44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
hat heute ganz allein mehr als zehn Büffel getötet. Der Häuptling der Mixtekas soll ihn sprechen; er soll unser Bruder sein, und die Krieger der Apachen werden seine Brüder sein und ihn nicht töten.“
Über das kühne, ernste Gesicht ‚Büffelstirns‘ glitt ein leises, ganz leises Lächeln. Er sagte:
„Die Krieger der Apachen würden ihn nicht fangen und töten, selbst wenn sie seine Feinde wären. ‚Büffelstirn‘ kennt niemanden, den er zu fürchten hat.“
Der Alte gab seine Zustimmung durch ein längeres Schweigen; dann fragte er: „Soll ich einen Krieger rufen, daß er ‚Büffelstirns‘ Pferd hole?“
Der Gefragte verneinte und sagte:
„Die Krieger der Apachen sind sehr beschäftigt, die Büffel zu töten. ‚Büffelstirn‘ wird selbst gehen, um sein Pferd zu holen. Es ist keine Schande für einen Häuptling, nach dem Tier zu sehen, welches ihn getragen hat.“
Er erhob sich und ging.
Er wand sich von Busch zu Busch über den schmalsten Teil der Prärie hinweg, ohne von einem der Apachen gesehen zu werden. Sie wußten sich so sicher vor Feinden, daß sie die sonstige Vorsicht nicht für nötig hielten; zudem war eine jede seiner Bewegungen so berechnet und schlau, daß er selbst einen aufmerksamen Feind getäuscht hätte. Er hatte dies hier gar nicht nötig, aber als Indianer suchte er eine Befriedigung darin; selbst auf dem Gebiet der Freunde zu verweilen, ohne von ihnen gesehen zu werden.
Die Prärie, welche hier eigentlich nur eine Einbuchtung der großen Savanne genannt werden konnte, stieß an einen mächtigen Urwald, welcher die Höhen und Schluchten bestand, welche sich nach dem eigentlichen Gebirge emporzogen. ‚Büffelstirn‘ bog in diesen Urwald ein, durchschritt ihn quer und stand im Begriff, in eine der Schluchten hinabzusteigen, als er da unten ein lautes Stampfen und das gewaltsame Brechen von Büschen und Sträuchern vernahm. Hinabschauend, gewahrte er einen Büffelstier, welcher aus der offenen Prärie hereinbrach und von einem Indianer zu Pferde verfolgt wurde. Dieser trug den Köcher auf dem Rücken, den Bogen in der Linken, in der Rechten aber den langen, elastischen Büffelspeer, welcher für den Büffel gefährlicher ist als eine Büchsenkugel. Es war ein junger, kaum zwanzigjähriger Mensch, ein älterer und erfahrenerer Krieger hätte das weiche, saftige Fleisch einer Büffelkuh dem harten eines alten Stieres vorgezogen und es sich auch nicht einfallen lassen, so einem mächtigen Tier auf ein so gefährliches Terrain zu folgen. Dieser aber hatte sich von der Jagdlust hinreißen lassen und folgte dem Stier durch dick und dünn, so daß die zusammenschlagenden Äste ihm das Gesicht zerschlugen und ihn fast vom Pferd rissen.
So stürmten sie in die enge, kurze Schlucht hinein, in deren Hintergrund ‚Büffelstirn‘ sein Pferd versteckt hatte. Dort sah der Stier, daß er nicht weiter konnte. Er senkte den unter der gewaltigen Mähne fast ganz verborgenen Kopf und warf sich gerade in dem Augenblick herum, als der Indianer den Speer nach der Stelle schleuderte, wo der Büffel am leichtesten zu verwunden ist – hinter und oberhalb der Gegend, wo die Mähne aufhört.
Durch die Bewegung des Tieres wurde der Zielpunkt verändert, und der Speer drang in eine ganz ungefährliche Stelle ein. Der Büffel fühlte sich verwundet, er blies schnaufend einen heißen Dampf aus den Nüstern, senkte den Kopf mit den kurzen, spitzen und fürchterlichen Hörnern abermals und stieß dieselben dem Pferd in den Leib. Im Nu stürzte dasselbe mit aufgeschlitztem Bauch zur Erde. Die Eingeweide hingen ihm heraus.
Der Indianer hatte sich, schon im Sturz, durch einen raschen Sprung auf die Erde gerettet. Er besaß keine andere Waffe als seine Pfeile und sein Messer. Ein Augenblick genügte, um einen Pfeil aus dem Köcher zu nehmen, im zweiten Augenblick war der Bogen gespannt und im dritten schwirrte der Pfeil von der Sehne ab und dem Stier in das eine Auge.
Das war eine seltene Geistesgegenwart, aber der Stier besaß noch ein Auge, mit welchem er sehen konnte. Er stieß ein heiseres Brüllen aus, hielt einen Augenblick inne und senkte den Kopf abermals zu einem Stoß, der jetzt jedenfalls tödlich gewesen wäre. Da blitzte neben dem Indianer ein Schuß auf, mit dem Krachen desselben warf der Büffel den Kopf zur Seite, ein gewaltiges Zittern durchlief seinen kolossalen Körper, er brach erst auf die vorderen, dann auf die hinteren Knie zusammen und fiel dann zur Seite, er war tot; die
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