Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
geraubt und infolgedessen die Küste eher erreicht als ihre Verfolger, doch wissen wir ganz genau, daß sich in der letzten Zeit kein einziges Schiff hat sehen lassen. Es gab einen starken Südwind, der für unsere See so gefährlich ist, daß jedes Schiff sie meiden muß, und um ganz sicher zu gehen, habe ich die meisten meiner Schiffe ausgesandt, um zu kreuzen. Sie werden die Flüchtlinge treffen, wenn diese ein Fahrzeug gefunden haben oder noch finden sollten.“
    Der Kapitän blickte nachdenklich vor sich nieder. Es ging ihm ein Gedanke durch den Kopf. Die beiden Männer waren Spanier gewesen, das Mädchen jedenfalls auch. Wie waren sie in die Hände des als so grausam verrufenen Sultans von Härrär gekommen? Klug, mutig, ja verwegene und umsichtige Männer waren sie jedenfalls, also wohl nicht von gewöhnlichem Stand. Sie befanden sich jedenfalls in einer höchst schlimmen Lage, und vielleicht war es möglich, sie aus derselben zu befreien. Als Christ und als wackerer, gutmütiger Deutscher fühlte der Kapitän die Verpflichtung, zu versuchen, ob er nicht etwas für sie tun könne. Darum fragte er in ziemlich gleichgültigem Ton:
    „Und ihr habt gar nichts über sie erforschen können? Ihr habt gar keine Spur von ihnen gefunden?“
    Das Gesicht des Gouverneurs nahm einen boshaften Ausdruck an, seine Augen blitzten heimtückisch, und im Ton wilder Befriedigung antwortete er:
    „Eine Spur haben wir nicht gefunden, sondern etwas viel Besseres.“
    „Was?“
    „Sage erst, daß du sie nicht bei dir hast!“
    „Nein. Ich habe gar nichts von ihnen gewußt.“
    „Ist dies wahr?“
    „Vollständig wahr.“
    „Kannst du es mir beschwören?“
    „Ich schwöre es dir.“
    „Gut, ich will dir Glauben schenken und dir also sagen, daß wir einen der beiden Somali gefangen haben, welche die Flüchtlinge begleiteten.“
    „Ah!“
    „Ja. Ich sandte meine Krieger aus, die ganze Küstengegend zu durchforschen. In der Nähe des Elmasberges, da wo er sich zur See absenkt, fanden sie einen jungen Somali. Sie überraschten ihn, als er an einer Quelle ausruhte. Er fand keine Zeit, zu entfliehen, obgleich er ein ausgezeichnetes Kamel ritt, und er wurde gefangen, obgleich er sich wie ein Teufel verteidigte und sogar mehrere meiner Krieger verwundete. Sie fragten ihn aus; aber er antwortete nicht. Sie brachten ihn zu mir nach Zeyla, und auch hier hat er mir noch kein Wort geantwortet.“
    „So weiß er nichts von den Flüchtlingen?“
    „Und doch! Der Sultan von Härrär hat ihn sogleich erkannt; er ist der jüngere der beiden Somali, welche Vater und Sohn waren. Und auch in dem Kamel hat der Sultan eines seiner Tiere erkannt. Es ist demselben das Zeichen in die Ohren geschnitten.“
    „Ah! So muß man ihn so lange fragen, bis er antwortet.“
    „Er spricht kein Wort. Aber morgen soll er gemartert werden, bis er redet!“
    „Und wenn er lieber stirbt, als daß er spricht?“
    „So wird er in die Hölle fahren und wir wissen nicht, was wir tun sollen!“
    „Ihr werdet euch vergebens Mühe geben, denn eure Krieger taugen nichts und eure Schiffe noch weniger.“
    „Willst du mich beleidigen?“
    „Nein. Aber du hast gesehen, daß ich dir und ganz Zeyla überlegen bin, obgleich wir nur vierzehn Männer sind. Wie wollt ihr die Flüchtlinge fangen, wenn sie ein Fahrzeug gefunden haben? Habt ihr solche Waffen und Kanonen wie ich? Habt ihr ein solches Schiff wie ich, das so schnell segelt, daß ihm kein Flüchtling entkommen kann? Ich wiederhole es: Ihr werdet sie nicht fangen!“
    Der Gouverneur blickte nachdenklich zu Boden. Die Gründe des Kapitäns schienen ihm einzuleuchten. Er hatte ja selbst erfahren, wie klug, tatkräftig und umsichtig derselbe aufgetreten war. Darum sagte er zustimmend:
    „Ja, wenn wir nur ein solches Schiff hätten, wie das deinige!“
    „Ihr habt es aber nicht!“ meinte der schlaue Deutsche, ihn heimlich beobachtend.
    „Oder so kluge Leute, wie du hast!“
    „Ja, auf meine Männer kann man sich verlassen. Ich wollte wetten, daß ich diese Flüchtlinge fangen würde, wenn ich mich damit befassen wollte.“
    „Der Sultan hat einen großen Preis auf sie gesetzt.“
    „Wieviel?“
    „Zwanzig starke Kamele mit Kaffee beladen.“
    „Himmel! Das ist ja ein Reichtum!“
    Über das Gesicht des Arabers legte sich ein Zug häßliche Habgier, und diese nahm seine Klugheit und Vorsicht so gefangen, daß er ausrief:
    „Wieviel von diesem Preis verlangst du, wenn es dir gelingt, sie zu

Weitere Kostenlose Bücher