43 - Der Triumph von Scorpio
ich mit ihnen kämpfen ... Etwas Federleichtes berührte kurz meine Nase.
Die Flick-Flick-Pflanze griff mit einem Tentakel zu, schnappte sich die Fliege und schnippte sie in einen orangenfarbenen kegelförmigen Blütenkelch. O ja, ich dankte Opaz dem Wachstumsbringer von ganzem Herzen, daß er Flick-Flick-Pflanzen auf Kregen hat wachsen lassen, als die Welt noch jung war!
Eine Stimme brüllte scharf: »Brassud!« Die Wachen nahmen Haltung an. Im nächsten Augenblick drehten sie sich nach rechts und marschierten los. Sie begleiteten nun eine junge Frau mit ihrer Dienerschaft, und das verriet mir, daß ich mich zumindest in der Nähe meines Ziels befand.
Deb-Lu erschien. Seine Gestalt umgab nicht einmal ein blauer Schimmer. Er rieb sich die Nase, und ich – ich gebe es zu – lachte.
»Esser Rarioch wird so sauber gehalten«, sagte er, »daß sie für die Flick-Flick-Pflanzen extra Fliegen züchten müssen. Das ist hier ganz anders, nicht wahr, Dray?« Wir gingen den Korridor entlang und näherten uns einer Kreuzung, wo das Licht heller brannte.
»Gewiß, Deb-Lu. Doch wenn der Mensch der Natur ins Handwerk pfuscht, indem er sein Haus so sauber hält, daß Fliegen keine Nahrung finden, muß er dann nicht, um Opaz' Willen zu erfüllen, für die Pflanzen sorgen, die von Fliegen leben?«
»Nur zum Teil. Sie können auch ohne ...«
»Sicher. Aber was ist mit dem grundsätzlichen Problem?« Wir hatten die Kreuzung erreicht, und es war niemand zu sehen. Ich fand nichts Ungewöhnliches daran, unter diesen Umständen eine philosophische Diskussion zu führen, und ich bin davon überzeugt, daß Deb-Lu der gleichen Meinung war.
»Oh, ich stimme dir in jeder Hinsicht zu, daß wir uns um Opaz' Wesen kümmern müssen.« Er schwenkte mit seinen Stab. »Da vorn ist es.«
»Eine Flick-Flick-Pflanze, der man Fliegen vorenthält, ist wie ein Luftchunner, dem man Purchales verweigert.«
Deb-Lus amüsiertes Kichern traf mit unserer Ankunft vor einer Balass-Tür zusammen, die mit Elfenbeineinlegearbeiten aus Chem verziert war. »Hier wohnt offenbar ein wichtiger Bursche, Jak.«
»Dann gehe ich hinein und statte ihm einen Höflichkeitsbesuch ab.« Ich stieß die Tür auf.
»Oh. Er ist nicht da. Er trifft die letzten Vorbereitungen für die allabendliche Orgie.«
Die Luft des überladenen Gemachs stank nach abgestandenem Parfum. Der protzigen Zurschaustellung von Möbeln und Einrichtungsgegenständen nach zu urteilen handelte es sich bei diesem Kämmerer um einen wichtigen Mann. Ich stapfte über den dicken walfargischen Teppich – der meiner Einschätzung nach höchstens dritte Wahl war –, bis Deb-Lu laut rief: »Da!«
Ich stand direkt vor einer mit einem Gobelin bedeckten Wand. Er zeigte die rituelle Hinrichtung San Sin-Sin-Yarelings. Mir wäre nicht im Traum eingefallen, das Ding in einem meiner Häuser zu dulden. Ich schlug den Gobelin beiseite, berührte den Hebel, und die Geheimtür klappte auf.
»Vielen Dank, Deb-Lu.«
»Ich möchte im Augenblick keinesfalls mehr Kharma einsetzen. Satras Zaubererkollegium ist nicht völlig unfähig.«
»Das stimmt.«
Deb-Lu verblaßte, und ich betrat den Gang hinter der Geheimtür. Wie in den meisten kregischen Gebäuden von Bedeutung hatten die Architekten auch hier für Sichtschlitze im Geheimgang gesorgt, so daß der überraschend saubere Korridor von waagerecht einfallenden Lichtstreifen erhellt wurde. Ich überlegte mir, ob ich als Sklave gehen sollte, doch dann entschied ich mich dagegen und behielt die Paktun-Verkleidung bei. Bei einer bemerkenswerten Gelegenheit hatte mich der Chingle eines Pakais verraten. Der tote Rapa-Meuchelmörder, dessen Lynxter, Paki und Pakmort ich nun trug, hatte zwar relativ wenig Siegesringe auf die Kette aufziehen können, aber es waren doch so viele, daß ich sie abnahm und in die Tasche steckte. Jeder Silberring hatte einst einen Pakmort an der Silberkette befestigt. Es gab nur zwei goldene Ringe; der Rapa hatte also über zwei Zhan-Paktuns triumphiert.
Jeder Lichtstrahl, der in den schmalen Gang einfiel, erlaubte den Einblick in ein Zimmer oder ein Gemach. Manchmal waren es sogar verschiedene Ansichten desselben Raumes.
Wir hatten herausgefunden, daß Schian in der Stunde des Dim eine wichtige Besprechung abhalten wollte. Da wollte ich dabeisein. Ich nahm leise und vorsichtig viele Abzweigungen, Leitern und Wendeltreppen, und kam schließlich zu dem Beobachtungsschlitz, der mir Einblick in das Gemach gewährte, das Schian als Arbeitszimmer
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