Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

Titel: 43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
ging.
    Mehrere Tage später kamen des Nachmittags einige Herren angeritten, unter ihnen auch der Herzog von Olsunna. Dieser letztere kam nicht allein; an seiner Seite befand sich Gasparino Cortejo, sein Spießgeselle.
    Als beide ihre Pferde abgegeben hatten und langsam durch das Portal traten, fragte der Herzog den Gefährten:
    „Du hast doch die Pistolen nicht vergessen?“
    „Nein, sie sind in meiner Tasche.“
    „Recht so! Ich weiß, daß es ein Duell oder etwas dem Ähnliches geben wird, sobald ich mit meiner Rache beginne. Dieser kleine Graf Ferdinando soll mich nicht umsonst niedergeschlagen haben.“
    „Und mich ebensowenig!“ brummte Gasparino Cortejo und begab sich zunächst zu seinem Vater. Henrico Cortejo war nämlich auch mit auf Rodriganda, denn die Trauung gab viel Veranlassung zu allerhand Schreibereien, die er anzufertigen hatte. Er wohnte neben dem Grafen, dessen Zimmer wieder an diejenigen der Ballerina stießen.
    Diese letztere hielt sich heute recht einsam und ließ sich gar nicht sehen.
    Am Abend waren alle zur Tafel versammelt; da trat der Graf mit der Ballerina ein. Das hatte man allgemein erwartet, denn weshalb man nach Rodriganda geladen war, das war ja ein öffentliches Geheimnis.
    Der Graf teilte den Versammelten in kurzen Worten mit, daß er beabsichtige, jetzt seine Verlobung mit Doña Hanetta Valdez zu begehen. Er erwarte am späten Abend seine Söhne aus Madrid, und dann solle sofort morgen die Vermählung gefeiert werden.
    Man war nach Kräften lustig und guter Dinge, man erging sich in Toasten und Wünschen, aber man konnte sich nicht erwärmen, denn es lag wie fühlbarer Druck auf der Gesellschaft, und es war ganz so, als ob sich heute noch irgend etwas Schlimmes ereignen müsse.
    Nach der Tafel zog sich die Braut zurück, und die Herren blieben beim Wein. Später hörte man das Rollen eines Wagens, und der Graf ging hinab, die Gäste zu empfangen. Es waren seine beiden Söhne. Er führte sie in sein Kabinett.
    Sie hatten nur die kurze Weisung erhalten, wegen einer dringenden Familienangelegenheit nach Rodriganda zu kommen, und wußten nicht, um was es sich handele. Sie saßen daher jetzt dem Vater mit Spannung gegenüber.
    „Ihr wißt“, begann dieser, „daß ich nie ein Freund von vielen Worten gewesen bin, und so will ich auch jetzt keine Einleitung vorausschicken. Vernehmt, daß ich im Begriff stehe, mich zum zweiten Mal zu vermählen!“
    Wäre ein Blitzschlag in die Erde gefahren, so hätten die beiden Söhne kaum mehr erschrecken können als jetzt.
    „Vermählen?“ fragte Emanuel.
    „Eine zweite Frau?“ rief Ferdinando. „Jetzt noch!“
    „Ja, jetzt noch!“ antwortete der Graf mit schwerer Betonung. „Es ist augenblicklich nicht die Zeit zu langen Auseinandersetzungen. Darum wollen wir uns rasch klarwerden. Beantwortet mir einige Fragen. Zunächst: Könnt ihr mir es verwehren, mich nochmals zu verheiraten?“
    „Nein“, antwortete Emanuel.
    „Oder wollt ihr es mir verwehren?“
    „Nein“, sagte auch Ferdinando.
    „Nun, so könnt ihr sicher sein, daß von euch beiden keiner in seinen wohlberechtigten Interessen geschädigt werden wird. Ich hoffe jedoch, daß meine Gemahlin bei euch die Achtung und Liebe, die Rücksicht und das Entgegenkommen finden wird, die das Kind der Mutter schuldet!“
    „Wer ist sie, Vater?“ fragte Emanuel.
    „Sie ist nicht von Adel.“
    „Ah!“ rief Emanuel.
    „Nicht?“ rief Ferdinando.
    „Nein“, sagte der Graf. „Ich habe nicht notwendig, nach neuem Glanz zu sehen. Übrigens ist sie allerdings von einer Art Adel. Ich meine den Geistesadel. Sie ist Künstlerin.“
    Die beiden Brüder sahen einander ganz erschrocken an.
    „Was für eine?“ fragte endlich Emanuel.
    „Eine Ballerina.“
    „Donnerwetter!“ rief Ferdinando.
    „Paßt das nicht?“ fragte der Graf ihn scharf.
    „Nein.“
    „Was sagst du?“ fuhr da der Vater empor.
    „Nein, das sage ich aufrichtig. Paßt eine Balletteuse etwa in das bisher unentweihte Schloß unserer Väter?“
    „Schweige, Knabe!“ gebot Graf Manfredo. „Ihr folgt mir jetzt zu ihr. Ich werde euch vorstellen.“
    „Eigentlich müßte eine Balletteuse uns vorgestellt werden und nicht wir ihr; aber du bist der Vater, und so gehorchen wir“, sagte Ferdinando. „Wir werden uns dir nicht im geringsten in den Weg stellen, aber wir machen dich für alles verantwortlich.“
    „Die Verantwortung werde ich tragen“, sagte der Graf. „Übrigens bist du der Jüngere von euch beiden.

Weitere Kostenlose Bücher