45 - Die Banditen von Antares
Wassertropfen, die sich in einem am Rand der Wand fließenden Rinnsal sammelten. Weit vor ihnen funkelte ein Lichtschimmer.
»Still!« fauchte Sleed.
Das Funkeln verwandelte sich in eine Laterne, die auf einem Felsvorsprung stand. Ein mit einem Ponshofell bekleideter Junge stand auf, als sich die Gruppe näherte. Das blasse, von der Kapuze fast vollständig verhüllte Gesicht schien spitz zu sein, und die Augen funkelten. Schweigend zeigte er nach oben.
Balla die Große übernahm die Führung und begab sich an den Aufstieg. Zehn grob in den Fels geschlagene Stufen führten zickzackförmig in die Höhe. Dimpy zählte sechs solcher Treppen, bevor er hinter Staky durch eine offene Falltür kletterte.
Die Luft roch abgestanden, doch der Keller war trocken. An einer Wand war ein Stapel großer Säcke aufgeschichtet, die von der Form her an Würste erinnerten. Eine Treppe führte nach oben.
Der Ablauf des Rituals war fast genauso wie bei Dimpys alter Bande. Sie kamen im Hinterraum eines Ladens heraus. Die überall herumstehenden zusammengerollten Teppiche verrieten, um welche Art von Geschäft es sich handelte. Vielleicht hätte sich Dimpy von der Anspannung der Bewerber anstecken lassen, wäre er wegen der rituellen Aufnahmeprobe nicht schon so angespannt und verärgert gewesen; er hielt sie in seinem Fall für völlig unnötig. Die Bewerber, ja, bei denen war das etwas anderes, sollten sie doch beweisen, daß sie gut genug waren, um Banditen zu werden. Doch er war bereits ein voll qualifiziertes Bandenmitglied gewesen und hatte es trotz seiner Jugend schon bis zum Gruppen-Deldar gebracht.
Ein fetter Rapa mit räudigen Federn sah sich die Gruppe mit hocherhobenem Schnabel an. Er schnaubte. »Ihr wißt, was ihr zu tun habt. Kommt nicht zurück, bevor ihr Erfolg hattet. Und kehrt auf keinen Fall hierher zurück, wenn ihr verfolgt werdet.« Er berührte den Dolch in seinem Gürtel. »Vergeßt das nicht.«
Einer nach dem anderen verließen die jungen Leute den Laden, um dann in diskreter Entfernung wieder zusammenzufinden. Als Dimpy an der Reihe war, spürte er sofort die seltsame Atmosphäre des fremden Ortes, die mit der Vertrautheit überfüllter Straßen einherging, auf denen Menschen eilig ihrem täglichen Leben nachgingen. Der Lärm feilschender, lachender und sich lautstark unterhaltender Männer und Frauen schlug ihm entgegen. Das Geklapper der Hufe und das Knirschen bronzebeschlagener Reifen verstärkten die leichte Unwirklichkeit, die das alles für einen Jungen hatte, der in den Gräben aufgewachsen war. Die Luft – o ja, die so süße Luft Kregens!
Eine leichte Brise wehte, und sie trug den Duft frischen Brotes, Backwerks und frisch geernteter Früchte mit sich, und die weniger feinen Gerüche des Straßenhandels konnten sie nur wenig trüben. Für den jungen Dimpy war das eine herrliche Luft.
Der Hügel der Tanzenden Geister wurde auch Hügel der Händler genannt, und auch wenn die hier lebenden Menschen nicht der obersten hochherrschaftlichen Gesellschaftsschicht angehörten, so waren sie doch satt, trugen gute Kleidung und schritten selbstbewußt durch die Straßen. Für ihre Sklaven und Diener galt das natürlich nicht.
Die Jungen und Mädchen, die sich erst noch als vollwertige Bandenmitglieder beweisen mußten, bewegten sich in den vorher festgelegten Gruppen. Sie mischten sich mit zu Boden gerichtetem Blick unter die Sklaven, wie man es ihnen beigebracht hatte. Dimpy freute sich ehrlich, daß Balla die Große an seiner Seite war.
Man trennte sich und ging durch Straßen, die man noch nie zuvor gesehen hatte, wenn man einmal von den Lageplänen absah, die in den staubigen Boden der Gräben eingeritzt worden waren. Sie alle stießen tiefer ins Labyrinth der eng nebeneinanderstehenden Häuser vor, das sich auf dem Hügel der Händler ausbreitete. Andere junge Burschen in kostbarer, aufwendiger Kleidung liefen vorbei – die Parfum-Patrouille Oxoniums. Überall drängelten sich Menschen. Die warme Luft war von Gerüchen erfüllt, die von Straße zu Straße und von Basar zu Basar unterschiedlich waren. Dimpy ließ seinen ursprünglichen Entschluß fallen, diese ganze Farce so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Er war sich darüber im klaren, daß Sleed ihn nicht aus den Augen lassen und jede seiner Bewegungen mißtrauisch verfolgen würde, deshalb entschied er sich, den Cramph warten zu lassen. Er blieb auf den schattigen Seiten der Straßen und hielt den Kopf in der üblichen Demut eines
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