Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
fragte er. „Womit?“
    „Mit meinem Anzug.“
    „Mit deinem – ah, du hast auch eine Maske?“
    „Ja“, jubelte sie. „Ich ahnte, daß du zu deiner Clarissa kommen würdest, um sie zum Karneval zu führen; darum habe ich mir den Anzug einer Griechin besorgt, mein Gasparino.“
    Er machte ein langes Gesicht, bedachte sich aber und meinte dann unter Lachen:
    „Alle Teufel, seid ihr Frauenzimmer gescheite Geschöpfe! Also geahnt hat es dir, daß ich komme? Schön; bis hierher wird sich deine Ahnung erfüllen, weiter aber nicht.“
    „Wie denn: weiter nicht?“
    „Weil ich es bleibenlassen muß, dich auszuführen.“
    „Warum?“ fragte sie enttäuscht.
    „Weil ich gezwungen bin, mit dem Herzog zu gehen.“
    „Lüge nicht, Gasparino! Der Herzog wird sich hüten, mit dir zur Maskerade zu gehen.“
    „Ah, du glaubst es nicht, mein Liebling. Nun wohl, du wirst es dennoch glauben, denn er wird kommen, um mich hier abzuholen.“
    Sie erschrak. „Hierher?“ fragte sie.
    „Ja.“
    „Wann?“
    „In von jetzt an dreiviertel Stunden.“
    „Du scherzt! Du willst mich nur in Verlegenheit bringen.“
    „Ich versichere dir, daß er kommen wird, als Perser gekleidet“, sagte er in ernstem Ton.
    „Ein Herzog? Zu mir? Heilige Madonna! Und ich stehe hier im Unterrock und Hemd.“
    Sie verschwand eilig im Kabinett, aus welchem sie nach einer Viertelstunde in ihrer besten Kleidung zurückkehrte. Cortejo hatte sein Gewand bereits angelegt und fragte sie:
    „Nun, wie gefalle ich dir?“
    „Ausgezeichnet. Und ich dir?“
    „Wie immer!“
    „Aber es ist doch nicht hübsch, daß du ohne mich gehst“, schmollte sie.
    Er drückte sie an sich und sagte mit einschmeichelnder Stimme:
    „Zanke nicht, Clarissa! Du weißt ja, daß ich dich lieb habe, und du weißt auch, daß wir beide nichts besitzen und doch nach oben trachten. Ich habe dem Herzog gesagt, daß dein Name Margony ist und daß du eine Putzmacherin bist. Er darf nicht erfahren, daß du von Adel bist und die Rodriganda unter deine Verwandten zählst. Sei freundlich mit ihm, aber gib ihm keine Veranlassung, zärtlich gegen dich zu sein. Du weißt, daß ich eifersüchtig auf dich bin.“
    „Oh, trage keine Sorge; ich liebe nur dich allein.“
    „Ich hoffe es. Dieser Herzog schenkt mir sein Vertrauen, und dieses Vertrauen soll mir die Stufe zu Reichtum und Ehren sein. Du siehst also ein, daß ich seinen Wunsch erfüllen und mit ihm gehen muß, obgleich ich mich in deiner Gesellschaft unendlich glücklicher fühlen würde.“
    „Ja, ich sehe es ein“, sagte sie. „Gehe mit ihm, aber komme am Abend wieder. Nicht?“
    „Ich werde versuchen, es möglich zu machen, obgleich der Herzog am Abend Gesellschaft bei sich sieht und ich also bei ihm fast unentbehrlich bin. Komme ich nicht, so entschuldige mich.“
    Das war eine Lüge, die sie aber glaubte. Sie hatten übrigens keine Zeit zu weiteren Auseinandersetzungen, denn es klopfte, und auf ihren Ruf trat ein prächtiger Perser herein. Er trug eine feine Samtlarve vor dem Gesicht, blieb an der Tür stehen, betrachtete das Mädchen und sagte dann:
    „Hallo, Gasparino, du hast keinen üblen Geschmack! Darf ich das Cousinchen umarmen, he?“
    Ohne die Antwort abzuwarten, trat er auf Clarissa zu und zog ihre fleischige Gestalt an sich. Sie wollte widerstreben; der starke Mann aber hatte eine solche Kraft, daß ihr keine Anstrengung etwas nützte. Er hielt sie fest, schob die Larve empor und küßte sie auf den Mund und den Nacken, der verführerisch aus dem weiten Ausschnitt des Kleides hervorglänzte.
    „Donnerwetter!“ sagte er. „Es wird am besten sein, man bleibt ein Stündchen hier.“
    „Das verbitte ich mir!“ sagte Clarissa.
    Es gelang ihr, sich loszureißen. Sie eilte in das Kabinett und verschloß die Tür desselben hinter sich.
    „Ah, diese Hexe! Fort ist sie!“ lachte der Herzog.
    Er versuchte, die Tür zu öffnen, und als ihm dies nicht gelang, befahl er dem Haushofmeister:
    „Rufe sie!“
    „Es hilft nichts; sie wird nicht kommen!“
    „Pah! Es kommt auf den Versuch an!“
    „Oh, die Cousine ist tugendhaft; sie weiß zu widerstehen!“
    „Auch dir, Adonis?“ fragte der Herzog lachend.
    „Auch mir!“
    „So rufe sie!“
    Cortejo rief und klopfte, es erfolgte aber keine Antwort. „Da haben Sie es“, meinte Cortejo trocken.
    „Schlaukopf!“ rief der andere. „Du hast ihr Verhaltungsmaßregeln erteilt. Aber das schadet nichts. Sie hat zwar genug Fleisch, aber auch einen halben Zentner

Weitere Kostenlose Bücher