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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Leute braucht man überhaupt nicht!“ klang es aus der Ecke.
    Gerard drehte sich um. Er hatte den Schlafenden noch nicht bemerkt. Dieser war während des Gespräches erwacht und hatte alles vernommen. Jetzt saß er aufgerichtet auf seiner Bank und kaute gleichmütig an seinen Fingernägeln herum. Gerard betrachtete ihn aufmerksam, trat auf ihn zu und sagte:
    „Verzeiht Señor! Darf ich fragen, wer Ihr seid?“
    „Ja.“
    Der Gefragte sagte nur dies eine Wort. Dann spuckte er sein Primchen, welches er auch im Schlaf im Mund behalten hatte, über den Tisch hinweg, griff in die Tasche, zog einen gewaltigen Ring Kautabak hervor und biß sich ein Stück ab.
    „Nun, also Euer Name?“ fragte Gerard.
    „Hm! Ihr habt mich gefragt, ob Ihr mich fragen dürft, wer ich bin. Ich habe Euch das erlaubt; aber ich habe nicht versprochen, daß ich Euch antworten werde!“
    „Gut! So behaltet Euren Namen für Euch und mischt Euch nicht in unser Gespräch!“
    „Aber wenn es mich nun interessiert?“
    „So dürft Ihr Euch auch nicht wundern, wenn ich mich für Euch interessiere!“
    Der Fremde nickte bedächtig, schob das Primchen von einer Seite seines Mundes zur anderen und antwortete dann:
    „Ich kalkuliere, daß Ihr nicht ganz Unrecht habt; aber ich habe Gründe, meinen Namen nicht eher zu nennen, als bis ich den Eurigen weiß. Wie sagtet Ihr doch gleich? Juarez hat Euch geschickt?“
    „Ja.“
    „So kennt Ihr ihn? Seid bei ihm gewesen?“
    „Ja.“
    „Wißt, wo er zu finden ist?“
    „Ja.“
    „Ihr haltet es mit ihm und nicht mit diesen verdammten Franzosen?“
    „Ja. Ihr habt es ja gehört!“
    „Nun, dann seid so gut und sagt mir doch einmal, wer Ihr seid!“
    „Das könnt Ihr erfahren. Man nennt mich den ‚Schwarzen Gerard‘.“
    Da fuhr der Fremde von der Bank empor, als ob er auf einer großen Spannfeder gesessen hätte. Er kniff die Augen zusammen und rief:
    „Donnerwetter! Ist das wahr?“
    „Ich habe keine Veranlassung, Euch zu belügen!“
    „Na, dann ist alles gut. Ich kenne Euren Namen. Ich habe schon längst gewünscht, Euch einmal zu sehen. Ihr seid ein Kerl, vor dem man Respekt haben muß und mit dem man sich nicht zu schämen braucht. Hier habt Ihr meinen Vorderfuß; gebt mir den Eurigen. Wir wollen sie uns drücken!“
    Er streckte Gerard seine Hand entgegen. Dieser zögerte aber, einzuschlagen.
    „Ihr scheint im Bekanntschaftanknüpfen wählerisch zu sein“, sagte er. „Ich bin es auch. Ihr kennt jetzt meinen Namen. Wie ist der Eurige?“
    „Ah, das hätte ich bald vergessen!“ lachte der andere. „Mein eigentlicher Name ist Euch nicht bekannt; ich selbst habe ihn bereits so halb und halb vergessen. Aber da haben mir die Rothäute einen Namen gegeben, den Ihr wohl schon gehört haben werdet. Er klingt freilich nicht gar zu schön, aber ich hoffe, ihn zu Ehren gebracht zu haben. Ich will mir einmal den Spaß machen und ihn nicht nennen, sondern Euch raten lassen. Seht mich einmal an, Master Gerard!“
    „Das wird nicht viel helfen, Señor!“ antwortete Gerard. „Bis jetzt bemerke ich nur, daß Ihr jedenfalls ein Amerikaner seid.“
    „Ein Yankee, wollt Ihr sagen? Ja, das bin ich. Ihr guckt Euch den ganzen Kerl an, und das ist falsch. Seht nur in meine Physiognomie!“
    Er deutete mit den beiden Zeigefingern auf sein Gesicht. Gerard konnte nicht raten. Er schüttelte den Kopf.
    „Noch immer nicht?“ sagte der Fremde. „Nun, so will ich es Euch leichter und deutlicher machen. Seht Euch einmal nichts weiter an, als meine Nase! Wie gefällt sie Euch?“
    „Hm, das Wachstum ist nicht übel!“
    „Meint Ihr? Ja! Aber zu welcher Sorte von Nasen gehört sie?“
    „Adlernase wäre zu wenig gesagt“, lachte Gerard.
    „Richtig!“
    „Geiernase vielleicht dürfte – ah, alle Wetter, ich errate!“
    „Nun, heraus damit!“
    „O, Señor, ich könnte Euch beleidigen!“ meinte Gerard.
    „Mich beleidigen? Dummheit? Diese verfluchten Rothäute haben mir meiner Nase wegen diesen Namen gegeben, und ich werde ihn behalten in alle Ewigkeit. Ihr braucht Euch also nicht zu genieren. Wer bin ich?“
    „Wenn ich richtig rate, so seid Ihr allerdings einer der bekanntesten Fallensteller und Pfadfinder der Union, und ich werde mich herzlich freuen, Euch die Hand drücken zu dürfen, Señor.“
    „Geht mir mit Eurem Señor! Sagt meinen Namen!“
    „Man hat Euch ‚Geierschnabel‘ genannt?“
    „Na, endlich! Ja, ich bin der Kerl, der diesen Namen mit sich herumschleppt. Wollt Ihr nun noch

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