44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
sicherer können wir auf seine baldige Herstellung rechnen.“
Amy ging auf diesen Vorschlag ein, und Mariano, der einstige Räuber, stimmte bei. Der Kapitän des englischen Kriegsschiffes wurde von diesem Entschluß benachrichtigt. Er bemerkte zwar, daß die Dame ihm anvertraut sei, konnte sie aber doch nicht zwingen, auf seinem Fahrzeug zu bleiben. Er machte nur in ehrlicher Weise Sternau darauf aufmerksam, daß dieser bei dem Angriff des Piraten mitgewirkt habe und also Teilhaber am Prisengeld sei, doch dieser schlug dies aus, ließ die Effekten der Engländerin an Bord der Jacht bringen und dampfte dann davon, Kingston entgegen.
Als sie dort anlangten, wurde nach den notwendigen Formalitäten Amy an das Land gesetzt, und Sternau begleitete sie zum Gouverneur. Dieser wollte sie seiner Familie vorstellen und bat sie, längere Zeit der Gast derselben zu sein; sie aber ersucht ihn, sie von einem solchen Aufenthalt zu dispensieren, da sie Veranlassung habe, mit möglichster Schnelligkeit nach Mexiko zurückzukehren. Als der Beamte merkte, daß sein Bitten nichts fruchtete, versprach er sofortige Erledigung der Depeschen und hielt auch in der Weise Wort, daß die Jacht ‚Rosa‘ bereits am nächsten Vormittag in See stechen konnte.
Sie dampfte ganz denselben Weg zurück, den das Kriegsschiff gekommen war; darum traf sie an der Pedro-Bank wieder auf dasselbe. Es lag noch immer neben der ‚Péndola‘, um deren Ladung zu löschen. Sternau legte einige Augenblicke bei und erfuhr da, daß man bald mit der Arbeit fertig sei und dann das Räuberschiff anbohren und in die Tiefe versenken werde.
„Es wird von den Piraten wohl keiner entkommen sein“, sagte Amy.
„Das ist sehr fraglich“, meinte der englische Kapitän. „Als Sie uns nämlich verlassen hatten, suchte ich mit dem Fernrohr die drüben liegende Küste von Jamaika ab, und da glaubte ich einige Männer in Seemannstracht zu bemerkten, die einen Verwundeten oder Kranken trugen. Da dieser Teil der Küste unbewohnt ist, fiel mir die Anwesenheit dieser Leute auf, und ich sandte sofort ein Boot ab; doch fanden meine Jungen zwar menschliche Spuren, aber keine Personen.“
„Sollte es wirklich dem Kapitän gelungen sein, an das Ufer zu kommen?“ meinte Sternau. „Dann wäre es gut, einmal dort anzulegen.“
„Warum sollte es gerade der Kapitän sein?“ fragte der Engländer.
„Weil ich ihn allein verwundet habe, und zwar mit Vorbedacht; die anderen habe ich erschossen.“
Da meinte Mariano mit finsterer Miene:
„Er ist das Leben nicht wert, aber ich würde mich freuen, wenn er lebte, denn dann hätte ich Hoffnung, ihm noch einmal zu begegnen und mit ihm abzurechnen. Er ist wie ein Teufel gegen mich gewesen, ich habe Höllenqualen bei ihm erduldet, und das soll er mir mit doppelten Qualen entgelten.“
„Gut, verschaffen wir uns Gewißheit“, sagte Sternau. „Die Nachforschung erfordert einen Aufenthalt von höchstens einer Stunde, und es ist besser, wir wissen, woran wir sind.“
Die Jacht dampfte nun dem Punkt der Küste entgegen, den der Kapitän bezeichnet hatte, und erreichte denselben binnen einer Viertelstunde. Da Sternau sich von den anderen die Spuren nicht verderben lassen wollte, stieg er allein aus, um den Ort sorgfältig abzusuchen, aber die Küste bestand aus hartem Korallenfelsen, und da gestern, als der Kampf stattgefunden hatte, gerade Ebbe gewesen war, so hatte die Flut inzwischen die vorhandenen Spuren verwaschen. Man mußte also unverrichteter Sache wieder abfahren.
Die Fahrt nach Vera Cruz war eine sehr schnelle und glückliche. Als man dort anlangte, wurde beschlossen, daß Sternau und Helmers die beiden Liebenden nach Mexiko begleiten sollten. Die Jacht blieb unter der Obhut der Matrosen zurück.
Da Mariano an so großer Schwäche litt, so war es unmöglich, zu Pferde zu reisen. Es wurde also die Postdiligence benutzt, die zwischen Mexiko und dem Hafen regelmäßig hin und her geht. Die drei Männer bewaffneten sich, versahen sich mit Proviant, da man in jenen Gegenden von unseren wohleingerichteten Restaurationen nichts weiß, und dann verließen sie die Hafenstadt.
Eine Fahrt mit der mexikanischen Diligence ist nichts Bequemes und Erfreuliches. Ein solcher Wagen ist für zwölf bis sechzehn Personen eingerichtet und wird von acht halbwilden Maultieren gezogen. Vorn sind zwei, in der Mitte vier und an der Deichsel wieder zwei angespannt. Die Tiere weiden Tag und Nacht im Freien und müssen vor Gebrauch immer erst mit
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