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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Befehl erhalten, mein Quartier hier aufzuschlagen.“
    „Mit der ganzen Schwadron?“
    „Gewiß.“
    „Auf Kosten der Hacienda?“
    „Ja.“
    „Gegen diese Maßregel muß ich protestieren.“
    „Mit welchem Recht?“
    „Mit dem Recht, welches dem Besitzer zusteht. Mein Name ist Verdoja, Señor.“
    „Ah, Sie sind ein Verwandter des Besitzers?“
    „Nein; ich bin der Besitzer selbst. Ich befinde mich hier, aber nicht in Potosí. Sie sehen also, wer von uns beiden am besten unterrichtet ist.“
    „So beruht die Sache auf einem Irrtum?“
    „Wahrscheinlich. Ich stehe im Begriff, meine Vaqueros zu inspizieren; dies ist ein Ritt, der sich nicht aufschieben läßt. Quartieren Sie sich nach belieben ein, aber denken Sie daran, daß ich nicht verantwortlich bin für das, was Sie tun. Adieu!“
    Er schwang sich auf sein Pferd und ritt davon, ohne einen der Dragoner eines Blickes zu würdigen. Niemand folgte ihm, und er erreichte die Pyramide unbemerkt und unbeobachtet. Er stieg dort ab, führte sein Pferd in das Gebüsch und band es dort an.
    An dieses Gebüsch stieß ein zersprungener Felsen, in dessen Rissen sich eine kleine Moosart angesiedelt hatte. Da, wo der Felsen auf dem Boden ruhte, schienen einige Risse tief einzuschneiden. Verdoja kniete nieder und legte die eine Schulter an den Felsen. Er drückte dagegen und ein Stück dieses Felsens, welches von vier Rissen eingefaßt war, wich nach innen. Jetzt wurde ein großes Loch sichtbar und auf dem Boden desselben einige harte Steinrollen, auf denen sich das Felsenstück bewegt hatte. Das Loch hatte einen Umfang, um einem Mann in gebückter Stellung Eingang zu gestatten.
    Verdoja trat ein, wendete sich in eine seitliche Vertiefung und schob den Felsen wieder in sein früheres Lager zurück.
    In dieser Vertiefung standen einige Blendlaternen von derselben Art, wie der Wächter eine getragen hatte. Verdoja brannte eine derselben an und schritt nach einem Gang, der abwärts in den Felsen lief. Nach einer Weile ging es einige Stufen aufwärts, dann wieder abwärts, bald geradeaus, bald in einem Bogen. Er gelangte durch Felsenkammern, er kam an Zellen vorüber. Er öffnete Türen und schloß sie wieder nur durch einen leichten Druck mit der Hand, wobei ein scharfes, metallisches Klingen sich hören ließ. Die Wände waren feucht, der Fußboden noch feuchter.
    Endlich ging es eine Treppe aufwärts. Er öffnete auf dieselbe geheimnisvolle Weise noch einige Türen, kam durch mehrere Gänge und endlich auch an die Tür, vor welcher die vier Gefangenen sich vergeblich angestrengt hatten. Sie wich seinem leisen Druck, obgleich sie auf der anderen Seite mit zwei Riegeln befestigt war. Er hatte noch die Tür zu passieren, welche der Wächter offengelassen hatte, und trat nun in den Gang, in welchem die beiden Zellen lagen, in denen Mariano und Helmers angefesselt gewesen waren.
    Er hatte alle diese Türen hinter sich verschlossen. Er ahnte nicht, daß man in diesem Gang auf ihn warte. Er glaubte, daß Pardero sich noch immer bei der Indianerin befinde, daß er dem Wächter nicht gefolgt sei, und daß dieser durch irgendeinen zufälligen Umstand verhindert worden sei, nach der Hacienda zurückzukommen.
    So schritt er langsam vorwärts und bog in den Gang ein, in welchem die beiden Gefängnisse der Mädchen lagen. Da fiel das Licht der Laterne auf Mariano. Er erkannte ihn vollständig, und zu gleicher Zeit wurde er von hinten gefaßt.
    „Halt! Ich habe ihn!“ rief Helmers.
    „Noch nicht!“ brüllte Verdoja.
    Er riß sich los und versetzte Mariano, welcher ihn gleichfalls packen wollte, einen Fußtritt in den Unterleib, daß der Getroffene zu Boden stürzte. Dann sprang er in langen Sätzen vorwärts, die Laterne in der Hand.
    Er ahnte im Augenblick, wie die Sache stand. Pardero und der Wärter waren getötet worden, sonst konnten die Gefangenen ja nicht frei sein. Es galt, ihnen zu entkommen und dafür zu sorgen, daß sie den Ausweg nicht fanden. Darum setzte er den Kampf nicht fort, sondern zog die Flucht vor.
    „Ihm nach!“ rief Helmers.
    Mariano hatte sich augenblicklich wieder erhoben.
    „Ohne die Damen?“ fragte er.
    „Ja“, antwortete Helmers.
    „Aber wenn wir sie verlieren! Ich hole sie!“
    „So laufe ich voran.“
    Er sprang dem Fliehenden nach, während Mariano die Mädchen holen wollte. Es war nicht nötig; sie standen bereits hinter ihm, mit der brennenden Laterne in der Hand. Karja war sogar so vorsichtig gewesen, die Ölflasche zu ergreifen.

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