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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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du stimmst bei, Zarba?“
    „Vollständig! Dieser Advokat Cortejo soll uns noch manche Summe zahlen müssen! Jetzt komm!“ –
    Als am nächsten Morgen der Lieutenant de Lautreville noch nicht wieder zurückgekehrt war, hegte man in Rodriganda nun die feste Überzeugung, daß ihm ein Leid geschehen sei. Sternau hielt es für das beste, über seine Vermutungen noch zu schweigen, als beschlossen wurde, nach Paris zu schreiben. Er hatte jetzt seine ganze Sorgfalt auf Don Emanuel zu verwenden.
    Dieser lag in einer tiefen Schwäche. Er genoß die ihm dargereichten Lebensmittel und flüsterte den Namen Alimpo vor sich hin; das waren die einzigen Lebenszeichen, welche er gab.
    Graf Alfonzo ließ sich im Krankenzimmer nicht sehen. Cortejo und die fromme Schwester auch nicht. Diese drei saßen immer zusammen und hielten Beratung. Alfonzo wollte sich an die Gerichte wenden, um seine Ansprüche geltend zu machen, doch Cortejo veranlaßte ihn zu dem Versprechen, wenigstens noch einen Tag zu warten, ehe er diesen Entschluß zur Ausführung bringen werde.
    So verging der Tag, und der Abend brach herein.
    Ungefähr eine Dreiviertelstunde im Nordosten von Rodriganda liegt ein nicht gar zu kleines Dorf, welches Loriba heißt. Dort war der Bäcker, ein reicher Mann, gestorben und heute begraben worden. Der Totengräber, welcher mit im Dorf, nicht aber in der Nähe des vor dem Ort liegenden Kirchhofes wohnte, hatte es nicht für nötig gehalten, das Grab sofort aufzusetzen, sondern es nur so weit zugeworfen, daß es der Erde gleich war.
    Es mochte um die elfte Stunde sein. Es schien kein Mond vom Himmel, aber die Sterne verbreiteten einen genügenden Schimmer, daß man zwei oder drei Schritte weit sehen konnte, da kam eine kleine Truppe phantastisch gekleideter Leute leise über die Felder gestiegen und schritt auf den Kirchhof zu. Es waren fünf erwachsene Zigeuner und drei Knaben. Diese Knaben wurden als Wächter ausgestellt, die anderen fünf aber schwangen sich über die Mauer.
    „Hast du richtig aufgepaßt, Lorro? Weißt du das Grab?“ fragte der eine von ihnen.
    „Ich weiß es“, antwortete der Gefangene. „Kommt!“
    Er schritt mit Sicherheit zwischen den alten Gräbern hindurch, denn er war heute während des Begräbnisses Zuschauer gewesen und führte sie zur richtigen Stelle. Dort angekommen, begannen sie sogleich ihre Arbeit. Die dazu gehörigen Hacken und Schaufeln hatten sie sich mit Leichtigkeit im Dorf zusammengesucht.
    Da die Erde sich noch nicht gesenkt hatte, sondern locker war, so ging ihre Arbeit nicht nur schnell, sondern auch ziemlich unhörbar vonstatten, so daß sie bereits nach fünfzehn Minuten auf den Sarg stießen. Nach kurzer Zeit bereits gelang es ihnen, denselben im jetzt offenen Grab so aufzurichten, daß das Kopfende oben am Rand lehnte; dann öffneten sie ihn.
    Derjenige, welcher Lorro genannt worden war, öffnete eine bisher versteckt gehaltene Blendlaterne und leuchtete der Leiche in das starre Angesicht.
    „Komm heraus, Alter!“ sagte er. „Du sollst mit uns spazieren gehen!“
    Der in seiner Grabesruhe gestörte Bäcker wurde herausgenommen und neben das Grab gelegt. Den Sarg legte man in seine vorige Lage nieder, und dann wurde das Grab wieder zugefüllt und geradeso hergerichtet, wie sie es gefunden hatten. Mit Hilfe der Blendlaterne gelang es ihnen leicht, alle Spuren ihrer Anwesenheit zu beseitigen.
    Hierauf nahmen zwei der Zigeuner die Leiche auf die Schulter und verschwanden mit ihr im Dunkel der Nacht; die Knaben kehrten nach ihrem Lager zurück, die übrigen drei Männer aber sputeten sich, noch zur rechten Zeit nach Rodriganda zu kommen.
    Dort traf im Park gerade um die Mitternachtsstunde der Advokat bei der Eiche ein und fand die Gitanos alle versammelt.
    „Garbo?“ fragte er.
    „Hier bin ich“, meinte der Gerufene.
    „Sind alle da, oder müssen wir noch warten?“
    „Wir sind vollzählig.“
    „So kommt!“
    Er schritt ihnen voran und führte sie über Stellen, an denen ihre Füße keine auffälligen Eindrücke hinterlassen konnten. Dann geleitete er sie durch dieselbe Tür, durch welche er mit den Seeleuten eingedrungen war, in das Schloß. Hier brannte keine Lampe mehr, und es wurde also die Blendlaterne hervorgezogen. Es ging mehrere Stiegen empor und wieder hinab, durch eine ganze Reihe von unbewohnten Zimmern hindurch bis in einen Raum, in welchem viele Bücherregale standen. Es war die Bibliothek.
    „Wartet!“ sagte der Advokat. „Ich werde

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