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43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

Titel: 43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Emanuel hätte eher das Recht zu sprechen.“
    „Ich werde jetzt nicht sprechen“, erklärte der Genannte. „Zeige uns die Dame, Vater, dann werden wir ja ein Urteil finden.“
    „Recht so, mein Sohn! Ich bin überzeugt, sobald ihr sie seht, ist euer Vorurteil sofort besiegt. Kommt!“
    Mit diesen Worten führte er beide bis zur Tür, hinter der Hanetta wohnte, öffnete rasch und sagte:
    „Meine beiden Söhne, Hanetta!“
    Die Ballerina hatte auf einem Fauteuil gesessen und erhob sich. Ihr Blick fiel zunächst auf Emanuel, und ihr Gesicht nahm einen überaus herzlichen Ausdruck an. Dann aber erblickte sie Ferdinando – und eine leichenhafte Blässe bedeckte ihr Gesicht, sie griff mit den Händen konvulsivisch in die Luft und sank ohnmächtig zu Boden.
    „Was ist das?“ rief der Graf, indem er ihr zu Hilfe sprang.
    Auch Ferdinando war erbleicht, fürchterlich erbleicht, aber er raffte sich sofort wieder auf.
    „Vater“, fragte er, „wann hat dir diese Person ihr Wort gegeben?“
    „Gestern waren es drei Wochen.“
    Da streckte der Sohn die Hand zur Abwehr aus.
    „So rühre sie nicht an, sie ist eine Dirne! Olsunna hat recht!“
    „Wie?“ fragte Emanuel. „Dieses Weib ist die Fremde vom Manzanares, Ferdinando?“
    „Ja.“
    Da faßten die beiden Söhne den Vater fest und zwangen ihn, das Zimmer zu verlassen.
    Erst nach längerer Zeit erschien ein Diener im Speisesaal und meldete, daß sein Herr verhindert sei, zu kommen.
    „Und die jungen Herren?“ fragte der Herzog von Olsunna.
    „Sind beim Gnädigen.“
    „Ah, ich ahne, was geschehen ist! He da, Diener, sagen Sie einmal den drei Herren, daß ich sie augenblicklich zu sprechen verlange, wenn ich sie nicht öffentlich für ehrlose Wichte erklären soll.“
    Der Diener verschwand augenblicklich. Alle Gäste waren erbleicht.
    „Olsunna!“ rief einer warnend.
    „Schon gut. Ich weiß genau, was ich tue.“
    Schon nach kurzer Zeit trat der Graf mit seinen Söhnen ein. Sie schritten bis an die Tafel vor, und dann fragte Graf Manfredo mit hohler Stimme:
    „Weshalb läßt uns Durchlaucht rufen?“
    „Erlaucht“, antwortete der Gefragte, „wir sind hier, um eine Verlobung zu begehen. Dies scheint aber nicht der Fall zu sein.“
    „Haben Sie darüber eine Frage zu stellen?“
    „Allerdings. Man führt uns eine Dirne als Braut vor, man verschwindet dann; man läßt sagen, daß man nicht wiederkommt. Ich will wissen, ob hier ein Scherz, eine Mystifikation oder etwas anderes vorliegt.“
    „Hier liegt weder ein Scherz noch eine Mystifikation vor, aber eine unerhörte und freche Beleidigung von Ihrer Seite!“ rief Graf Manfredo. „Ich fordere Sie!“
    „Ich schlage mich mit Ihnen nicht“, entgegnete der Herzog.
    „Warum nicht?“
    „Der Verlobte einer Tänzerin ist nicht satisfaktionsfähig!“
    Graf Manfredo wollte sich auf ihn werfen, aber seine beiden Söhne hielten ihn zurück.
    „Halt, Vater!“ sagte Ferdinando. „Du hast zwei Söhne, die diese Schmach nicht sitzenlassen werden. Hinaus mit dir, Bube!“
    Der mutige Jüngling trat auf den Herzog zu und erhob die Faust.
    „Schön, ich gehe“, sagte dieser mit wüstem Lachen. „Vorher aber werde ich die schöne Ballerina noch einmal besuchen, um zärtlichen Abschied zu nehmen.“
    Dann verließ er den Saal.
    Graf Manfredo stieß einen Schrei der Wut aus. Er stürzte zur entgegengesetzten Tür hinaus nach seinen Gemächern. Dort riß er den Waffenschrank auf und nahm einen Revolver, der geladen war. Mit diesem schritt er durch mehrere Räume, bis er an dasjenige Zimmer kam, das an die Gemächer der Ballerina stieß. Hier gab es eine Tapetenwand, von der Hanetta nichts wußte. Er glaubte wirklich, daß Olsunna so frech sein werde, die Zimmer der Tänzerin in roher Weise zu betreten. Er öffnete also geräuschlos die Tapetentür und trat leise ein. –
    Unterdessen hatte sich die Ballerina von ihrer Ohnmacht erholt.
    „O mein Gott“, seufzte sie. „Er, er mein Stiefsohn! Welch eine Strafe! Hin ist die Grafschaft, hin sind die Millionen! Was tue ich?“
    Sie war ganz außer sich, sie rang die Hände; sie konnte keinen Gedanken fassen. Endlich kam ihr doch ein Einfall.
    „Nur Cortejo kann hier helfen!“
    Rasch klingelte sie und befahl dem Mädchen, Señor Henrico Cortejo sofort zu ihr zu senden.
    Als dieser eintrat, hatte er noch keine Ahnung von dem, was geschehen war, aber er sah es ihr an, daß sie sich in einer ungewöhnlichen Stimmung befinde.
    „Mein Gott, was hast du, was ist

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