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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Kugel war ihm durch das andere Auge bis in das Gehirn gedrungen.
    Als ‚Büffelstirn‘ bemerkte, welch einen unglücklichen Ausgang der Kampf nehmen mußte, war er den steilen Hang hinabgesprungen und hatte den Schuß abgefeuert. Als der Indianer sich jetzt nach ihm umwendete, war er nach Jägerart schon beschäftigt, den abgeschossenen Lauf wieder zu laden.
    „Schmeckt meinem Bruder das Fleisch eines Stieres besser, als das einer Kuh?“ fragte er ruhig. „Tötet mein Bruder den Büffel lieber im Wald, als in der offenen Prärie? Mein Bruder, tue in Zukunft das, was besser und klüger ist!“
    Man konnte trotz der dunklen Haut des Wilden deutlich sehen, daß er errötete. Sofort aber hatte er sich gefaßt, warf das Haupt stolz in den Nacken und antwortete auf die Zurechtweisung in zornigem Ton:
    „Was geht es dich an, wenn der Stier mich getötet hätte!“
    „Hat mein Bruder keinen Vater, der um ihn getrauert hätte?“ fragte ‚Büffelstirn‘.
    „Mein Vater ist das ‚Fliegende Pferd‘!“ sagte der Indianer stolz.
    „Und wie heißt du?“
    „Mein Name wird genannt werden auf allen Höhen und in allen Tälern!“
    „Du hast noch keinen Namen? So wärst du also hier gestorben, ohne daß man hätte sagen können, wen man begraben habe. Mein junger Bruder ist einer sehr großen Schmach entgangen. Er möge vorsichtiger sein, dann wird er einst einen sehr berühmten Namen tragen.“
    Bei den Apachen erhält nämlich der junge Krieger erst dann seinen Namen, wenn er seine erste Heldentat verrichtet und den Skalp eines Feindes erobert hat. Es ist eine Schande, als junger Mann getötet zu werden, ohne einen Namen zu besitzen.
    Darum steigerte sich der Zorn des Apachen bei den letzten Worten ‚Büffelstirns‘ noch mehr, er zog das Messer und sagte:
    „Soll ich deinen Skalp nehmen und dann einen Namen haben?“
    ‚Büffelstirn‘ lächelte und antwortete:
    „Ich würde zehnmal den deinen haben, ehe du einmal den meinen!“
    „Versuche es!“
    Mit diesem Ausruf faßte der Apache den anderen bei der Brust und holte zum Stoß aus, aber blitzschnell ergriff ‚Büffelstirn‘ die Hand, welche das Messer hielt, und drückte sie mit solcher Gewalt zusammen, daß der Apache einen lauten Schrei des Schmerzes ausstieß und das Messer fallen ließ.
    „Seit wann schreit ein Apache, wenn er Schmerz fühlt?“ fragte der Häuptling der Mixtekas. „Seit wann tötet ein Apache denjenigen, der ihm das Leben gerettet hat? Ich hätte jetzt das Recht und die Gelegenheit, dir den Skalp zu nehmen, aber ich schenke dir das Leben, denn – dort kommt ein anderer, mit dem es würdiger ist, zu kämpfen.“
    Er deutete nach dem gegenüberliegenden Rand der Schlucht. Dort teilte sich das Gebüsch, und die beiden sahen einen Bären, welcher hervortrat.
    Es war nicht der kleine, braune Bär, sondern der ungeheure, graue Bär des Gebirges, den die Amerikaner Grizzly nennen. Er ist, wenn er sich emporrichtet, oft über neun Fuß hoch, besitzt genug Kraft, den größten Ochsen weit fortzutragen, und ist das gefährlichste Raubtier des amerikanischen Kontinents. Wer einen grauen Bären erlegt, gilt für einen Helden, für einen größeren Helden, als wenn er zehn Feinde getötet und ihre Skalps erobert hätte.
    Der Bär war jedenfalls durch die Witterung des Pferdes angelockt worden; da er aber jetzt eine andere Beute vor sich sah, so wandte er sich dieser zu.
    „Oh, hätte ich die Büchse meines Vaters!“ rief der junge Apache.
    Ein Apache bekommt nämlich erst bei der Namengebung ein Feuergewehr in die Hand.
    „Hier hast du die meinige“, sagte ‚Büffelstirn‘.
    Der junge Mann blickte ihn erstaunt an. Das war ihm unbegreiflich, das war ja ganz unmöglich, auf einen solchen Ruhm und eine solche Beute zu verzichten. Als er aber sah, daß es wirklich ernst gemeint sei, ergriff er mit einem lauten Jubelruf die Büchse, spannte die beiden Hähne und sprang über die Sohle des Tales hinüber, dem Bären entgegen.
    Noch schneller aber war ‚Büffelstirn‘. Er zog sein Messer, sprang in einem Bogen auch nach dem gegenüberliegenden Rand und kam auf diese Weise dem Bären in den Rücken. Er wollte den Kampf überwachen und, im Falle dieser für den Apachen unglücklich ablaufen sollte, sich mit dem Messer auf das Tier werfen.
    Dieses letztere hatte nur den Apachen im Auge. Es befand sich jetzt nur noch sechs Schritte von ihm entfernt und erhob sich auf die Hinterpranken, um ihn zu erdrücken. Dies benutzte der Wilde. Er legte an,

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