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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Freundschaft die Erlaubnis erteilt, sich in dieser sonst nicht gebräuchlichen Kürze auszudrücken.“
    Sie stockte, fuhr aber dann mit noch mehr erhöhter Stimme fort:
    „Nun wohl, mein verehrtester Herr Leutnant von Platen, ich habe Ihnen zu sagen, daß es geradezu eine Schändlichkeit ist, meinen Mann in dieser Weise zuzurichten!“
    Platen erwartete natürlich, daß der Oberst diesen gewaltsamen Ausfall mit einer Zurechtweisung bedenken werde, da dies aber nicht geschah, so antwortete er:
    „Wenn hier von einer Schändlichkeit die Rede sein kann, so ist sie wenigstens nicht dem Herrn Obersten widerfahren. Ich will über diesen starken Ausdruck hinwegsehen, weil Sie eine Dame sind und als Gattin die Angelegenheit nicht unparteiisch beurteilen.“
    „Oh, ich beurteile diese Angelegenheit sehr gerecht. Ich werde mich noch an diesem Vormittag zum General begeben und verlangen, daß man diesen Menschen, welcher seine Vorgesetzten verstümmelt, zur Rechenschaft ziehe.“
    „Ich bin in der Lage, Ihnen diesen Schritt zu ersparen, denn ich komme als Ordonnanz Seiner Exzellenz des Kriegsministers.“
    „Ah!“ sagte sie erschrocken.
    Der Verwundete erhob überrascht den Kopf, und auch die anwesenden Kinder desselben gaben Zeichen ihres großen Erstaunens.
    „Von der Exzellenz?“ frug der Oberst. „Was werde ich hören!“
    „Ich habe Ihnen den Befehl zu überbringen, daß kein Mensch über unsere Angelegenheit bis auf weiteres sprechen solle. Sie dürfen Ihr Zimmer nicht verlassen und auch keinen Besuch empfangen.“
    „Ah, so bin ich Gefangener?“
    „Das eben meinte Exzellenz. Übrigens bewahrheitete sich das, was ich Ihnen sagte, bevor ich das Rendezvous verließ: Mit Rücksicht auf meinen Freund Helmers, hat der Minister die außerordentliche Gewogenheit, anzunehmen, daß Sie auf einer Jagdpartie zufälligerweise verwundet worden sind. Es steht also zu erwarten, daß der Einfluß Ihres verachteten Gegners Sie vor der Festungshaft bewahren wird. Adieu, Herr Oberst!“
    Nach einer sehr zeremoniellen Verbeugung schritt er hinaus, ohne sich um den Eindruck zu bekümmern, welchen seine Worte hinterließen.
    Ravenow, zu dem er nun ging, nahm den Befehl mit grimmigem Schweigen entgegen. Nachdem dann die beiden Sekundanten, der Ehrenrichter und der Arzt benachrichtigt waren, begab sich Platen zu Helmers. Da dieser noch schlief, wurde er einstweilen von dem Herzog von Olsunna empfangen, welcher den Schlafenden wecken ließ. Dieser war ganz erstaunt, zu hören, daß der Minister bereits Kenntnis von der Sache habe, und als Platen äußerte, daß er sich diesen Umstand allerdings auch nicht erklären könne, erzählte der Herzog, was er von Röschen erfahren. Er bat Platen, ihn vorstellen zu dürfen, doch mußte dieser sich entschuldigen, da er vom Dienst gerufen werde. Doch versprach er, wiederzukommen, sobald er vom Minister entlassen sei. Er empfahl sich, und die beiden anderen begaben sich in den Gesellschaftssalon, wo sich die Bewohner des Hauses befanden.
    Hier ergriff Kurt die Hand Röschens und sagte unter einem Lächeln des Dankes:
    „Du also bist bereits für mich tätig gewesen! Aber weißt du, Röschen, daß du sehr viel gewagt hast?“
    Sie lächelte so lieblich, so schelmisch, daß er sie am liebsten hätte umarmen mögen, trotz der Zeugen, welche zugegen waren, und antwortete ihm:
    „Ich mußte ja handeln, da du es vorzogst, zu schlafen. Ob ich sehr viel gewagt habe, das ist nicht so sicher und gewiß. Die Entscheidung des Ministers scheint vielmehr das Gegenteil zu beweisen.“
    Auch ihre Mutter war zugegen, ebenso Lord Lindsay mit Amy, seiner Tochter. Das Gespräch, welches sich auf das Duell bezog, war natürlich ein sehr angeregtes. Kurt hatte eine Menge freundliche Vorwürfe anzuhören, welche sich auch gegen Röschen richteten, welche seine Vertraute und Begleiterin gewesen war, ohne ihn zu verraten. Rosa, ihre Mutter, zitterte bei dem Gedanken, daß ihr zartes, schönes Töchterchen es gewagt hatte, einem Kampf beizuwohnen, bei dem es die beiden Gegner auf das Leben Kurts abgesehen gehabt hatten.
    „Sie ist ein echtes Kind ihres Vaters“, bemerkte der Herzog mit heimlichem Stolz darauf, daß er der Vater dieses Vaters sei.
    „Und Sie haben wirklich noch keine Nachricht von ihm, von Herrn Doktor Sternau?“ fragte da der Engländer.
    „Leider nicht die geringste“, antwortete der Herzog. „Was Sie uns gestern erzählten, ist das letzte, was wir von ihm hörten.“
    Der Lord hatte

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