auch ‚Männchen‘ deshalb, weil Sie nicht gerade ein Riese sind. Zu einem ordentlichen Mann gehört eine ganz andere Persönlichkeit. So eine werden Sie gleich sehen. Da hier!“
Die Tür ging auf, und Sternau trat ein. Er grüßte den Hauptmann mit einem freundlichen Händedruck, den Polizeier aber nur mit einem kalten Blick.
„Sie ließen mich rufen“, sagte er.
„Ja, dieses ‚Männchen‘ will mit Ihnen sprechen.“
„Wer ist es?“
Der Hauptmann wollte antworten, der Polizist aber kam ihm schnell zuvor:
„Ich bin großherzoglich-hessischer Polizeikommissarius.“
„Können Sie sich als solchen legitimieren?“
„Ich habe es bereits gegen den Herrn Oberförster getan.“
„Ist er es wirklich, Cousin?“
„Es scheint so“, antwortete dieser in einem sehr geringschätzenden Ton.
„Nun, was will der Herr von mir?“
„Sie sind der Doktor Sternau?“ fragte der Kommissar.
„Wollen Sie die Güte haben, Ihre Frage in der rechten Weise zu wiederholen, Herr Kommissar!“
Bei diesen Worten richtete Sternau seine Gestalt
Weitere Kostenlose Bücher